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24. August 2023

Prunkvoll, filigran und aufwendig: Gotische Baukunst

Typische Spitzbögen, hoch aufstrebende Türme und reichliche Verzierungen schmücken gotische Kathedralen des Mittelalters. Was ist anders an gotischer Baukunst und was können wir in unserer modernen Baubranche daraus lernen?

Zu Beginn des europäischen Mittelalters entstanden zahlreiche Burgen, Schlösser und Klöster, die zu großen Teilen noch heute existieren. Die kolossalen romanischen Bauten mit ihren schmalen Fenstern lehrten den Menschen Ehrfurcht und Demut, innerhalb und außerhalb ihrer doch eher schlichten Mauern.

Als Zeichen von Macht und Einfluss erbaut, überdauerten viele dieser beeindruckenden Bauwerke Jahrhunderte bis heute. Die interessantesten romanischen Bauten und mehr zur frühmittelalterlichen Epoche der Romanik haben wir euch in einem früheren Beitrag bereits gezeigt.

Der Baustil änderte sich jedoch mit der Zeit und ging in eine neue Richtung über. Die düsteren Innenräume und dicke, undurchdringliche Mauern wichen breiten Glasfassaden und neu entwickelte Wasserspeier zierten die Linien prunkvoll dekorierter Fenster mit ihren typischen Spitzbögen: Die Zeit der Gotik war angebrochen und zog sich, mit regionalen Unterschieden, etwa vom 12./13. bis ins 16. Jahrhundert.

Wir möchten euch in diesem Beitrag die interessantesten Bauwerke der Gotik genauer vorstellen. Im Anschluss ziehen wir ein Fazit, was wir in der Baubranche heute von den alten Baumeistern der Gotik lernen können. Seid ihr gespannt? Dann geht es los!

Woran erkenne ich gotische Bauwerke?

Die Merkmale der Gotik unterscheiden sich stark von der vorangegangenen Romanik. Im Gegensatz zur massiven romanischen Struktur wirken gotische Bauwerke geradezu filigran. Das wohl bekannteste Merkmal sind die überall verwendeten Spitzbögen: ob an der Fassade, den Fenstern oder im Innenraum durch ein kunstvolles Gewölbe.

Die Standfestigkeit der Strukturen wird nicht etwa durch ein umbautes Skelett gewährleistet, sondern durch ein außenliegendes Strebewerk. Außenwände werden in der Regel durch fein strukturierte Fenster unterbrochen, während Ziergiebel, auch Wimperg genannt, sich kunstvoll über die verglasten Bereiche ziehen. Gerade die farbigen Glasfenster und Fensterrosen leiten noch heute immer wieder bewundernde Blicke auf sich.

Ebenfalls könnt ihr ein gotisches Bauwerk, gerade wenn es einen religiösen Zweck hat, oft schon aus der Ferne durch sogenannte Fialen erkennen. Dabei handelt es sich um schlanke, hoch aufragende Türme, meist an den Seiten des Gebäudes. An den Fialen entlang schmücken Elemente in Form gefalteter Blätter, Krabben genannt, die Fassade.

Besonders auffällig sind auch die meist etwas unheimlich anmutenden Wasserspeier. Sie leiten das Regenwasser ab und ziehen sich noch heute durch viele, oft düstere Legenden. Sehen wir uns also einige der interessantesten gotischen Bauwerke und ihre Geschichte etwas genauer an.

Stephansdom

Wien, Österreich

Wer die Hauptstadt Österreichs besucht, muss nicht nur ein originales Stück Sachertorte essen, sondern auch den Stephansdom besuchen. Denn er ist das Wahrzeichen Wiens im Herzen der Stadt. Seine Höhe von 136 m macht ihn selbst heute noch zur höchsten Kirche Österreichs. Wie die meisten Bauten des Mittelalters hat auch er eine bewegte Geschichte.

Im zwölften Jahrhundert stand auf dem heutigen Stephansplatz eine romanische Kirche. Örtlichen Dokumenten zufolge war diese im Jahr 1147 errichtet worden. Wie viele Gebäude in dieser Zeit fiel sie allerdings einem Brand zum Opfer und wurde 1258 zerstört.

Wiederaufgebaut wurde die Kirche dann im gotischen Stil. Die Bauarbeiten zogen sich über mehrere Jahrhunderte, wobei der berühmte steinerne Südturm, liebevoll Steffl genannt, erst im 14. Jahrhundert fertiggestellt wurde. Der Nordturm, als Heldenturm bekannt, blieb dagegen bis heute unvollständig.

Ab dem Jahr 1365 besaß der Dom als Metropolitankirche die höchste kirchliche Autorität des Landes. Seine Bedeutung für den Glauben in Österreich machte ihn allerdings zu einem beliebten Ziel von Zerstörung.

Nach der ersten Türkenbelagerung der Stadt 1529 musste der Stephansdom erneut umfassend restauriert und renoviert werden. Zudem lassen sich im 17. und 18. Jahrhundert barocke Einflüsse an Altären und Dekorationen nachvollziehen. Im 19. Jahrhundert, während der Blütezeit der Neugotik, wurde der gotische Ursprungszustand des Doms wiederhergestellt.

Infolge der Zerstörung des Stephansdoms im Zweiten Weltkrieg erfolgte eine erneute Restaurierung in jenen Zustand, den wir heute bei einer Dombegehung bewundern können. Mit der typisch gotischen Architektur, der Pummerin, einer der größten Kirchenglocken Europas, und den atemberaubenden Glasmalereien ist der Dom ein hervorragendes Beispiel für gotische Baukunst.

Kölner Dom

Köln, Deutschland

Wer in Deutschland an gotische Bauwerke denkt, beschreibt vermutlich zuallererst den Kölner Dom. Sein offizieller Name, der Hohe Dom zu Köln, lässt bereits auf seine bauliche und symbolische Erhabenheit schließen. Dieses imposante Bauwerk ist mit einer Gesamthöhe von 157 m eines der größten gotischen Kirchengebäude in Europa und zweithöchster Kirchturm der Welt.

Der Grundstein für den Bau erfolgte bereits im Jahr 1248, während die offizielle Fertigstellung sich bis ins 19. Jahrhundert erstreckte. Die filigranen Spitzbögen, die kunstvollen Fensterrosetten und die prunkvoll verzierten Portale sind Symbole für gotische Baukunst in ihrer Reinform.

Besonders die Glasmalereien an den südlichen Seitenschiffen ziehen Blicke der Besucher auf sich. Ganze Geschichten aus der Bibel sind hier verewigt und zeigen auf beeindruckende Weise, wie ausgefeilt die Glaskunst im Mittelalter bereits war.

Wie die meisten berühmten Bauwerke erlitt auch der Kölner Dom während des Zweiten Weltkriegs große Schäden. Die Kuppel war durch den Brand eines benachbarten Gebäudes stark beschädigt worden und es dauerte Jahrzehnte, dieses Meisterwerk der Baukunst wiederherzustellen. Als Symbol für die Geschichte und Kultur sowie der Widerstandskraft der Region wurde der Kölner Dom 1996 ins UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen und ist bis heute das Wahrzeichen der Stadt.

Kathedrale Notre-Dame von Paris

Paris, Frankreich

Auch die berühmte Kathedrale Notre-Dame in Paris hat eine lange und bewegte Geschichte zu erzählen. Erbaut wurde sie ab 1163 und geweiht schließlich im Jahr 1345. Damit hat der Bau über 180 Jahre angedauert: Nicht nur das, denn wirklich beendet wurden die Arbeiten an der Kathedrale erst im 15. Jahrhundert.

Wie viele Kirchenbauten fiel auch die Notre-Dame Ende des 18. Jahrhunderts der Französischen Revolution zum Opfer. Plünderungen und Zerstörung religiöser Symbole führten dazu, dass dieses beeindruckende Bauwerk lange Zeit nur noch ein Schattendasein fristete.

Erst mit Victor Hugos Roman „Der Glöckner von Notre-Dame“ (1831) gelang es, die Kathedrale wieder in anderes Licht zu rücken und das Interesse an der Kathedrale wiederzubeleben. Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurden durch eine umfassende Restaurierung viele heute bekannte Merkmale des Gebäudes hinzugefügt oder ihnen wurde zu altem Glanz verholfen.

Lange Zeit blieb es friedlich und ruhig um die Notre-Dame, bis am 15. April 2019 ein Brand in der Kathedrale ausbrach, der verheerende Schäden mit sich brachte. Der Dachstuhl und der Spitzturm brachen ein. Zwar wurde beschlossen, die Kathedrale wieder in ihrer ursprünglichen Form aufzubauen, aber diese Arbeiten werden wohl noch einige Zeit andauern.

Es bleibt zu hoffen, dass dieses Meisterwerk der gotischen Architektur bald wieder in ihrem typischen gotischen Glanz erstrahlt. Die Westfassade mit ihren reicht verzierten Fenstern und zahlreichen Statuen ist wirklich beeindruckend und die beiden Türme der Kathedrale ragen über 69 m auf, sind damit ein markantes Wahrzeichen von Paris.

Gerade das leider eingestürzte Dach der Kathedrale ist eine große bauliche Besonderheit, die hoffentlich bald wiederhergestellt werden kann. Das komplexe Netzwerk von Strebewerken und Spitzbögen überträgt das Gewicht des Daches auf die Pfeiler, wodurch der Einsatz der riesigen Buntglasfenster überhaupt erst möglich war.

Straßburger Münster

Elsass, Frankreich

Ein wahres Schmuckstück der gotischen Architektur ist der Straßburger Dom. Begonnen im 12. Jahrhundert dauerte der Bau mehr als 200 Jahre an. Durch die Verwendung von rosa Sandstein für die Fassade hebt sich dieser Kirchenbau deutlich von anderen gotischen Kirchen ab.

Eine weitere Besonderheit ist der Nordturm, welcher mit einer Höhe von fast 142 m lange Zeit der höchste Kirchturm der Welt war. Auch im Inneren erwarten Besucher geschichtsträchtige Besonderheiten. Hier befindet sich eine der ältesten astronomischen Uhren der Welt. Seit dem 16. Jahrhundert zeigt sie zuverlässig Informationen an, wie beispielsweise die Position verschiedener Himmelskörper.

Wie bei den meisten gut erhaltenen gotischen Bauwerke gibt es auch am Straßburger Dom Buntglasfenster. Das Rosettenfenster im Westen der Kathedrale ist eines der größten der Welt. Zwar wurden gerade diese Fenster während des Zweiten Weltkriegs beschädigt, konnten aber restauriert werden.

Seit 1988 zählt dieses beeindruckende gotische Bauwerk zum UNESCO-Weltkulturerbe und zieht noch heute mit Recht zahlreiche Touristen in seinen Bann.

Fazit: Gotische Baukunst

Die gotische Architektur ist selbst für Laien unschwer zu erkennen. Markant heben sich die hohen Kathedralen mit ihren Spitzbögen, den filigranen Gewölben und zahlreichen Dekorationen an jedem Teil der Fassade von anderen Bauwerken ab.

Ihr seht also: In der Epoche der Gotik hat sich die Architektur selbst neu erfunden. Aus den düsteren, massigen Romanik-Bauten wurden filigrane, hochstrebende Linien, durchsetzt von breiten, bunten Glasfenstern. Prunk und Glanz waren beim Bau von markanten Wahrzeichen an der Tagesordnung.

Kommen wir also nun zum abschließenden Teil dieses Blog-Beitrags: Was sollten wir uns für modernes Bauen von gotischen Meisterwerken abschauen und was können wir von den alten Baumeistern lernen?

Was wir aus der Gotik lernen können

Die Gotik ist das Zeitalter architektonischer Innovation. Durch das Ausprobieren neuer Techniken gelangen den Baumeistern noch heute atemberaubende Konstruktionen, die trotz ihrer filigranen Linien eine hohe Standfestigkeit mit sich brachten. Neuentwicklungen wie das Kreuzrippengewölbe und die Spitzbögen ermöglichten den Bau von höheren und leichteren Strukturen.

Wir können uns diesen Mut und die Leidenschaft für Innovation in die moderne Baubranche mitnehmen. Habt keine Angst, auch einmal etwas Neues auszuprobieren und neue Techniken zu entwickeln!

Nachhaltigkeit ist auch heute ein wichtiger Punkt im Bauwesen. Als Klimakiller verwendet unsere Branche oft Baustoffe, die sehr in der Kritik stehen, wie beispielsweise Stahlbeton. Gotische Bauwerke können wir uns dabei als Vorbild nehmen. Hier wurden Naturmaterialien wie Stein und Holz verwendet. Vieles davon stammte aus der Region, wodurch lange Transportwege minimiert werden konnten. Der Umgang mit dem richtigen Baumaterial und damit auch die Garantie für Langlebigkeit zeichnet die Gotik besonders aus.

Heute muss ein Bauprojekt möglichst schnell und günstig erledigt sein. Dabei bleibt auch die gerade besprochene Langlebigkeit oft auf der Strecke. Die Bauplanung und das Baumanagement bei gotischen Kathedralen konnte einiges an Zeit in Anspruch nehmen: teils Jahrzehnte oder Jahrhunderte. Gerade für junge Ingenieurinnen und Ingenieure kann die Gotik ein Beispiel dafür sein, auch einmal komplexe Bauprojekte zu planen, um ein Bauwerk zu erschaffen, das über einen langen Zeitraum Menschen in seinen Bann zieht.

Viele Gebäude sehen schön aus, aber mehr auch nicht. Praktischen Gebäuden dagegen fehlt es oft an einer gewissen Ästhetik. Entweder das eine oder das andere: Muss das sein? In der gotischen Architektur verschmelzen wunderschöne, filigrane Formen mit einer hohen Funktionalität. Auch für moderne Projekte ist ein Kompromiss aus beiden Richtungen sicher interessant.

Denn warum ein Gebäude bauen, das zwar für die Gesellschaft nützlich ist, aber von der Form her alles andere als Anklang unter denen findet, die es ja schlussendlich über Jahrzehnte hinweg nutzen sollen? Schönheit und Funktionalität müssen Hand in Hand gehen.

Gerade bei der Planung und Umsetzung dieser beeindruckenden Kathedralen mussten Baumeister auf einen großen Wissensschatz von Statik und Strukturanalyse zurückgreifen können. So etwas ging natürlich nicht allein. Teamwork ist gefragt! Bei jedem dieser Bauwerke handelt es sich um ein Gemeinschafts- und meist sogar Generationenprojekt, das viele Fachleute forderte.

Von Architekten über Steinmetze bis hin zum Innenausbau: Verschiedene Fachrichtungen mussten eng zusammenarbeiten. Auch unserer Baubranche würde etwas mehr mit- und weniger nebeneinander arbeiten ganz gut tun. Jeder kann schließlich vom Fachwissen anderer Bereiche nur profitieren und gemeinsam können wir großartige Projekte schaffen!

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Autor

Frau Ruthe ist im Marketing als Copywriterin zuständig für die Erstellung kreativer Texte und packender Headlines.



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