Als die Hyparschale 1969 fertiggestellt wurde, war sie der ganze Stolz der Stadt Magdeburg. Eine Mehrzweckhalle mit einer so futuristischen Dachkonstruktion hatte man nicht alle Tage gesehen. Sie bot Raum für Messen, Kongresse, Sportveranstaltungen und sogar Fernsehsendungen. Besonders in den 1970er- und 1980er-Jahren war die Halle ein beliebter Treffpunkt für Kultur und Veranstaltungen.
Doch dann kam die Wende – und mit ihr das Schicksal vieler DDR-Bauten: Vernachlässigung. Staatliche Gelder für den Erhalt fehlten und in den wilden 1990ern war die Hyparschale irgendwann nicht mehr als ein Schatten ihrer selbst. 1997 wurde die Halle schließlich baupolizeilich gesperrt, da ihr maroder Zustand eine Nutzung unmöglich machte. Eine Weile diente sie noch als Fotomotiv für Fans des „Lost Place“-Charmes, aber ansonsten geschah nicht viel. Mehrfach stand sie kurz vor dem Abriss. Erst durch das Engagement einiger Bürger wurde sie 1998 unter Denkmalschutz gestellt – ein erster Schritt zur Rettung.
Ulrich Müther – Der Mann hinter der Hyparschale
Wenn es um spektakuläre Schalendachkonstruktionen geht, kommt man an Ulrich Müther nicht vorbei. Der Bauingenieur aus Binz auf Rügen war ein wahrer Pionier im Bereich der dünnschaligen Betonkonstruktionen und schuf in der DDR rund 74 solcher Bauwerke. Sein Markenzeichen: hyperbolische Paraboloidschalen – also genau die Konstruktion, die auch die Hyparschale in Magdeburg so besonders macht. Müther gelang es, mit extrem dünnem Spritzbeton riesige Flächen zu überspannen, wodurch seine Gebäude fast schwerelos wirken.
Doch Müther war nicht nur ein begnadeter Ingenieur, sondern auch ein Visionär. Er ließ sich von internationalen Vorbildern inspirieren, insbesondere von den Arbeiten des mexikanischen Architekten Félix Candela. Während andere in der DDR auf konventionelle, funktionale Bauten setzten, entwickelte er filigrane, fast poetisch wirkende Schalenkonstruktionen. Sein bekanntestes Bauwerk ist wahrscheinlich der Teepott in Warnemünde, aber auch die Hyparschale zählt zu seinen Meisterwerken. Während viele seiner Bauten nach der Wende abgerissen wurden, konnte die Hyparschale durch den Denkmalschutz und die Sanierung gerettet werden – ein echtes Glück für alle Fans außergewöhnlicher Architektur!
Die Hyparschale Magdeburg als filigrane Konstruktion
Was macht die Hyparschale eigentlich so besonders? Es ist ihr Dach. Klingt banal, ist es aber nicht! Das Dach besteht aus vier hyperbolischen Paraboloiden – das sind doppelt gekrümmte Flächen, die unglaublich stabil sind und trotzdem leicht wirken. Die Schale ist nur 7 cm dünn und bedeckt eine quadratische Grundfläche von 48 x 48 m, was einer Gesamtfläche von 2304 m² entspricht. Die Konstruktion ist so clever, dass sie ohne zusätzliche Stützen auskommt. Klingt fast nach Zauberei, ist aber schlicht geniale Ingenieurskunst.
Das Ganze basiert auf einer Technik, die Müther perfektioniert hat: Spritzbeton. Dabei wurde der Beton Schicht für Schicht aufgetragen, sodass eine filigrane, aber extrem widerstandsfähige Konstruktion entstand. Dank dieser Technik konnte auf massive Wände verzichtet werden – stattdessen dominiert Glas, wodurch der Innenraum hell und offen wirkt. Früher sorgten sogar Oberlichter für zusätzliches Licht, doch diese wurden irgendwann aus Angst vor Undichtigkeiten zugeklebt. Schönheits-OPs an Gebäuden können also auch mal schiefgehen!
Ein weiteres Highlight der Konstruktion: die fast völlige Stützenfreiheit im Innenraum. Durch ein ausgeklügeltes System von Randträgern und Zugankern im Boden werden die Lasten der Dachschalen verteilt, sodass kaum tragende Elemente im Raum selbst benötigt werden. Das schafft eine unvergleichliche Offenheit, die dem Gebäude eine fast schwebende Anmutung verleiht.
Die Hyparschale im Kontext von Müthers Werk
Ulrich Müthers Hyparschale in Magdeburg ist ein herausragendes Beispiel seiner innovativen Architektur. Doch sie steht nicht allein: Müther hat in der DDR und darüber hinaus zahlreiche weitere beeindruckende Schalenbauten realisiert. Der "Teepott" in Warnemünde und die Stadthalle in Neubrandenburg sind nur zwei Beispiele für seine kreativen Konstruktionen. Was all diese Bauwerke verbindet, ist die Verwendung von dünnen Betonschalen, die trotz ihrer Eleganz erstaunlich stabil sind. Die Hyparschale in Magdeburg ragt jedoch durch ihre Größe und die besonders ausgeprägte stützenfreie Konstruktion heraus, was sie zu einem Höhepunkt in Müthers Schaffen macht.
Der lange Weg zur Rettung – ein Krimi in Beton
Obwohl die Hyparschale unter Denkmalschutz stand, hieß das noch lange nicht, dass sie auch gerettet wurde. In den 2000er-Jahren wurden verschiedene Konzepte diskutiert, doch keines führte zum Erfolg. 2012 gründete sich schließlich ein überparteilicher Verein, der sich für den Erhalt der Halle stark machte. Doch es dauerte bis 2017, bis die Stadt Magdeburg endlich eine umfassende Sanierung beschloss – mit Unterstützung durch Bundesmittel.
Die Sanierung der Hyparschale Magdeburg – Hightech macht’s möglich
2019 fiel dann der Startschuss für die Sanierung – und die hatte es in sich! Das größte Problem war das Dach: Wie saniert man eine 7 cm dünne Betonschale, ohne sie zu zerstören? Die Lösung: Carbonbeton. Dieses Material ist extrem leicht und trotzdem stabiler als herkömmlicher Stahlbeton. Dadurch konnte die ursprüngliche Dachstärke beibehalten werden – ein großer Gewinn für die Denkmalpflege!
Auch die alten Oberlichter wurden wieder freigelegt, sodass Tageslicht nun wieder den Innenraum durchflutet. Die Glasfassade wurde modernisiert, um die Transparenz und Offenheit der ursprünglichen Konstruktion wiederherzustellen. Zusätzlich erhielt die Halle eine neue Raumstruktur, die flexibel nutzbar ist. Durch den Einbau moderner Technik, einer verbesserten Akustik und smarter Lichtsteuerung wurde die Hyparschale endgültig in die Gegenwart geholt.
Neues Leben für die Hyparschale – Und was passiert hier jetzt?
Seit Juni 2024 hat die Hyparschale ihre Tore wieder geöffnet – und das mit einem abwechslungsreichen Veranstaltungsprogramm! Bereits in den ersten Monaten fanden hier verschiedene Ausstellungen, Konferenzen und kulturelle Events statt. Klingt cool? Ist es auch!
Aber nicht nur Kunst hat hier Platz: Die Halle ist nun ein multifunktionaler Veranstaltungsort für Konferenzen, Kongresse, Ausstellungen und kulturelle Events. Sie bietet Platz für 200 bis 500 Gäste und hat durch eine kluge Raumaufteilung viele verschiedene Nutzungsmöglichkeiten. Vier Kuben in den Ecken der Halle dienen als Seminarräume, während der zentrale Bereich für größere Events zur Verfügung steht. Eine Galerieebene mit Brücken eröffnet zudem neue Perspektiven auf das beeindruckende Dach.
Fazit – Architektur kann so cool sein!
Die Hyparschale ist mehr als ein Stück Beton – sie ist ein Symbol für visionäre Ingenieurskunst und für den Wert von Denkmalschutz. Dank einer Kombination aus modernster Technik und Respekt vor dem Original ist es gelungen, dieses Bauwerk nicht nur zu bewahren, sondern für die Zukunft fit zu machen.
Also, wenn ihr das nächste Mal in Magdeburg seid: Schaut euch die Hyparschale an! Ob als Architekturfan, Eventbesucher oder einfach, um ein bisschen Baugeschichte aufzusaugen – es lohnt sich!