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10. Februar 2023

Das Rechtschreibprogramm für BIM

Julians Start-Up “Singular” sorgt für frischen Wind in der Baubranche. Im Interview verrät er, wie seine berufliche Laufbahn bisher aussah und was das Unternehmen sich als Ziel gesetzt hat. Auch interessante Zukunftstrends kommen natürlich nicht zu kurz. Um mehr zu erfahren, lest hier die Zusammenfassung der Podcastfolge!

Ihr wollt mehr erfahren? Dann hört euch hier die komplette Folge an:

#026 Das Rechtschreibprogramm für BIM feat. Julian Amann

In einer früheren Folge ging es bereits um Start-ups im Bauwesen. Diesmal gibt es noch mehr Einblicke darin, wie eine gute Idee die Arbeit in der Baubranche verbessern kann. Julian Amann ist Mitbegründer eines erfolgreichen Unternehmens: Singular.

Wer ist Julian Amann?

Julian ist ausgebildeter Architekt. Der Hang zur Architektur liegt bei ihm in der Familie: Schon die Mutter schlug diesen Berufsweg ein. Bei der Wahl eines Studienfachs lag die Architektur daher auch für Julian nahe. Er erkannte sie als gute Möglichkeit, sein Talent zu entwickeln.

Gefallen hat ihm besonders, dass es kein abstraktes Handwerk ist, sondern man direkt sieht, was man bewirkt. Zudem findet er den kulturellen, wirtschaftlichen und ästhetischen Einfluss der bebauten Umwelt sehr spannend. Schwierig am Studium war für ihn das Zeitmanagement, wie sich Julian erinnert. Als Lieblingsfach nennt er den Entwurf, bei dem man ein Projekt über mehrere Monate ausarbeitet. Nebenfächer, die heute wichtiger sind, interessierten ihn damals allerdings eher weniger.

Julians Arbeit mit Singular

Als Geschäftsführer des Start-ups Singular ist er für alle aufkommenden Themen verantwortlich. Zu seinen Aufgaben gehört es, das Geschäft weiterzuentwickeln und die Softwareentwicklung voranzutreiben. Dieser Beruf ist vielschichtig und es macht Julian Spaß, zu sehen, wie aus einer Idee eine Software entsteht, die tatsächlich genutzt wird. Dabei hat man wirklich das Gefühl, etwas zu verbessern und anderen zu helfen. Zudem lobt Julian sein gutes Team und das tolle Arbeitsklima.

Der zweite Gründer, Bruno Ruch, hatte ursprünglich die Idee zum Qualitätsgate. Mithilfe dieser Idee, seiner Erfahrung und seines großen Netzwerks haben sie schließlich zu dritt die Firma gegründet.

Vorher war Julian in ganz unterschiedlichen Rollen mit BIM tätig: als Manager, Koordinator und mehr. Dort stellte er bereits alle möglichen Probleme fest. Die größte Schwierigkeit war, dass bei der Umsetzung von Projekten mit BIM die Datenqualität zu wünschen übrig ließ. Mit ihrem Tool, dem Qualifier, geht Singular genau dieses Problem an. Da Julian eigene entsprechende Erfahrungen gemacht hat, steht er umso mehr hinter dem Unternehmen. In seinem alten Beruf wäre er selbst Kunde von Singular geworden.

Was genau bietet Singular an?

Hauptsächlich ist die Firma in der Softwareentwicklung tätig und bietet in kleinem Umfang auch Beratungsleistungen an. Der Qualifier ist ein webbasiertes Tool, das in jedem Browser laufen kann und wie ein 3D-Viewer aussieht. Er ist dazu konstruiert, BIM-Modelle nach gewissen Vorgaben automatisch zu prüfen. Die Auswertung zeigt dem User, ob sie z. B. bestimmten Standards oder projektspezifischen Anforderungen entsprechen. Planer haben die Möglichkeit, sich in ihren CAD-Programmen Fehler anzeigen zu lassen und die entstehenden Daten weiterzugeben. Als Zeichner oder Modellierer sieht man sofort, wie hoch der Erfüllungsgrad des Modells ist. Zudem kann sich derjenige, der mit den Daten weiterarbeitet, auf die Richtigkeit der Modelle verlassen. Diese BIM-Modelle bestehen aus IFC-Daten. Für die Zukunft ist geplant, weitere Datenformate einlesen zu können.

In den Projekten, an denen das Start-up beteiligt ist, gibt es immer einen Open BIM Prozess. Unterschiedliche CAD-Programme werden angewendet und man einigt sich in den meisten Fällen auf ein Abgabeformat von IFC. Das Unternehmen prüft jede Fachdisziplin, die im Projekt eine Rolle spielt. Der Qualifier wird aber nicht nur zur Koordinationsabstimmung unter diesen Disziplinen verwendet, sondern je nach BIM-Anwendungsfall unterschiedlich genutzt. In Wettbewerbsphasen stellen sie ihn bei einigen Projekten z. B. dem Architekten zur Seite. So kann dieser prüfen, ob er sämtliche Anforderungen an das BIM-Modell erreicht hat, und es so oft wie nötig korrigieren. Damit wird es auch ausgewertet. Nach der Abgabe stehen alle Eingaben nebeneinander und können verglichen werden.

Ein weiterer möglicher Anwendungsfall für den Qualifier ist es, in Planungsphasen sicherzustellen, dass die Kosten eingehalten werden. Dazu wird geprüft, ob korrekt modelliert wurde und die Kostenschätzung mit dem Modell möglich ist. Es gibt viele weitere Möglichkeiten der Anwendung, bis hin zum facility management.

Wie sieht es mit der Digitalisierung in Deutschland aus?

In Deutschland gibt es laut Julian bis jetzt wenig Motivation bzw. Druck, die Prozesse zu optimieren. Die Umstellung auf neue Methoden ist zudem mit viel Aufwand verbunden, der häufig nicht als lohnenswert angesehen wird. Ein weiteres Problem ist die mangelnde Standardisierung. Das perfekte CAD-Programm existiert nicht: Es gibt immer Schwierigkeiten bei der Erstellung. Zudem bräuchte man einen Konsens beim Lesen und Schreiben von IFC-Dateien. Allgemein wäre ein kompletter Standard sehr hilfreich. Bei vielen Projekten wird jedes Mal ganz neu überlegt, wie man z. B. bestimmte Attribute benennt. Teilweise ist das IFC-Schema auch noch nicht ganz verlässlich.
Für die Digitalisierung braucht es also zuerst die Standardisierung, aber bei BIM einen gemeinsamen Standard zu finden, wird noch dauern. Wahrscheinlich sollte man sich auf eine spezifische Planungsmethodik festlegen, denn sonst geht viel Zeit verloren.

Trotzdem sind in den letzten Jahren große Fortschritte erkennbar, meint Julian. Die Anzahl der BIM-Projekte ist rasant gestiegen, auch wenn nicht alles direkt perfekt funktioniert. Es ist ein iterativer Prozess.

Was trägt Singular zur Digitalisierung bei?

Julians Anliegen ist es, BIM mit seinem Unternehmen einen Schritt weiterzubringen. Singular möchte gegen das große Problem der inkorrekten Modelle angehen, mit denen keine Kosten- oder Logistikplanungen möglich sind. Das Tool soll zumindest für mehr Klarheit in der Planung sorgen. Zudem haben sie den marketplace geschaffen: Eine neue Plattform, die verschiedenen Leuten und Institutionen die Möglichkeit gibt, ihre eigenen Proof-Regeln zu erstellen und nutzbar zu machen. Es bietet sich auch an, dort zu schauen, welcher Standard am meisten genutzt wird und bei Projekten zum Einsatz kommt.

Momentan bietet Singular den Qualitätssicherungsservice an und ist bei jedem Projekt in Form eines Beratungsmandats involviert. Sie haben sich auf sehr komplexe Projekte spezialisiert. Ein zukünftiges Ziel ist es, dass die Software ganz ohne ihr Zutun läuft und dann auch skaliert werden kann. Die Komponenten ähneln dem BIM Viewer oder dem BIM Model Checker. Man kann sich das Modell genau anschauen und Prüfungen machen lassen.

Natürlich haben sich Julian und das Singular-Team auch mit der Konkurrenz und bereits existierenden Produkten befasst. Sie glauben, dass ihre neuen Ideen dabei helfen werden, die Prozesse besser abzubilden. Es gibt viele Start-ups zu diesem oder ähnlichen Themen, was für Julian jedoch eher eine Motivation als eine Abschreckung darstellt. Das bedeutet nämlich auch, dass ein großes Bedürfnis nach Produkten wie diesem vorhanden ist.

Open oder Closed BIM?

Ob Open oder Closed BIM besser geeignet ist, kommt immer auf das entsprechende Projekt an, aber grundsätzlich gefällt Julian die Vision von Open BIM sehr: Die offene, gute Kommunikation zwischen allen Beteiligten. Dennoch gibt es selbst dort noch gewisse Übersetzungsschwierigkeiten. Open BIM hat sich in anderen Branchen bereits durchgesetzt und wird es in der Baubranche auch tun, meint Julian. Nur sieht es in Zukunft sicher etwas anders aus als jetzt.

Die Zukunft in der Baubranche

Julian glaubt, dass man durch Entwicklungen wie BIM in der Planung bessere Entscheidungen bei Themen wie Nachhaltigkeit und Kosten trifft, weil man viele Aspekte vorher simuliert. Es werden immer mehr Anforderungen an neue Gebäude gestellt, in Form von Zertifikaten, Auflagen etc. Zudem steigt die Komplexität der Gebäude. Julian kann sich gut vorstellen, dass die Automatisierung von Prozessen in Zukunft noch weiter voranschreitet. Viele neue Ideen sind schon vorhanden, z. B. AI und Roboter zur Unterstützung auf der Baustelle. Jedoch setzen auch diese immer eine saubere Planung und ein gutes Modell voraus.

Besonders spannend findet Julian eine Entwicklung in den USA. Hierbei muss man nur noch Parameter in ein Programm eingeben das dann teilweise die Planung übernimmt und einen Grundriss liefert. Ein weiteres vielversprechendes Thema sieht er in der Vorfabrikation.

Nach Julians Meinung sind Bauingenieure durchaus zur weiteren Digitalisierung bereit. Seine Außenwahrnehmung ist, dass dies Ingenieuren sogar leichter fällt. Architekten finden sich hingegen oft in einer etwas merkwürdigen Rolle wieder, in der sie nicht viel selbst bestimmen können, aber für vieles zur Verantwortung gezogen werden. Sie zeichnen in einem Projekt die meisten BIM-Elemente, aber profitieren selten davon. Wenn man hingegen den BIM-Prozess wirklich in die Hand nimmt und führt, kann man sich auch mehr beteiligen, was Architekten nach Julians Meinung gut liegen könnte. Eine Alternative ist es, mehr in Richtung Entwurf und Gestaltung zu gehen.

Bei all den spannenden Trends muss die Digitalisierung jedoch immer auch im Kontext gesehen werden. Man sollte genau überlegen, was man für Prozesse braucht und wo man sie optimieren kann. Vielleicht wird sich BIM durch die neuen Anforderungen jedoch schneller durchsetzen als erwartet.

Ein Wunsch für die Baubranche und Julians Lieblingsbauwerk

Einen Wunsch zugunsten der Baubranche würde Julian darauf verwenden, dass man sich auf gewisse Standards einigt. Das hätte viele Vorteile und sowohl Softwareentwickler als auch Verbände würden davon profitieren. Gewisse Datenstandards könnten durchaus auch international sein. Für die Regionen braucht es dann unterschiedliche Übersetzungen, da in jedem Land anders gebaut wird.

Julians Lieblingsbauwerk ist übrigens die Neue Nationalgalerie in Berlin. Er kommt selbst aus der Stadt und dieses Bauwerk hat ihn schon immer fasziniert. Die ästhetische Form, die durchdachte Bauweise und hohe Handwerksleistung beeindrucken Julian sehr.



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