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18. April 2024

Ruinen aus der Zukunft – UFO-Siedlung in Taiwan

Die sogenannte UFO-Siedlung in Taiwan ist eine ewige Ruine, die in den 1970er Jahren schon vor ihrer Fertigstellung verlassen wurde und seit Jahrzehnten langsam verfällt. Was hat es mit den bunten, futuristischen Gebäuden auf sich und weshalb wurde dieses Projekt aufgegeben? In diesem Beitrag erfahrt ihr mehr über die UFO-Geisterstadt!

Nicht von dieser Welt – oder doch? Die 70er Jahre waren geprägt von eigenwilligen Ideen, einer offenen Lebenseinstellung und sonderbaren Kleidungsstilen. Nicht umsonst gelten sie als das bunte Jahrzehnt. Wie in allen Bereichen des Lebens finden sich auch in der Architektur noch immer Spuren dieser ganz besonderen Zeit. Hier entstanden erste futuristische Gebäude.

In diesem Blogbeitrag sehen wir uns ein Bauprojekt an, das zweifellos seinesgleichen sucht. Entsprungen aus einem alten Science-Fiction-Film oder wahrlich außerirdisch? Wir sind unterwegs in Sanzhi, einer etwas abgelegenen Region Taiwans. Rechts von uns rauschen leise die Wellen an, brechen sich am seichten Sandstrand und ziehen sich langsam wieder zurück. Die Strände hier sind Surfer-Hotspots, ein Ort für alle Wassersport-Enthusiasten. Kein Wunder also, dass die nächsten Hotels nicht fern sind.

Links von uns beginnt das Ufer, steigt zu einem Hang empor und geht in etwas zugewucherten Wald über. Doch Moment – etwas Gelbes fällt uns auf, inmitten wilder Bäume und Sträucher. Ist es ein Vogel, ist es ein Flugzeug? Nein, es ist ein UFO! Oder zumindest etwas, das so ähnlich aussieht wie wir uns eines dieser vieldiskutierten Flugobjekte aus dem All vorstellen würden.

Als wir uns nähern, sehen wir, dass dieses skurrile Bauwerk nicht das einzige ist. Es gibt hier zahlreiche von ihnen – ob in Form fliegender (oder eher schwebender) Untertassen oder futuristischer, kubischer Gebäude. Geisterhafte Stille liegt in der Luft, nur das Schreien einiger Möwen in weiter Ferne dringt zu uns herüber.

Was ist das für ein Ort? Und wieso ist er so verlassen? Erst recht an einem solchen Premium-Hotspot, direkt am Strand, muss doch einiges los sein! Wir stehen am Rande der sogenannten „UFO-Siedlung“, ein unvollendetes Bauprojekt mit einer faszinierenden Geschichte. Mehr dazu erzählen wir euch in diesem Beitrag. Bleibt dran!

Geschichte der UFO-Siedlung in Taiwan

Bekannt ist die sogenannte UFO-Siedlung auch als Sanzhi Pod City, Wanli UFO Village oder Sanzhi UFO Houses. Ins Leben gerufen wurde dieses Bauprojekt von einem Geschäftsmann, dem in den 1970er Jahren eine Soda-Fabrik gehörte. Sein Traum war ein Ferienresort der besonderen Art. Er ging davon aus, dass viele Menschen an diesen Ort kommen würden, um hier zu leben oder ihre Ferien zu verbringen – schließlich war die Lage einfach perfekt.

Passend zum damaligen Zeitgeist sollten die Ferienhäuser und Eigenheime etwas ganz Besonderes werden: futuristisch, wie aus einem Guss. Sie sollten mit ihren bunten Farben Familien und junge Leute an die Küste locken, Jahr für Jahr. Es sollte vor allem ein Ferienort für Menschen werden, die sich einen Urlaub an solch einem besonderen Fleckchen Erde auch leisten konnten. Heute wissen wir: Funktioniert hat dieser Plan nicht. Doch was ist schiefgelaufen?

Probleme beim Bau der UFO-Siedlung in Taiwan

Klar, ein ganzes Ferienresort zu errichten, kostet eine Menge Geld. Wie viel genau, ist nicht bekannt, aber die Kosten stiegen wohl weitaus stärker an als gedacht. Geplant waren verschiedene Pools und große gepflegte Grünanlagen mit angelegten Teichen. Der erfolgreiche Abschluss des Baus rückte schnell in weite Ferne. Auch rechtlich gab es wohl Unstimmigkeiten, die geklärt werden mussten. Baugenehmigungen, Besitzrechte am Land – all das machte Probleme bei der Errichtung der UFO-Siedlung in Taiwan. Dadurch geriet der Bau immer wieder ins Stocken.

Doch nicht nur Kosten und rechtliche Hürden brachten die Planungen wiederholt ins Wanken. Die ungewöhnlichen Strukturen der Gebäude erforderten innovative Fertigungsmethoden – ein UFO baut man schließlich nicht aus klassischem Mauerwerk. Die Architektur stellte die umsetzenden Ingenieure also vor die Herausforderung, Bauwerke mit futuristischem Charakter auch so stabil zu bauen, dass sie jahrzehntelang halten würden.

Neben finanziellen Problemen tauchten auch immer wieder Gerüchte von paranormalen Vorfällen auf. All das endete schlussendlich nach nur zwei Jahren Bauzeit zu einem endgültigen Baustopp und später zur Aufgabe des Bauprojekts.

Gerüchteküche in der UFO-Siedlung

Im Netz finden sich zahlreiche paranormale Aktivitäten im Wanli UFO Village. Aber was steckt dahinter? Tatsächlich gibt es etliche Berichte zu seltsamen Geräuschen oder Lichtern, die sich nur schlecht nachprüfen lassen. Durch die Lage am Meer und benachbarte Hotelanlagen lassen sie sich allerdings logisch erklären.

Wir stellen euch die bekanntesten Gerüchte um die UFO-Siedlung vor und klären anschließend, ob wirklich paranormale Aktivitäten für das endgültige Aus des ambitionierten Bauprojekts verantwortlich waren.

Zunächst verweisen wir auf den Ort an sich, wie er sich heute präsentiert – und es schon seit Jahrzehnten tut. Überall wuchern Pflanzen, braunes Tümpelwasser sammelt sich in den Pools und die skurrilen Konstruktionen fallen allmählich in sich zusammen. Die Atmosphäre dieses Lost Places ist wirklich einmalig – und lädt damit geradewegs zu Geistergeschichten ein. Kein Wunder also, dass sich um das UFO-Dorf in Taiwan Legenden und Mythen ranken.

Paranormale Aktivitäten?

Im UFO-Dorf spukt es!

Neben der offensichtlich gespenstischen Atmosphäre der Geistersiedlung gehen die meisten Geschichten über diesen Ort auf einen Friedhof zurück. Dieser liegt direkt hinter der UFO-Siedlung und ist bereits verwildert. Geschichten weisen auf einen niederländischen Friedhof hin, der noch aus der Zeit der Kolonialisierung einiger Gebiete des heutigen Taiwans durch die Niederlande stammt.

Etwa 70 000 Tote werden in den Gräbern und dem Erdreich unterhalb der Siedlung vermutet. Und hier kommt eine Eigenschaft vieler Taiwaner zum Tragen: Taiwaner sind sehr stark abergläubisch. In ihrer Kultur ist es äußerst wichtig, Gräber von Verstorbenen zu pflegen und in Ordnung zu halten.

Aus ungepflegten Gräbern können Ahnen aufsteigen und für großes Unglück sorgen. Dieser Aberglaube geht so weit, dass Taiwaner im Sommer (Geistermonat Juli) nicht ins Wasser oder auch nur an einen Strand gehen. Denn dort könnten sie von Geistern der Schiffbrüchigen angegriffen werden. Gerade aus Zeiten der Kolonialisierung gab es davon mehr als genug. Ihr seht sicher bereits – der Geistermonat liegt mitten in der äußerst wichtigen Hochsaison.

Doch schon beim Bau manifestierte sich dieser Aberglauben. Es wurde davon ausgegangen, dass die Geister der vergrabenen Ahnen keinen Ferienpark über ihren Gräbern wollten. Gerüchten nach kam es daher zu sonderbaren Autounfällen und allgemeinem Unwohlsein der Arbeitenden auf der Baustelle. Berichtet wird von gefundenen Leichenteilen, verunglückten Bauarbeitern und weiteren sonderbaren Vorfällen. Offiziell bestätigt werden konnte davon nichts.

Eine weitere Geschichte, die sich bis heute durchgesetzt hat, ist die einer zerstörten Statue. Berichten nach befand sich am Eingang der Baustelle die Statue eines chinesischen Drachen. Long-Drachen stehen in der chinesischen Kultur für Glück und Wohlstand. Um besseren Zugang zur Baustelle zu erhalten, wurde diese Statue abgerissen und dieser Umstand brachte demnach eine nicht enden wollende Pechsträhne mit sich.

Wieso scheiterte das UFO-Dorf?

Bleiben wir bei nachprüfbaren Gründen dafür, dass die UFO-Siedlung verlassen wurde. Zu Beginn unseres Beitrags haben wir bereits die finanziellen Probleme des Geschäftsmannes angesprochen, der mit diesem Projekt seinen Traum von einem gehobenen Ferienresort am Meer verwirklichen wollte. Es gibt jedoch noch weitere, die wir euch im Folgenden etwas näherbringen.

Wirtschaft und Finanzen

Während Taiwans Wirtschaft, gerade in Sachen Immobilien, in den 70er Jahren geradezu florierte, stürzte das Land zu Beginn der 80er in eine tiefe Energiekrise. Das Geld ging aus, das Areal wurde versiegelt und die Rohbauten lagen fast zehn Jahre lang brach.

Im Jahr 1989 gab es einen Rettungsversuch für das Ferienresort, der allerdings nach einem Jahr aufgegeben werden musste. Ähnliches geschah um 2010, als das Grundstück erneut verkauft worden war. Einige Bauten wurden abgerissen, allerdings stoppten auch hier jegliche Bauarbeiten. Aus nicht geklärten Gründen zogen sich die Investoren zurück.

Ob auch sie zu viel Respekt vor den Geistergeschichten hatten? Öffentlich wurde nie großartig über dieses Bauprojekt berichtet, nicht einmal regional. Gerade dieses Unwissen, was es mit den gescheiterten Bauvorhaben dort auf sich hatte, ist perfektes Brennmaterial für die weltweite Gerüchteküche.

Wind und Wetter

Ein Standort im Warmen direkt am Meer – klingt erst einmal nach einer touristischen Goldgrube. Doch wer sich mit den klimatischen Verhältnissen in Taiwan näher beschäftigt, sieht schnell, wo das Problem lag.

Gerade die Küsten Taiwans werden von Stürmen und Taifunen heimgesucht. Doch selbst ohne Unwetter gestaltet sich das Leben dort sehr schwierig. Regelmäßig klettert das Thermometer im Sommer auf bis zu 40 °C und die Luft ist sehr feucht. Für einen Urlaub oder gar einen ständigen Wohnsitz lässt sich das nur in einem gut klimatisierten Haus aushalten.

Doch hier gab es ein weiteres Problem. Die UFO-Häuser bestehen beispielsweise aus Kunststoff, stehen auf Stützen und bieten darunter Picknicktische aus Holz oder Stein. Das liest sich auf dem Papier oder Bildschirm ganz gut, hält dem Praxis-Test allerdings nicht stand.
Die kubischen Gebäude dagegen bestanden vollständig aus Fiberglas, sogar die Badezimmer, damit alles aussieht wie aus einem Guss.

Damit sollte das futuristische Äußere unterstrichen werden. Allerdings sind Kunststoff noch Fiberglas keinesfalls gute Isolatoren und dank des feuchtwarmen Wetters ging vieles schnell kaputt. Ständig entstanden Schäden, denen die Bewohner und Besitzer der Häuser kaum Herr werden konnten.

Kosten und Komfort

Nicht nur war die Siedlung recht abgelegen, auch die Miete für die Unterkünfte war sehr hoch. Beispielsweise verlangte der Initiator des ganzen Projektes 135 € Miete pro Tag für eines dieser skurrilen Bauten – in den 70ern! Das konnte sich natürlich nicht jeder leisten. Und durch die schlechte Lage am Meer – sowohl dank Taifunen als auch durch den starken Aberglauben – war dieses Areal als Ferienort schlicht nicht geeignet.

Die Mieter kamen also zu Beginn, gaben ihre Häuser jedoch irgendwann einfach auf. Bereits Ende der 70er Jahre wurde die Anlage nach und nach zu einer Geisterstadt. Heute leben nur sehr wenige Leute in den am besten erhaltenen Häusern, bewusst zurückgezogen.

Zukunft der UFO-Siedlung

Was wird aus der verlassenen UFO-Siedlung in Taiwan?

Nachdem einige Versuche, dem Geisterdorf wieder Leben einzuhauchen, gescheitert sind, ist es fraglich, welche Zukunft diesem Ort noch bevorsteht. Die Gebäude verfallen immer mehr, viele sind bereits vollständig in sich zusammengesackt. Das unpassende Wetter und die kursierenden Geistergeschichten tun ihr Übriges. Nicht einmal der Bürgermeister der Region verliert auch nur ein Wort über dieses Areal.

Es ist also unwahrscheinlich, dass an diesem Fleckchen Erde jemals das ersehnte Ferienresort aufgebaut und wirtschaftlich betrieben werden kann. Von Beginn an war das Bauprojekt eine komplette Fehlplanung. Die Umweltbedingungen und auch die kulturellen Besonderheiten wurden nicht beachtet oder deutlich unterschätzt. Das ist gerade bei großen Bauvorhaben nicht selten.

Dabei hätte das Scheitern durchaus vermieden werden können. Bei der Standortwahl eines Bauprojektes und seiner Umsetzung müssen wir in unserer Branche zahlreiche Dinge beachten. Nicht umsonst ist ein Planungsprozess so langwierig. Viele Faktoren müssen aufeinander abgestimmt und angepasst werden.

Fazit

Warum das UFO-Dorf in Taiwan scheitern musste

Ein Ferienresort direkt neben – oder, wenn man den Geschichten Glauben schenkt – sogar auf einem ungepflegten Friedhof in einem sehr abergläubischen Land mit stark ausgeprägtem Ahnenkult: Das konnte nur schief gehen. Dazu kommt noch die falsche Materialwahl. Kunststoff und Fiberglas waren für dieses Standort von Beginn an die völlig falsche Wahl.

Aberglaube und enthusiastisch weitergegebene Mythen erzählen von wandelnden Geistern, verschollenen Menschen und zu Tode gekommenen Arbeitern auf der ewigen Baustelle. Belegt ist offiziell nichts davon. Es gibt schlicht keine Berichte darüber, dass während der Bauarbeiten auf diesem Gelände jemals jemand zu Tode gekommen ist.

Vielmehr können wir davon ausgehen, dass verschiedene Aspekte der Fehlplanung, die wir euch ausführlich aufgezeigt haben, zum Scheitern dieses Projektes führten. Vermutlich sind all die Legenden und Geistergeschichten auch nachhaltig einer der Gründe, weshalb sich niemand mehr getraut hat, das Bauvorhaben fortzuführen oder nach einem Abriss seinen ganz eigenen Traum von einem Ferienresort umzusetzen.

Übrigens: Viele Zeitungen berichteten, dass die gesamte Anlage 2010 nach der letzten bekannten Übernahme durch einen Investor vollkommen abgerissen wurde. Videos und Berichte, von denen einige sehr aktuell sind, zeigen allerdings, dass die meisten der UFO-Häuser immer noch da sind und langsam in sich zusammenfallen.

All das macht diesen Ort zu einem ganz besonderen Lost Place, der abenteuerhungrige Menschen aus der ganzen Welt anzieht. Und für uns aus der Tragwerksplanung zu einem weiteren Beispiel dafür, wie wichtig es ist, absolut alle Faktoren bei der Planung von Bauprojekten zu berücksichtigen. Selbst, wenn es sich um Stürme und Geister handelt.


Autor

Frau Ruthe ist im Marketing als Copywriterin zuständig für die Erstellung kreativer Texte und packender Headlines.