Die Berücksichtigung des Anfangszustands kann von erheblicher Wichtigkeit für das korrekte Materialverhalten sein. Grund hierfür ist, dass hierdurch der Initialspannungszustand definiert wird, von welchem ausgehend die weitere Reaktion bewertet wird.
Relativ anschaulich lässt sich dies am Beispiel geotechnischer Materialmodelle, beispielsweise des Mohr-Coulomb und Hardening Soil Modells zeigen. Deren Versagensfläche sind meist abhängig von der hydrostatischen Achse. Diese ist im Hauptspannungsraum dadurch definiert, dass an jedem Punkt alle Hauptspannungskomponenten gleich sind. die Versagensfläche nach Mohr-Coulomb beispielsweise ist eine Pyramide, deren Spitze zum allseitigen Zug und deren (offene) Basis zum allseitigen Druck hinzeigt. Wird diese Versagensfläche als Fließbedingung bei dem angesetzten Materialverhalten verwendet bedeutet dies, dass bei einem höheren allseitigen Druck die erträgliche Abweichung (z.B. durch einseitigen Druck oder Zug) größer sein kann je mehr das FE-Element allseitig unter Druck steht. Der Anfangsspannungszustand richtet sich hierbei nach der Belastungshistorie und enthält beispielsweise das Eigengewicht des Bodens und anstehender Bauwerke. Das gleiche gilt natürlich bei verfestigendem Materialverhalten, da sich die Ausgangssteifigkeit an einer Referenzspannung orientiert.
Eine Abwandlung des Modells mit triaxialen Bedingungen aus dem Fachbeitrag zur Bestimmung der Materialeigenschaften zeigt dies relativ anschaulich. Hier wurden neben dem originalen isotropen Ausgangsspannungszustand von 300 kPa zusätzlich zwei weitere mit 100 kPa und 500 kPa angelegt. Auf diese drei Ausgangszustände wurde daraufhin eine Zwangsverschiebung aufgebracht, eine Stauchung von 150 ‰ sowie eine Streckung um 75 ‰. Das abgeänderte Modell und der erwähnte Fachbeitrag können unter nachfolgenden Links erreicht werden.
- FAQ 5726 | Einzelelementtest - Triaxiale Bedingungen - Modifiziertes Hardening Soil Materialmodell
- KB 1976 | Anpassung von Materialparametern an experimentelle Daten
In dem nachfolgenden Bild sind die Endzustände der axialen Stauchung gezeigt, wobei Von-Mises-Vergleichsspannung und -Dehnung gegenübergestellt sind. Wie man hier sehen kann, nimmt die Anfangssteigung (Steifigkeit) mit höherem allseitigen Druck im Anfangszustand zu. Dies gilt ebenfalls für das erreichen des Plateauspannung.
Für die axiale Streckung des Elements zeigt die nachfolgende Berechnungsdiagrammgruppe die maximale Schubspannung gegenüber der ersten plastischen Hauptnormaldehnung. Auch hier kann das gleiche Verhalten für die die Anfangssteifigkeiten und das erreichen des Spannungsplateaus gezeigt werden.