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10. September 2024

Reduktion der Querkraft Vz in der Stahlbetonbemessung in RFEM 6 nach EN 1992-1-1

Bei der Querkraftbemessung in der Stahlbetonbemessung kann die einwirkende Querkraft Vz gemäß EN 1992-1-1 abgemindert werden. Im nachfolgenden Artikel wird auf die Abminderung der auflagernahen Einzellasten und die Querkraftbemessung im Abstand d vom Auflagerrand bei gleichförmiger Last eingegangen.

Im vorliegenden Beispiel sollen die Eingabe und Funktionalität der Querkraftreduktion am Beispiel eines Zweifeldträgers verdeutlicht werden.

System, Belastung und Kombinatorik

In RFEM 6 beziehungsweise RSTAB 9 wird hierfür ein Zweifeldträger mit einer Feldlänge von jeweils 4,0 m eingegeben. Der Rechteckquerschnitt weist Abmessungen von b/h = 35/50 cm auf. Als Material wird ein Beton der Güte C30/37 gewählt.

Die Belastung für dieses Beispiel ergibt sich aus einer ständigen und einer veränderlichen Last. Die ständigen Lasten werden im Lastfall 1 eingegeben. Hierbei handelt es sich um das Eigengewicht des Querschnitts sowie eine Streckenlast von gk = 48,75 kN/m. Als veränderliche Last werden eine Streckenlast von qk = 37,5 kN/m und alternativ dazu eine konzentrierte Lasteinleitung in Form von vier Einzellasten mit Qk = 37,5 kN (Stablast, punktuell - n x ) eingegeben.

Diese beiden Lasten werden für das jeweilige Feld getrennt eingegeben und bei der Kombinatorik alternativ behandelt. In RFEM und RSTAB wird zur Bildung der Lastkombinationen für den GZT und GZG die automatische Kombinatorik aktiviert. Damit die alternativen Lastfälle mit den Strecken- oder Einzellasten nicht miteinander kombiniert werden, werden diese jeweils einer Gruppe zugeordnet. Die weiteren Eingaben in RFEM 6 und RSTAB 9 können auch aus der zum Download zur Verfügung gestellten Datei entnommen werden.

Zur Erläuterung der nachfolgenden Eingaben respektive Ergebnisse aus der Reduktion wird mit einzelnen Lastkombinationen gerechnet, die entweder eine reine Gleichlast oder eine Kombination aus Gleich- und Einzellast aufweisen. Zu diesem Zweck wurden zwei Lastkombinationen manuell erzeugt (LK10 und LK11). Die nachfolgend beschriebenen Optionen stehen für die Bemessung einer Ergebniskombination nicht zur Verfügung. Siehe hierzu auch die Hinweise im letzten Abschnitt dieses Artikels.

Definition der Bemessungslager

In RFEM 6 können Sie einem Stab Bemessungslager zuweisen. Die Lagerdefinition erfolgt über das Stab-Register Bemessungsauflager und Durchbiegung. Sie können Bemessungsauflager am Stabanfang, Stabende und an inneren Knoten definieren.

In den Einstellungen für das Bemessungsauflager können Sie sich für eine Lagerbreite und eine Lagerart entscheiden.

Hierbei ist zunächst zu beachten, dass eine reine Eingabe der Lagerbreite ohne gleichzeitiges Setzen des Häkchens bei "Reduktion der Querkraft..." in den Tragfähigkeitskonfigurationen keinen Einfluss auf die Querkraftbemessung hat.

Weitere Informationen zu diesem Eingabe-Fenster finden Sie in unserem Online-Handbuch zu den Tragfähigkeitskonfigurationen für Stäbe.

Die Vorgabe von Lagern ohne Aktivieren einer der zur Verfügung stehenden Optionen für die Querkraftreduktion kann aber dann erforderlich werden, wenn für den Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit eine Verformungsberechnung durchgeführt wird. In diesem Fall können die Lager zur Berechnung der Bezugslänge l0 für die Ermittlung des Grenzwerts der maximalen Verformung herangezogen werden. In diesem Beitrag wird auf diese Option nicht weiter eingegangen.

Direkte Lagerung

Die Aktivierung der direkten Lagerung ist erforderlich, wenn nach 6.2.2(6) beziehungsweise 6.2.3(8) auflagernahe Einzellasten mit ß = av / 2 d reduziert werden sollen. Liegt ein Nebenträger vor, der seine Last in einen anderen Träger und nicht in ein "direktes Lager" (Stütze, Knotenlager, Wand etc.) ableitet, sollten Sie die direkte Lagerung nicht auswählen.

Bemessung in Abstand d zum Auflagerrand

Wurden das Bemessungsauflager korrekt definiert und die Lagerbreite w=300 mm eingestellt, kann mit gesetztem Häkchen für "Reduktion der Querkräfte am Auflagerrand und Abstand d nach 6.2.1(8)" die hiermit abgeminderte Querkraft für den Nachweis und die Ermittlung der erforderlichen Querkraftbewehrung angesetzt werden.

Nachfolgend ist der Verlauf der Querkraft Vz aus der statischen Analyse und der Verlauf der Querkraft Vz,Ed aus der Betonbemessung in der Lastkombination LK10 zu sehen.

Im Folgenden wird das Endlager und das Innenlager von Feld 1 betrachtet.

Feld 1 Endlager Innenlager
Statische Nutzhöhe d am jeweiligen Auflagerrand 416,1 mm (untere Bewehrung) 448 mm (obere Bewehrung)
Abstand d von Auflagermitte (0,5w + d) 566,1 mm 598,6 mm
Maßgebende x-Stelle im Abstand d vom Auflagerrand x1=0,5661 m x2=3,4014 m
Vz aus statischer Analyse in Auflagermitte Vz(0,00 m) = 192,66 kN Vz(4,00 m) = -319,21 kN
Vz aus statischer Analyse in maßgebender x-Stelle Vz(0,5661 m) = 120,22 kN Vz(3,402 m) = -242,68 kN
Vz,Ed aus Betonbemessung Vz,Ed(0,5661 m) = Vz,Ed(0,00 m) = 120,22 kN Vz,Ed(3,402 m) = Vz,Ed(4,00 m) = -242,68 kN

Im Abstand d vom Auflagerrand ergibt sich jeweils der Maximalwert der reduzierten Querkraft für die Betonbemessung Vz,Ed.

Reduktion von auflagernahen Einzellasten

Zur Erläuterung der Reduktion von auflagernahen Einzellasten wird der bisher behandelte Zweifeldträger nun für die Lastkombination LK11 mit auflagernahen Einzellasten und einer Gleichstreckenlast bemessen.

Nachfolgend ist der Verlauf der Querkraft Vz aus der statischen Analyse und der Verlauf der Querkraft Vz,Ed aus der Betonbemessung in der Lastkombination LK11 zu sehen. Durch die zuvor beschriebene Einstelllungen der "Direkten Lagerung" und der Funktion "Reduktion der Querkräfte mit Einzellasten nach 6.2.2 (6) und 6.2.3 (8)" werden nun Einzellasten im Bereich 0,5d ≤ av < 2d mit β = av / 2d reduziert.

Für die Einzellast F = 56,25 kN an der Stelle x = 4,40 m ergibt sich av = 0,25 m. Diese befindet sich somit in den Grenzen von 0,5d ≤ av < 2d ⇔ 0,2243 m ≤ av < 0,8972 m und darf mit β = av / 2d = 0,25 m / (2 ⋅ 0,4486 m) = 0,279 abgemindert werden.

Das Ergebnis der Betonbemessung ergibt an der Stelle x = 4,40 m einen Sprung von 15,68 kN.

ΔVz,Ed = Vz,Ed,links (4,40 m) - Vz,Ed,rechts (4,40 m) = 249,02 kN - 233,34 kN = 15,68 kN

Da an dieser Stelle eine Einzellast von F = 56,25 kN angreift, weist der Verlauf der statischen Analyse Vz dort einen Sprung von 56,25 kN auf.

ΔVz = Vz,links (4,40 m) - Vz,rechts (4,40 m) = 289,59 kN - 233,34 kN = 56,25 kN

Der Quotient dieser Differenzen ist der Abminderungsfaktor β.

ΔVz,Ed / ΔVz = 15,68 kN / 56,25 kN = 0,279 = β

Gemäß 6.2.2(6) ist bei Ansatz des abgeminderten Wertes Vz,Ed für den Nachweis von VRd,c in Gleichung (6.2a) die hierbei angesetzte Längsbewehrung (Längsbewehrungsgrad ρl) vollständig am Auflager zu verankern. Des Weiteren ist die ohne Abminderung β ermittelte Querkraft im Hinblick auf die Anforderung nach Gl. (6.5) zu überprüfen.

Bei Bauteilen mit rechnerisch erforderlicher Querkraftbewehrung nach [1] 6.2.3 ist gemäß 6.2.3(8) für den Nachweis von VRd,max der Wert Vz,Ed ohne Abminderung der auflagernahen Einzellasten mit β anzusetzen.

Sonderfälle Rippen und Ergebniskombinationen

Für die Reduktion der auflagernahen Einzellasten sowie für die Bemessung der gleichmäßig verteilten Last im Abstand d zum Auflager untersucht das Zusatzmodul den Verlauf der Querkraft Vz aus den Schnittgrößen von RFEM oder RSTAB. Mit dieser Analyse des Querkraftverlaufs erkennt das Programm aus einem linearen Verlauf der Querkraft eine gleichmäßig verteilte Last und aus Sprüngen im Querkraftverlauf die Größe der auflagernahen Einzellasten.

Das Auswerten des Querkraftverlaufs ist also die Grundlage für die hier angesprochene Abminderung der Querkraft. Daraus ergibt sich auch die Einschränkung, dass diese Optionen bei der Bemessung mit einer Ergebniskombination (EK) nicht zur Verfügung stehen, da bei einer EK nicht zwingend von einer gleichmäßig verteilen Last ausgegangen werden kann.

Dasselbe gilt bei der Bemessung von Rippen im Add-On Betonbemessung. Die Rippenschnittgrößen setzen sich zum einen Teil aus den Stabschnittgrößen des exzentrisch angeschlossenen Plattenbalkens und zum anderen Teil aus den integrierten Flächenschnittgrößen der angeschlossenen Platten zusammen. Singularitäten in den Flächenschnittgrößen können nun dafür sorgen, dass die integrierte Rippenschnittgröße (Querkraft Vz aus RFEM) programmseitig keinen linearen Verlauf aufweist. Genauso können aus einer möglichen Integration von singulären Flächenschnittgrößen Sprünge im Querkraftverlauf Vz resultieren. Daher stehen die genannten Optionen zur Abminderung der Querkraft bei der Bemessung von Rippenstäben nicht zur Verfügung.


Referenzen
  1. EN 1992-1-1: Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken – Teil 1-1: Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau. Beuth Verlag GmbH, Berlin, 2004


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