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18. Oktober 2016

Abschätzung des Tragverhaltens von Mauerwerk in RFEM

Um das Tragverhalten von Mauerwerk unter der Verwendung von RFEM realistisch abschätzen zu können, müssen zuerst das Material und das Materialmodell gewählt werden. Da Mauerwerk auf Zug mit Rissbildung reagiert, muss hier ein nichtlineares Materialmodell verwendet werden, welches bei Vorhandensein des Zusatzmoduls RF-MAT NL selektiert werden kann.

Material und Materialmodell

Für Mauerwerk gibt es, im Gegensatz zu den anderen Materialien wie beispielsweise Beton oder Stahl, keine voreingestellten Materialien, da für Mauerwerk eine Vielzahl von Kombinationen aus Steinen und Mörtel gewählt werden kann. Daher muss für jede Materialkombination ein neues Material angelegt werden, auf welches aber auch später immer wieder zugegriffen werden kann. Selbstverständlich können die erstellten Kombinationen auch nachträglich geändert werden, wenn das erforderlich ist.

Außer der Definition des Materials an sich mit seinen Kennwerten muss dem Material ein geeignetes Materialmodell zugewiesen werden. In diesem Fall wird das in RF-MAT NL enthaltene Materialmodell "Isotropes Mauerwerk 2D" eingestellt, um den Zugausfall und die entsprechende Rissbildung hinreichend berücksichtigen zu können. Die Grenzzugspannungen für den Zugausfall können entsprechend der Normung parallel und senkrecht zur Fuge getrennt eingestellt werden. Sollte eine Grenzzugspannung von null vorgegeben werden, wird bei der Berechnung aus Stabilitätsgründen ein Wert von 1 ∙ 10-11 N/mm² angesetzt. Aus diesem Grund können auch ohne die Angabe einer Grenzzugspannung minimale Zugspannungen auftreten.

Modellierung und Auswertung

Als Beispiel soll hier eine gedrungene aussteifende Wandscheibe nach [1] modelliert und ausgewertet werden:
Die Vertikallast wird auf die gesamte Wandlänge verteilt. Gleiches geschieht mit der Horizontallast, da sonst am Lasteinleitungspunkt durch die punktuelle Einleitung eine Singularität entstünde. Diese würde zum Ausfall des Modells führen, da in diesem Knoten die zulässigen Zugspannungen überschritten und es somit vollständig aufreißen würde.

Schon die Untersuchung der auftretenden Verformungen kann einen Anhaltspunkt zum Verlauf der Schnittgrößen und Spannungen bieten.
Die Betrachtung der Spannungen in der Wand nach der somit nichtlinearen Berechnung zeigt, dass die zulässigen Zug- und Druckspannungen eingehalten werden.

Bei Überschreitung der Grenzspannungen in der Wand beziehungsweise Versagen der Mauerwerkswand wird keine Konvergenz erreicht, wodurch eine Anpassung des Materials respektive der Abmessungen erforderlich wird. Wird zum Beispiel die Wanddicke erhöht, kann die entstehende Zugspannung auf einen größeren Bereich verteilt und somit die Tragfähigkeit der Wand verbessert werden.

Die im Text beschriebene Modellierung des Mauerwerks und die Untersuchung der Spannungen in den Flächen ersetzen natürlich keinen Nachweis der Mauerwerkswand. Es kann jedoch daraus geschlossen werden, welche Materialien und Dimensionen für die weitere Bemessung erforderlich sind.


Links
Referenzen
  1. Graubner, C.-A.; Rast, R.: Mauerwerksbau aktuell 2016. Berlin: Beuth, 2015. Seite C.45
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