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17. Januar 2023

BIM in der Tragwerksplanung

Was ist BIM eigentlich genau? Und wie kommt es in der Tragwerksplanung zum Einsatz? In unserem Podcast haben wir uns mit diesem Thema mal genauer auseinandergesetzt. Ihr wollt auch mehr über die Zukunft des Bauwesens erfahren? Hier lest ihr die Zusammenfassung der Folge.

In dieser Folge des Dlubal-Podcasts haben wir uns mit dem zukunftsweisenden Thema BIM in der Tragwerksplanung beschäftigt.

Hier hört ihr die komplette Folge: #001 BIM in der Tragwerksplanung

BIM – Was steckt dahinter?

BIM steht für Building Information Modeling und ist der Inbegriff der Digitalisierung im Bauwesen. Es ist eine Arbeits- bzw. Planungsmethode, mit der man zentrale Projektinformationen mit Hilfe von digitalen Bauwerksmodellen verwalten kann. Auch für die Tragwerksplanung spielt es eine Rolle. Wenn der Architekt ein 3D-Modell erstellt, wird es an alle beteiligten Personen weitergegeben und kann dann sofort für die Tragwerksplanung weiterverwendet werden.

Vernetzung steht damit im Mittelpunkt: Das BIM-Modell fungiert als zentrale Datendrehscheibe zum Sammeln, Strukturieren und Verteilen sämtlicher Bauwerksdaten. Alle am Bau beteiligten Personen können über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes auf diese Daten zugreifen.

BIM bietet große Chancen – aber auch einige Herausforderungen.

Zusammenarbeit von Architekt und Tragwerksplaner

Traditionell gibt ein Architekt seine Pläne per PDF o. ä. an den Tragwerksplaner weiter, der sie nutzt, um statische Modelle zu erstellen. Der Statiker berechnet damit sein Tragwerksmodell. Bei BIM ist vor allem der reibungslose Datenaustausch wichtig. Wenn der Statiker auf das BIM-Modell des Architekten zugreifen kann, muss er aus der Fülle von Daten alle statisch relevanten Objekte filtern und für die Berechnung heranziehen, was zusätzliche Arbeit bedeutet. Ein wichtiger Unterschied in der Arbeitsweise ist, dass Architekten mit einem physikalischen Strukturmodell, Statiker jedoch mit einem idealisierten Analysemodell arbeiten. Architekten modellieren Gebäude als Volumenobjekte, mit den Dimensionen Länge, Breite und Höhe bzw. Dicke. Statiker haben z. B. bei einer Decke nur eine Fläche und bei einer Stütze nur einen Stab.

Ziel ist es, dass die Architektursoftware statische Systeme direkt mitführt und zum Teil auch automatisch bildet. Belastungen sind im Idealfall gleich mit dabei. Der Statiker als Anwender muss sich hier sowohl mit Statik als auch mit dem Berechnungsprogramm gut auskennen, damit er es auf Fehler kontrollieren kann.

BIM – Vorteile und Voraussetzungen

In Deutschland ist BIM noch nicht weit verbreitet. Eine Ursache dafür ist der langsame und unzureichende Datenaustausch zwischen Architektur- und Statikbüros, da Architekten nicht dafür bezahlt werden, Modelle für Statiker hilfreich weiterzuführen. Zudem kann ein Architekt nicht wissen, welche tragenden Bauteile für den jeweiligen Statiker wichtig sind.

Heutzutage wird oft die FEM-Analyse für statische Berechnungen verwendet. FEM steht für Finite Elemente Methode und ist ein numerisches Näherungsverfahren für die Berechnung von Tragwerken. Wenn man das BIM-Modell eines Architekten importiert, ist oft manuelle Nacharbeit erforderlich. Häufig nutzt der Statiker ein anderes Analysesystem als das im Modell verwendete. Die BIM-Modelle des Architekten und des Statikers driften dadurch im ungünstigsten Fall immer weiter auseinander, was dazu führen kann, dass Bauteile nicht mehr oder nur schwer richtig zugeordnet werden können. Dies führt zu Problemen, wenn man Änderungen an den Modellen ersichtlich machen möchte.

In bestimmten BIM-Tools kann man Lastannahmen und Lastfälle hinzufügen. Als Lastfall bezeichnet man z. B. beim Wetter die Einwirkungen durch Wind oder Schnee auf Strukturen. Sie führen zu Lasten, die dem statischen System hinzugefügt werden. Die wichtigsten Ergebnisse der Berechnung sind für Statiker Schnittgrößen, Verformungen und Spannungen, mit denen in den jeweiligen Materialien Nachweise geführt werden. Die Berechnungen sollten immer im entsprechenden Statikprogramm durchgeführt werden, weil diese dafür viel besser ausgelegt sind. Nach den Berechnungen erkennen Statiker, ob etwas geändert werden muss, und geben dem Architekten darüber Bescheid.

Doch was passiert, wenn man Änderungen am ursprünglichen BIM-Modell durchführt und diese dann abgeglichen werden müssen? In diesem Fall müssen bestimmten Regelungen und Genehmigungen von zuständigen Mitarbeitern vorliegen. Es sollte festgelegt werden, wer, wo und wann Änderungen vornehmen kann. Der aktuelle Stand des Projekts wird über die Kommunikation von sowohl den Arbeitern als auch den Programmen geregelt.

Wie kommunizieren die Programme untereinander?

Es gibt drei typische Austauschszenarien:

a) Das klassisch-analoge Weitergeben der Dokumente vom Architekten zum Statiker, mit PDFs etc.

b) Extra für das Bauwesen ausgelegte Dateiformate, z. B. IFC-Dateien. IFC steht für Industry Foundation Classes und ist ein herstellerunabhängiges Dateiformat für den Austausch von Bauwerks- und Projektinformationen.

c) Die direkte Kopplung zweier unterschiedlicher Programme, wobei das Architekturprogramm mit dem jeweiligen Statikprogramm im bidirektionalen Datenaustausch kommuniziert.

Zu IFC gehört einmal der coordination view, bei dem die Geometrie der Struktur auf Basis von Volumenmodellen beschrieben wird. Zum anderen gibt es den structural analysis view, bei dem statisch relevante Objekte idealisiert übergeben und eingelesen werden. Hier sieht man auch Gelenke, Lager und Lasten. Daher ist es bei BIM immer wichtig, zu hinterfragen, welche views die jeweiligen Programme lesen und ausgeben können.

Fazit

3D-BIM-Modelle sind auch deshalb hilfreich für Tragwerksplaner, weil komplexe Tragwerke durch sie besser verständlich werden und man mit der Datenübernahme schnell ein Analysemodell erstellen kann, was viel Zeit spart. Es ist wichtig zu beachten, dass das BIM- und das Analysemodell sich in der Regel unterscheiden und deshalb überprüft werden müssen.

Der Einsatz von BIM erfordert ein umfassendes Wissen über sämtliche Planungsphasen. Alle Beteiligten müssen zudem bereit sein, traditionelle Arbeitsteilungen zu überdenken, zusammenzuarbeiten und die Planungsaufgabe als Teamwork zu verstehen.

Am Anfang des BIM-Prozesses entsteht ein Mehraufwand, da alles sorgfältig modelliert werden muss, sodass auch andere mit dem Modell umgehen können. Jedoch können am Ende auf jeden Fall Einsparungen und bessere Planungsergebnisse in Hinsicht auf Kosten und Zeitersparnis erzielt werden, weil alles dokumentiert wird und jeder zusammenarbeitet.

Die Tragwerksplanung ist ein kleiner, aber nicht unwesentlicher Teil von BIM, daher ist es wichtig, dass Statiksoftware BIM-fähig ist. Sie muss verschiedene Austauschszenarien zur Verfügung stellen und verschiedene Import- und Exportmöglichkeiten bieten. Dlubal Software hat sich auf den BIM-basierten Austauschprozess eingestellt und bietet eine Vielzahl von Schnittstellen und die direkte Anbindung zu verschiedenen Architekturprogrammen.

Die Vorteile von BIM überwiegen bei weitem. Obwohl BIM vor allem in Deutschland noch am Anfang steht, wird es mit Sicherheit die Zukunft des Bauwesens mitbestimmen.