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18. Juli 2022

Ist modulares Bauen die nachhaltige Zukunft?

Alternative Baumethoden gibt es viele. Gerade das modulare Bauen gewinnt immer mehr an Aufmerksamkeit. Heute ist der Bauingenieur Markus Steppler bei uns zu Gast. Er hat sich auf modulares Bauen spezialisiert, also haben wir natürlich eine Menge Fragen. Welche Alternativen gibt es zu herkömmlichen Bauweisen? Wie sieht eine nachhaltige Zukunft aus? Könnte das modulare Bauen das Bauwesen revolutionieren? Wir sind gespannt!

Das Bauen im Blut

Unser heutiger Gast Markus Steppler ist Bauingenieur in zweiter Generation und studierte Bauingenieurwesen in Aachen. Er hat zwei Kinder, ist verheiratet und bereits seit seinem Studium sehr an modernen Bauweisen interessiert. Vor über 15 Jahren stieg er ins modulare Bauen ein und gründete vor 10 Jahren sein eigenes Ingenieurbüro für Modulbau. Vor etwa vier Jahren wechselte er vom Stahlbau zum Holzbau.

Allgemein gesehen ist Bauingenieurwesen in Deutschland ja keine Seltenheit und ein eher klassisches Studium. Also ist es eher langweilig, veraltet und trocken? Markus ist überzeugt, dass es sich dabei eher um ein Vorurteil handelt.

  • "Ich finde, Bauen kann auch sehr modern sein."

Worum geht es im Modulbau?

Zunächst klären wir den Begriff. Ist serielles Bauen das gleiche wie Modularbauweise? Hier gibt es tatsächlich einen Unterschied in den Begrifflichkeiten. Das serielle Bauen kann sich auch auf einzelne Elemente eines Raumes beziehen, also in 2D durchgeführt werden. Bei modularem Bauen handelt es sich immer um 3D-Raumzellen. Hier werden ganze Räume als Modul vorgefertigt.

Das modulare Bauen entstand aus dem Wunsch heraus, den Bauprozess schneller und effektiver zu gestalten, angefangen mit temporären Konstruktionen. Mittlerweile steht auch der Kosteneffekt im Vordergrund. Ziel ist es, Module wie in der Automobilindustrie am Fließband herstellen zu können.

Es gibt verschiedene Materialien, mit denen Raummodule gebaut werden können. Stahlmodulbau beispielsweise ist in Deutschland schon seit vielen Jahrzehnten etabliert. Mittlerweile sind auch Betonmodule möglich. Am spannendsten sind sicherlich Holzmodule, die sich seit etwa fünf Jahren sehr stark auf dem Markt verbreiten.

Raummodule werden natürlich vorgefertigt, zuerst in einen Rohbauzustand und dann über mehrere Stationen immer weiter ausgebaut. Der Grad des Ausbaus ist je nach Hersteller unterschiedlich. Manche lassen sämtliche Beläge, Fliesen, Bäder, Nasszellen und sanitäre Einrichtungsgegenstände gleich mit einbauen. Andere stellen die Räume erst auf der Baustelle fertig.

Letztendlich ist es einfach: Statt einer Baustelle gibt es zwei, die parallel zueinander verlaufen und am Ende zusammengefügt werden. Dadurch werden gut 50% der Bauzeit gegenüber dem konventionellen Bau eingespart.

Modulbau ist einfach anders

Hier eignet sich wieder der Vergleich mit einem Auto. Es wird ein 3D-Modell geplant und das bereits im Vorfeld. Beim konventionellen Bauen wird oft baubegleitend geplant, was im Modulbau natürlich nicht möglich ist. Markus fasst es ganz gut zusammen:

  • "Da drücke ich dann auf einen Knopf und es beginnt die Werksfertigung."

Hier ist eine gewisse Planungstiefe bis zum Produktionsbeginn nötig, die schon jede einzelne Steckdose beinhaltet. Anschließend kann für Änderungen ein digitaler Zwilling erzeugt werden, mit dem dann geplant wird.

Bei Modulbauten handelt es sich wegen der seriellen Bauweise natürlich nicht um architektonische Highlights, sondern eher um Funktionsgebäude wie Kitas oder Schulen. Auch Bürogebäude, die schnell nutzbar sein müssen, der Klinikbereich oder der Laborbereich sind Modulbau-Klassiker.

Architektonische Wettbewerbe lassen sich mit Modulbau also eher nicht gewinnen, aber dafür ist diese Bauweise auch gar nicht gedacht. Gerade bei den Architekten gehen die Meinungen daher auseinander. Manche beschäftigen sich gerne mit dieser Baumethode, andere wenden sich lieber den klassischen Bauweisen zu.

Internationaler Modulbau im Vergleich zu Deutschland

Vor allem der Stahlmodulbau ist in Deutschland sehr verbreitet. Im Holzmodulbau haben eher die Niederlande oder Skandinavien die Nase vorn. Das liegt vermutlich daran, dass in diesen Ländern Holz als Baustoff einfach Tradition ist.

Deutschland muss sich da allerdings nicht verstecken. Wir können in Sachen Qualität und auch Größe der Modulbauten europaweit problemlos mithalten.

Wohnen im Modulbau

Markus lebt selbst in einem Modulbau, daher wollen wir wissen: Wie lebt es sich in einem Modulhaus? Vor allem die Qualität und die Genauigkeit weiß er zu schätzen, aber auch die Baugeschwindigkeit. Er hat die Bodenplatte Anfang November gegossen und dann seine Nachbarn zum Weihnachtsessen eingeladen – im gleichen Jahr, wohlgemerkt. Denn nach sechs Wochen war das Haus einzugsbereit.

Dadurch, dass nicht gemauert oder verputzt wurde, kann man sich einfach einen Schrank in eine Ecke stellen und er passt perfekt hinein. Solche Präzision erreicht man nur durch die Werksfertigung. Momentan plant Markus bereits sein nächstes Projekt an einem Nachbargrundstück. Zwei oder drei Wohnungen in Holzmodulbauweise sollen es werden.

Grenzen des Modulbaus

Grenzen liegen vor allem in der Wirtschaftlichkeit, gerade bei vielen Geschossen. Für diesen Fall werden Erschließungskerne in Beton notwendig, es entstehen also zwei parallele Baustellen. Alles muss vollständig durchgeplant werden, damit so etwas realisiert werden kann und das ist ein großer Aufwand.

Durch doppelte Wände und doppelte Decken ist der Brandschutz bereits gelöst. Doch gerade diese Menge an Material fließt natürlich auch in die Planung ein. Nicht für jedes Bauvorhaben ist das unbedingt geeignet. Außerdem muss sehr früh im Projekt entschieden werden, welches Material und welche Bauweise verwendet werden. Hier sind die Auswirkungen auf Statik und TGA von Bedeutung. Auch der Grundriss muss trotz der hohen Materialdicke natürlich passen.

Markus weist zudem darauf hin, dass die Module zur Baustelle transportiert werden müssen. Höhe und die Geschosshöhe unterliegen stets gewissen Transportbeschränkungen. Der Transport soll ja auch effektiv sein, schließlich ändern sich die Kosten je nach Breite und Höhe teils erheblich. Am einfachsten lassen sich beispielsweise Module transportieren, die eine Breite von 2,5 Meter nicht überschreiten. Beim Wohnungsbau wünschen sich Bauherren oft andere Maße, daher eignen sich solche Module eher für Unterkünfte wie Hotels oder Kliniken.

Noch dazu kommt die lange vorzeitige Planung. Das alles schreckt beim gewöhnlichen Wohnungs- oder Hausbau eher ab. Hier macht dann doch der Elementbau in 2D oftmals mehr Sinn.

Modulare Bauweise für mehr Nachhaltigkeit?

Modulbauten sind wiederverwendbar und damit nachhaltig, das war auch vor 50 Jahren schon bekannt. Doch erst in der letzten Zeit ist Nachhaltigkeit im Bauen immer weiter in den Fokus gerückt. Die Gebäude sind zirkulär wieder einsetzbar, was gerade bei Krankenhäusern ein deutlicher Vorteil war. Markus berichtet von Bettenhäusern, die jeweils über Jahre an fünf verschiedenen Orten zum Einsatz gekommen sind. Wir sind beeindruckt: Nachhaltiger kann man ja kaum bauen!

Rückbaubarkeit ist ein weiteres Stichwort, das er für uns ausführt. Gerade der Holzmodulbau hat schon in der ersten Phase des Errichtens einen Vorteil in Sachen CO2-Bilanz. Der Stahlmodulbau muss sich auch nicht verstecken. Lediglich beim Betonmodulbau sieht er es etwas skeptisch. Holz in Verbindung mit Stahl eignet sich als Hybridbauweise zum Beispiel auch im Elementbau.

Was kommt nach dem Bau? Der Betrieb eines Gebäudes in Modulbauweise ist nicht unbedingt umweltfreundlicher als bei herkömmlichen Bauten. Dämmung, Anlagentechnik usw. werden schließlich auf die gleiche Weise verbaut und sind hier ausschlaggebend.

Modulares Bauen und die Zukunft des Bauwesens

Auf unsere Frage nach der Zukunft des Bauwesens erklärt Markus uns, dass sich definitiv etwas verändern muss, gerade in Hinsicht auf die klimatischen Auswirkungen. Nachhaltigkeit ist hier das Stichwort. Er geht davon aus, dass sich in Zukunft mehr mit dem Bestand als mit Neubau beschäftigt wird. Wenn es dann doch ein Neubau sein soll, muss hier auf regenerative, CO2-neutralere oder zirkuläre Materialien zurückgegriffen werden.

Mittlerweile ist der Begriff Bauen 4.0 bereits weit verbreitet. Dabei hat Deutschland scheinbar Bauen 3.0 übersprungen. Eine Vorfertigung, z.B. im Holzbau, funktioniert nicht ohne digitalisierte Planung. Mit BIM haben wir da bereits eine gute Lösung. Hinsichtlich der Digitalisierung sieht Markus die Zukunft eher bei einer industriellen Bauweise angesetzt, also bei Bauen 3.0.

Abgesehen vom Bautechnischen wäre da noch die menschliche Seite des Bauwesens. Bauen soll schließlich Spaß machen. Hier verweist Markus auf seine Erfahrung mit Holzbau-Projekten in den Niederlanden. Dort arbeiten alle Beteiligten sehr früh bereits in sogenannten Bauteams zusammen. Sie tragen das Projekt von der Planung bis zur Umsetzung gemeinsam. Hier muss nicht, wie es in Deutschland oft der Fall ist, zweimal geplant werden. Das spart nicht nur Zeit, sondern auch die Nerven aller Beteiligter.

Was ist dein Lieblingsbauwerk?

Natürlich stellen wir am Ende auch Markus diese Frage. Er hat sofort eine Antwort für uns bereit.

  • "Mein Lieblingsprojekt in im Modulbau ist in den Niederlanden. Das ist ein Holzmodulbau, das Hotel Jakarta in Amsterdam, richtig cooles Projekt."

Er selbst ist gerade in Düsseldorf mit der Planung von "The cradle" beschäftigt. Dabei handelt es sich um ein Projekt mit zirkulären Ansätzen. Hier wird sich sogar schon über den Rückbau Gedanken gemacht. Es gibt Demontagepläne und Rücknahmeverpflichtungen – wirklich spannend, wie wir finden. Vielen Dank, dass du bei uns zu Gast warst!



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