Ein Hauptproblem bei der Nutzung von nichtlinearen Materialmodellen sind oftmals die hierfür benötigten Materialparameter. Dies gilt ebenfalls für das in diesem Beitrag genutzte modifizierte Hardening Soil Materialmodell. Dieser Fachbeitrag geht auf die iterative Anpassung dieser Parameter mittels des Vergleichs veröffentlichter Messdaten und den Ergebnissen der FE-Simulation ein. Angelehnt ist diese Untersuchung an die Veröffentlichung von Bower et al. [1], welche sich wiederum auf die Veröffentlichung der Beschreibung des original Hardening Soil Materialmodells durch Schanz et al. [2] bezieht.
Statt wie in der Veröffentlichung von Bower et al. [1] wurde hier jedoch nicht die tatsächliche Prüfkörpergeometrie genutzt, sondern ein einzelnes kubisches Element mit der Kantenlänge von einem Meter. Hierdurch wird die Berechnungszeit stark verkürzt. Da die Materialmodelle auf Elementebene angewendet werden, sollte bei der richtigen Abbildung der realen Prüfbedingungen zuverlässige Materialparameter bestimmbar sein. Die Lagerung wurde in diesen Einzelelementtests an den Eckpunkten aufgebracht und der Lasteintrag erfolgte mittels Linienzwangsverschiebungen. Für die korrekte Berücksichtigung der vorangegangenen Zustände kam das Add-On Bauzustände zum Einsatz. Bei den ersten drei Bauzustände wird zur Initialisierung der Prüfbedingungen das Gleichgewicht für die unverformte Struktur bestimmt. Der erste Bauzustand enthält bei beiden Modellen die Aktivierung der Geometrie und Randbedingungen mit linearisiertem Materialeigenschaften. Daraufhin erfolgt eine Aktivierung der nichtlinearen Materialeigenschaften. Anschließend erfolgt gegebenenfalls die Aufbringung der isotropen Belastung, worauf sich die Eintragung der Versuchslasten anschließt, für welche die zwangsverformten Linienlager aktiviert sind.
- Online-Handbuch Geotechnische Analyse für RFEM 6
- Online-Handbuch Analyse von Bauzuständen (CSA) für RFEM 6
- Online-Handbücher Statikanalyse-Einstellungen
- RFEM 6 Handbuch | Struktur | Spezielle Objekte | Strukturmodifikationen
Die Simulation der Materialprüfung unter ödometrischen Bedingungen besteht aus einer fixierten Lagerung der Knoten an der Unterseite sowie einer bis auf die vertikale Richtung fixierten Lagerung der Knoten an der Oberseite. Es wurde nur ein minimales Eigengewicht sowie keine isotrope Belastung aufgebracht. Die verformungsgesteuerte Lastaufbringung erfolgte über neun Stufen von wechselnder Be- und Entlastung bis zu einer maximalen Verformung von 24 mm (entspricht 24.0 ‰). Diese zyklische Lastaufbringung wurde mittels aufbauender Lastkombinationen unter Nutzung von parametrisierten Multiplikationsfaktoren in den Statikanalyse-Einstellungen realisiert. Nachfolgendes Bild zeigt eine Ansicht dieses Modells mit den zugehörigen globalen Parametern:
Die Nachrechnung der triaxialen Materialprüfung wurde ähnlich aufgebaut. Die Knotenlagerung erfolgte zwängungsfrei mit Verdrehungsbehinderung. Des weiteren wurde zur Entsprechung der Prüfbedingungen eine isotrope Belastung von 300 kN/m² aufgebracht. Der Eintrag der Versuchslast erfolgte mittels einer Zwangsverschiebung der Oberseite, ohne zyklische Be- und Entlastung, bis zu einer maximalen vertikalen Verschiebung von 150 mm. Im folgenden Bild ist das beschriebene Modell gezeigt.
Die zugehörigen Modelle können unter den nachfolgenden Links heruntergeladen werden:
- KB 1976 | Einzelelementtest - Ödometrische Bedingungen - Modifiziertes Hardening Soil Materialmodell
- KB 1976 | Einzelelementtest - Triaxiale Bedingungen - Modifiziertes Hardening Soil Materialmodell
Am problematischsten ist hierbei die Anpassung an zwei Prüfkurven. Für die numerische Stabilität wurde deshalb eine höhere Mindestkohäsion von 1,0 kPa für die Simulation der triaxialen Bedingungen angesetzt. Nachfolgendes Bild zeigt die ermittelten Materialparameter der ödometrischen Bedingungen für das modifizierte Hardening Soil Materialmodell:
Zur Ermittlung dieser Werte wurde, wie eingangs erwähnt, ein Vergleich der veröffentlichten Prüfkurven mit den äquivalenten Simulationsergebnissen durchgeführt. Hierfür wurden die in RFEM 6 implementierten verketteten Berechnungsdiagramme genutzt. Neben einem guten Überblick über die Entwicklung einzelner Ergebnisse, lassen sich diese im Reiter "Tabelle" ebenfalls nach Excel exportieren. Die nachfolgenden Bilder zeigen die bei dieser Untersuchung ermittelten Berechnungsdiagramme für die Nachrechnung der ödometrischen und der triaxialen Materialprüfungen.
Die Abweichung zwischen den Simulationsergebnissen und den Materialprüfkurven kann nun optisch oder mittels statistischer Verfahren erfolgen. Das nachfolgende Bild zeigt die hier erhaltenen Ergebnisse im Vergleich zu den veröffentlichten experimentell ermittelten Daten. Wie man sehen kann ist die Übereinstimmung der ödometrischen Bedingungen bis zu einem mittleren Spannungsniveau (rund 100 kPa) sehr gut, während das Verhalten daraufhin zu steif ist. Die Be- und Entlastungsmodule sind in den ersten beiden Zyklen zu niedrig, wohingegen dieser beim letzten zu hoch ist. Beim Vergleich mit der dreifach wiederholten Triaxialprüfung fällt auf, dass die Anfangssteifigkeit zu niedrig ist und darauf eine zu starke Krümmung anschließt. Dies weißt auf einen zu niedrigen Wert für die Schubverfestigung (CSH) hin. Schlussendlich wird das konstante Niveau der Spannung zu früh erreicht und verbleibt niedriger als bei den experimentellen Kurven (~715 kPa/760 kPa ~ 94,1 %). Der Pearson Korrelationskoeffizient, welcher als Maß für die Abhängigkeit von Mess- und Simulationskurve gesehen werden kann, beträgt, abhängig von der Interpolationsmethode zur Messwertzuordnung, 0,90, beziehungsweise 0,94, für die ödometrischen Bedingungen und 0,88, beziehungsweise 0,91, für die Triaxialprüfung.