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#018 Parametrische Bemessung im Bauwesen und Architektur feat. Junghwo Park
Die Art, wie wir Gebäude und Strukturen planen, ist im Wandel. Bei diesem Wandel spielt parametrisches Design eine große Rolle. Hier werden verschiedene Parameter dazu genutzt, neue Strukturen zu planen und zu kreieren.
Der heutige Gast im Podcast ist Jungwho Park, ein Architekt aus Südkorea. Er lernte in Korea, Australien und Österreich und arbeitet nun in Wien beim Unternehmen Umdasch als BIM-Spezialist und Produktingenieur.
Wie ist Jungwho Park zur Architektur gekommen?
Jungwho Parks Weg führte ihn durch verschiedene Tätigkeiten und Länder. Er traf einen Maler, der sich auf Gebäude spezialisiert hatte, und es stellte sich heraus, dass Jungwho Park selbst ebenfalls großes Talent in diesem Gebiet besaß. Daher entschied er sich, das Examen an der Universität in Melbourne abzulegen, womit seine Laufbahn als Architekt begann. In Australien war er als architektonischer Assistent tätig. Später reiste er nach Deutschland und entschloss sich, seinen Masterabschluss in Europa zu machen. Er studierte an der Universität für angewandte Kunst in Wien, an der auch die berühmte Architektin Zaha Hadid lehrte. Dort lernte Jungwho Park über parametrisches Design, generatives Design etc.
Zaha Hadid war die erste Frau, die den Pritzker Architekturpreis gewann. Ihre Gebäude zeichnen sich durch moderne, freie Formen aus und es ist schwer, ihren Stil genau zu definieren. Sie war ein inspirierender Einfluss für Jungwho.
An der Universität lernten die Studenten über Formfindung und alle möglichen Arten von Design-Technologien, bei denen parametrische Designlösungen zum Einsatz kamen. Im ersten Jahr legten sie den Fokus auf die Strukturanalyse und analysierten die konzeptuellen Etappen von Gebäuden. Die Studenten kombinierten architektonische Konzepte mit strukturellem Design und lernten neue Technologien für die Strukturanalyse kennen.
Was genau umfasst Jungwho Parks Arbeit?
Das Unternehmen Umdasch arbeitet sowohl mit Software- als auch mit Hardwareentwicklern zusammen, welche die Sensoren für Messungen entwickeln. Diese Sensoren liefern die Daten für die örtlichen Bedingungen auf der Baustelle, wie die Menge des Betons, die Trockenzeit und Temperatur. Die Daten werden mit dem Server synchronisiert, wo sich das BIM-Modell befindet. So können die Bauleiter planen, welcher Teil wann am besten gebaut werden sollte.
Eine andere Abteilung der Firma entwickelt Software für Immobilienverwaltung und bietet Beratungen für Immobilienentwickler an. Außerdem beschäftigt sich Umdasch mit der Bereitstellung von kostengünstigen Behausungen auf anderen Kontinenten. Jungwhos Rolle ist es, sein Team und die Entwickler zu unterstützen, sowohl intern als auch extern.
Was genau versteht man unter parametrischer Dokumentation und Computational Design?
Grundsätzlich gibt es nicht viele Unterschiede zu CAD. Parameter werden genutzt, um die architektonische Typologie zu entwickeln. Es geht nicht nur um die Formfindung, sondern z. B. auch um die Strukturanalyse und die Analyse von Umwelteinflüssen wie Windeffekten etc. Parametrisches Design ist ein weites Feld. Es hat auch einen großen Nutzen für die Automatisierung, Fertigbauweisen und die Digitalisierung von Konstruktionsetappen. Daten und Informationen spielen in der Architektur, der Statik, im BIM-Management etc. immer eine Rolle. Man kann alles als parametrische Dokumentation oder Informationsmanagement bezeichnen.
Beispiele und Vorteile
Als Architekt kann man bei einem gezeichneten Plan nur mühevoll Änderungen durchführen. Beim parametrischen Design hingegen werden Parameter als Variablen genutzt und es ist einfach, sie zu ändern und z. B. die Länge einer Säule zu variieren. Dies macht die Arbeit effizienter. Die Parameter reagieren auf Umwelteffekte oder die Design-Agenda und verändern sich simultan.
Hauptsächlich werden dabei Rhino oder Grasshopper benutzt. Blender gewinnt ebenfalls an Beliebtheit. Außerdem kommen auch Spiele-Engines wie Unity 3D zum Einsatz. Viele Softwares, die BIM anbieten, haben ihre eigenen parametrischen Design-Lösungen. Für Revit gibt es zum Beispiel Dynamo BIM. Welche Software als parametrisches Design-Tool zu bezeichnen ist, kann man kaum definieren, weil sie heutzutage alle Parameter benutzen.
Schränken diese Parameter die Kreativität von Architekten ein?
Alle Arten der Parameter für das schematische Design zur Verfügung zu stellen, z. B. Temperatur, Windgeschwindigkeit etc., ist nicht einfach. Um ein parametrisches Design-Tool zu verwenden, braucht es viel Übung. Die Formfindung kann ohne größere Einschränkungen verwendet werden. Schwierig wird es jedoch, weil die Parameter für die Design-Voraussetzungen korrekt gesetzt werden müssen, um keine falschen Resultate zu erhalten.
Die gute Kommunikation zwischen Architekten und Ingenieuren ist immer eine wichtige Basis für das ganze Projekt. Wie sieht Jungwho Park diese Zusammenarbeit?
Diese Kollaboration ist der Schlüssel zum Erfolg. Jungwho Park hat in einem Team gearbeitet, in dem von Anfang an Statiker mit einbezogen wurden. Die Kommunikation mit ihnen war sehr hilfreich und gab ihm die Möglichkeit, direktes Feedback für seine Pläne zu erhalten. Zusammen Ziele anzugehen ist sehr viel effizienter. Seiner Meinung nach sollten Statiker und Architekten immer von Anfang an zusammenarbeiten. Auf diese Weise kann der Statiker Zeit sparen und dem Architekten zeigen, wie dieser ihm am besten zuarbeitet.
Ist BIM nur ein Werkzeug, eine Planungsmethode oder mehr?
Heutzutage übertragen viele die Abkürzung BIM als Building Information Management anstatt Modeling. Das Modell ist jedoch der wichtigste und essentielle Teil: Wenn der Input dort falsch ist, dann setzen sich diese Fehler im Output fort.
BIM unterscheidet sich zwar nicht wirklich vom traditionellen CAD, aber inzwischen ist die Aufgabe strikter geworden und in der Geometrie werden viel mehr nicht-graphische Informationen zur Verfügung gestellt. Gleichzeitig wurde die Arbeit mit BIM jedoch auch effizienter.
Warum nutzen so viele Architektur- und Ingenieursbüros immer noch nicht BIM?
Laut Jungwho Park ist die größte Schwierigkeit dabei der anfängliche Kostenaufwand. Die Angestellten müssen dafür regelmäßig unterwiesen werden. Zudem muss man den Stil, den die Architekten verwenden, vereinheitlichen. Die Vorteile werden erst mit der Zeit sichtbar. Zeit ist jedoch der größte Feind der Industrie, zusammen mit dem kleinen Budget für architektonische- und Ingenieurservices. Als erstes wird Personal gebraucht, nicht nur die entsprechende Software. Ein solches Team aufzubauen ist zeit- und kostenintensiv und stellt damit eine große Herausforderung für Firmen dar. Aber es gibt immer mehr Fortschritte.
Diese Fortschritte hängen laut Daniel vor allem mit der Bildung zusammen, besonders in Universitäten etc. Wenn Studenten mit entsprechender Erfahrung zu Architekturbüros kommen, können sie BIM als Pilotprojekt einführen und anderen etwas beibringen.
Eine weitere große Schwierigkeit ist, dass die Richtlinien nicht einheitlich sind. Außerdem nutzt jeder unterschiedliche Bibliotheken und Softwares und es gibt keine gemeinsame Basis. Die Standardisierung nimmt ebenfalls viel Zeit in Anspruch. Hierbei geht es nicht nur um die jeweiligen Firmen, sondern auch um externe Partien, die Regierung und die Einhaltung von Normen.
Das Personal ist immer noch am schwierigsten und wichtigsten. Software kann man kaufen, aber man braucht auch die richtigen Leute. Das Mindset von Firmen spielt dabei eine große Rolle.
Daniel ergänzt, dass die gesamte Baubranche unter einem Mangel an erfahrenen Angestellten leidet, nicht nur in diesem Bereich.
Wie sieht Jungwho Park die Zukunft der Baubranche?
Das Konzept der Digitalisierung existiert schon seit Langem. Es ist jedoch schwierig zu implementieren. Global gibt es bereits große Fortschritte. Jungwho Park schätzt die Zukunft so ein, dass die Arbeit ähnlich bleibt, aber effizienter wird und ihnen Standardisierungen sowie mehr, klarere und besser zu befolgende Regeln zur Verfügung stehen werden. Nicht alle Fähigkeiten von Architekten können digitalisiert werden, aber es wird große Fortschritte durch die Anwendung von neuen Technologien geben.
Muss man als Architekt oder Ingenieur programmieren lernen?
Durch das Programmieren kann man kreativer und effizienter arbeiten. Besonders in Architektur- und Ingenieurbüros sollte es einen Programmierer pro 15 oder 20 Angestellte geben, schlägt Jungwho Park vor. Programmieren zu lernen wäre definitiv ein Vorteil für die Zukunft.
Was denkt Jungwho Park über andere Trends, z. B. 3D-Druck?
Auf einer kleinen Skala sind die Vorteile des 3D-Drucks begrenzt. Er könnte für z. B. Militär-Infrastruktur oder schwierige individuelle Bauprojekte mehr Vorteile bieten. 3D-Druck spart viel Material ein und ist effizient und schnell. Es ist definitiv ein zukunftsweisendes Thema.
Wie schnell ist die Baubranche, wenn es um die Digitalisierung geht?
Sehr langsam, meint Jungwho Park, besonders im Vergleich zu anderen Branchen wie der Luft- und Raumfahrtindustrie. Heutzutage verliert man ohne Digitalisierung potenzielle Klienten. Der Prozess sollte beschleunigt werden.
Welches ist Jungwho Parks Lieblingsgebäude?
Er hat nicht wirklich ein einzelnes Lieblingsgebäude, aber es gibt einige Architekten, deren Arbeit er besonders bewundert. Dazu gehört der australische Architekt Glenn Murcutt, dessen innovative, kulturelle Arbeit Jungwho Park beeindruckt. Allgemein mag er Gebäude, die ihre Umgebung und Kultur respektieren. Dazu nennt er auch den katalanischen Architekten Enric Miralles.
Natürlich bewundert Jungwho Park auch seine Professoren und dessen Bauwerke; Peter Corrigan, Zaha Hadid und Kazuyo Sejima.
Vielen Dank an Jungwho Park für diese inspirierende Folge!