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2. September 2020

Parametrisiertes FE-Modell zur Bemessung biegesteifer Stirnplattenstöße

Die Bemessung von biegesteifen Stirnplattenverbindungen gestaltet sich besonders für vierreihige Anschlussgeometrien und mehrachsige Biegebeanspruchungen komplex, da es an offiziellen Bemessungsverfahren mangelt.

Mit dem hier zur Verfügung stehenden Modell ist es möglich, Anschlüsse unter realitätsnahen Beanspruchungen mit geringem Zeitaufwand zu bemessen. Um das Modell mit dem DSTV-Ringbuch der typisierten Anschlüsse [1] verifizieren zu können, wurde folgendes System gewählt.

System

Typisierte Verbindung: IH 2.1 A 26 20
Profil: HEA 260
Material: Baustahl S235
Schrauben: M20 der Festigkeitsklasse 10.9

Das erstellte FE-Modell wird mittels Flächenelementen für die Profilträger erstellt. Die Modellierung der Stirnplatte erfolgt über Flächen, welche anschließend miteinander verbunden werden, um ein sogenanntes Kontaktvolumen zwischen diesen zu erzeugen. Es definiert die genauen Kontakteigenschaften zwischen den beiden Flächen. Im konkreten Fall mit einem Ausfall bei einer senkrechten Zugbeanspruchung. Als Material wird für die beiden Stirnplattenflächen ebenfalls Stahl S235 gewählt, jedoch mit plastischem Materialverhalten. In die Flächen werden Öffnungen modelliert, welche die Bohrungen abbilden sollen. Die Schrauben der Verbindung sind als Zugstäbe definiert und vereinfacht ohne Mutter dargestellt. Ein Zugstab besitzt nur eine Längssteifigkeit E ⋅ A und kann nur Zugkräfte aufnehmen. An den Stabenden sind Momentengelenke angeordnet. Die Schrauben werden vereinfacht über mehrere Starrstäbe mit Stabendgelenken an der jeweiligen Stirnplatte verbunden. Mit Eingabe der gewünschten Schraubengröße werden alle berechnungsrelevanten Parameter der Schrauben (Festigkeitsklasse 10.9) übernommen. So ist es möglich, die korrekte Dehnlänge als Formel im Modell zu implizieren, um möglichst genaue Schraubenkräfte zu erhalten.

Anwendung

Nach Öffnen des Modells kann der Querschnitt im Datennavigator angepasst werden. Dabei ist das Modell für die nach DIN EN 1025 genormten HEA-, HEB- und HEM-Träger parametrisiert. Als nächstes können die Parameter angezeigt und die Abmessungen und Dicke der Stirnplatte eingegeben werden. Danach erfolgt die Eingabe der Schraubengröße (M12, M16, M20, M22, M24, M27, M30, M36) und der gewünschten Schraubenabstände. Zeitgleich passen sich alle für die Berechnungen wichtigen Parameter der Schraube an. Zuletzt ist es möglich, die Belastungen anzupassen.

Bemessung

Um die Tragfähigkeit der Verbindung zu bestimmen, wird eine Anfangsbelastung My von 50 kNm angesetzt und mit dem Laststeigerungsverfahren gerechnet. Anschließend lassen sich die Schraubenkräfte und die plastischen Dehnungen auswerten. Dafür ist die maximale Zugtragfähigkeit wie folgt zu bestimmen.

Auswertung und Vergleich

Beim Vergleich der Zugtragfähigkeit mit den Schraubenkräften der FE-Modellierung ergibt sich, dass ein Versagen der Schrauben auftritt, wenn die Last um mehr als das 2,1-fache erhöht wird. Die Schraubenkräfte betragen 175,43 kN bei einem angreifenden Moment von 105 kNm.

Somit ergibt sich eine Tragfähigkeit des Anschlusses von 105 kNm aus 2,1 ⋅ 50 kNm.

Die Auswertung der plastischen Dehnungen ergeben Maximalwerte von ungefähr einem Prozent, was die zulässige Grenzdehnung von fünf Prozent nach EC3 nicht überschreitet. Außerdem kann man durch Anzeigen der Nichtlinearitätsgrade einsehen, ab wann ein Fließen des Materials auftritt.

Aus dem DSTV-Ringbuch [1] lässt sich eine Tragfähigkeit von 112,9 kNm ablesen, was nur geringfügig vom erstellten FE-Modell abweicht.

Diese Abweichung lässt sich unter anderem auf den Verzicht des Modellierens der Schweißnähte zurückführen, was eine geringere Steifigkeit der äußeren Schraubenreihe nach sich zieht. Das hat zur Folge, dass die inneren Schrauben mehr belastet werden und somit eher versagen.

Anbei befindet sich zusätzlich noch ein Modell für eine Verbindung mit einer überstehenden Stirnplatte.


Autor

Herr Wowk beschäftigt sich mit der Entwicklung des Querschnittsprogramm RSECTION. Weiterhin kümmert er sich im Kundensupport um die Anliegen unserer Anwender.

Links
Referenzen
  1. Weynand, K.; Oerder, R.: Typisierte Anschlüsse im Stahlhochbau nach DIN EN 1993-1-8. Düsseldorf: Stahlbau, 2013
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