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1. August 2018

Schneelast auf Pult- und Satteldächer

In Deutschland regelt die DIN EN 1991-1-3 mit dem nationalen Anhang DIN EN 1991-1-3/NA die Schneelasten. Das Normpaket gilt für Hoch- und Ingenieurbauwerke in einer Höhe bis 1.500 m über Meeresniveau.

Damit man die Schneelasten mit anderen Einwirkungen (Nutzlasten, Wind etc.) in definierten Bemessungssituationen nach der Kombinationsnorm DIN EN 1990 miteinander kombinieren kann, ist die Last entsprechend als veränderlich, ortsfest klassifiziert und als statisch wirkende Einwirkung eingestuft [1], [2]. Dabei spielt es eine Rolle, ob an dem jeweiligen Bauort übliche oder außergewöhnliche Verhältnisse herrschen. Ein übliches Verhältnis wird angenommen, wenn an dem Ort das Auftreten von außergewöhnlichen Schneefällen unwahrscheinlich ist. In diesem Fall ist die Last für die ständige/vorübergehende Bemessungssituation zu ermitteln. Ein außergewöhnliches Verhältnis wird angenommen, wenn an dem Ort außergewöhnliche Schneelastfälle auftreten. Im norddeutschen Tiefland wurden in seltenen Fällen Schneelasten bis zum mehrfachen der rechnerischen Werte gemessen. In diesem Fall ist die Last für die ständig/vorübergehende und außergewöhnliche Bemessungssituation zu ermitteln. Schneeverwehungen sind nach dem nationalen Anhang keine außergewöhnlichen Einwirkungen.

[3]Übliche VerhältnisseAußergewöhnliche Verhältnisse
FallFall A
DIN EN 1991-1-3 3.2(1)
B1
DIN EN 1991-1-3 3.3(1)
BeschreibungKeine außergewöhnlichen Schneefälle
Keine außergewöhnliche Verwehung
Außergewöhnliche Schneefälle
Keine außergewöhnliche Verwehung
Bemessungs-
situation 1
Ständige/vorübergehendeStändige/vorübergehende
Schneelast s auf dem DachUnverweht: Unverweht:
Verweht: Verweht:
Bemessungs-
situation 2
-Außergewöhnliche (wenn Schnee die außergewöhnliche Einwirkung ist)
Schneelast s auf dem Dach-Unverweht:
mit
Verweht:
mit
= Formbeiwert für Schneelasten
= Umgebungskoeffizient (gemäß NA ist anzusetzen)
= Temperaturbeiwert (gemäß NA ist anzusetzen)
= Charakteristischer Wert der Schneelast auf dem Boden
= Bemessungswert für außergewöhnliche Schneelasten am Boden
= Beiwert für außergewöhnliche Schneelasten (gemäß [5] ist im norddeutschen Tiefland)

Charakteristischer Wert der Schneelast auf dem Boden

"Der charakteristische Wert der Schneelast auf dem Boden ist ein 98-%-Fraktilwert mit einer jährlichen Überschreitungswahrscheinlichkeit von 0,02 und einer Wiederkehrperiode von 50 Jahren." [3] Dieser Wert wird im nationalen Anhang für Deutschland definiert und berechnet sich abhängig von der Schneelastzone und Höhe über Meeresniveau. Der nationale Anhang [2] zeigt in Bild NA.1 eine Deutschlandkarte mit Zoneneintragungen. Die exakte Schneelastzonenzuordnung der Verwaltungseinheiten, insbesondere im Bereich der Zonengrenzen, ist bei den zuständigen Behörden zu erfragen [5]. Das Deutsche Institut für Bautechnik DIBt veröffentlicht zu diesem Thema auf seiner Website eine Tabelle "Zuordnung der Schneelastzonen nach Verwaltungsgrenzen" je Bundesland. Weiter gibt diese Tabelle zusätzlich für jedes Verwaltungsgebiet die Zuordnung zur norddeutschen Tiefebene bezüglich der Umsetzung der außergewöhnlichen Bemessungssituation mit an.

Zone [2], [4]Charakteristischer Wert der Schneelast auf dem Boden in kN/m²
1
1a
2
2a
31)
3a und > 3a2)
A = Geländehöhe über dem Meeresboden in m
1) In Zone 3 können für bestimmte Lagen (zum Beispiel Oberharz, Hochlagen des Fichtelgebirges, Reit im Winkl, Obernach/Walchensee) höhere Werte als nach der oben angegebenen Gleichung maßgebend sein. Angaben über die Schneelast in diesen Regionen sind bei den zuständigen Stellen einzuholen.
2) Neue Zonen 3a und > 3a auf Basis von [4] laut Mitteilung der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern vom 19.01.2018

Ermittlung mit dem Dlubal-Online-Dienst

Der Dlubal-Online-Dienst Schneelastzonen, Windzonen und Erdbebenzonen vereint die Normung mit der digitalen Technik des Internets. Der Service legt abhängig von der gewählten Lastart (Schnee, Wind, Erdbeben) und der landesspezifischen Normung die jeweilige Zonenkarte über die digitale Google-Maps-Landkarte. Über die Suche kann der Anwender mit Angabe der Bauortadresse, der Geokoordinaten oder der örtlichen Gegebenheiten einen Marker auf den geplanten Bauort setzen. Die Anwendung ermittelt dann über die exakte Höhe über Meeresniveau und die gegebenen Zonendaten die charakteristische Last beziehungsweise Beschleunigung an dieser Stelle. Kann der neue Bauort noch nicht über eine eindeutige Adresse definiert werden, kann die Karte vergrößert und der Fokus an den richtigen Bauort verschoben werden. Die Berechnung passt sich mit Absetzung des Markers an die neue Höhenlage an und gibt die aktuellen Lasten aus.

Zu finden ist der Online-Dienst auf der Dlubal-Website unter Lösungen → Online-Dienste.

Mit Vorgabe der Parameter...

1. Lastart = Schnee
2. Norm = EN 1991-1-3
3. Anhang = Deutschland | DIN EN 1991-1-3
4. Adresse = Zellweg 2, Tiefenbach

...erhält man für die ausgewählte Stelle:

5. Die Schneelastzone
6. Gegebenenfalls Zusatzhinweise
7. Den charakteristischen Wert der Schneelast

Wählt man eine Stelle in der norddeutschen Tiefebene, gibt der Online-Dienst bei 6. den Hinweis "Norddeutsches Tiefland". Dann ist die errechnete Last zusätzlich als außergewöhnliche Schneeeinwirkung in der außergewöhnlichen Bemessungssituation zu berücksichtigen.

Formbeiwert von ausgewählten Dächern

Schnee kann auf dem Dach in vielen unterschiedlichen Lastverteilungen auftreten [1]. Unter anderem ist die Schneelast abhängig von der Form des Daches, den wärmedämmenden Eigenschaften, der Oberflächenrauheit, dem Wärmestau unter dem Dach, der benachbarten Bebauung, dem umgebenden Gelände und natürlich dem örtlichen Klima. Im Wesentlichen muss daher in der Bemessung eine unverwehte und verwehte Verteilung der Schneelast berücksichtigt werden. Die anzusetzende Schneelast wirkt lotrecht und bezieht sich auf die horizontale Projektion der Dachfläche.

Der Formbeiwert

hängt grundsätzlich von der Neigung der betrachteten Dachfläche ab.

FormbeiwertDachneigung in
0,8 0
Die Formbeiwerte gelten, wenn der Schnee ungehindert vom Dach abrutschen kann. Wird das Abrutschen zum Beispiel durch ein Schneefanggitter, Attika etc. behindert, ist der Formbeiwert 0,8 anzusetzen.

Für Flach- und Pultdächer ist ohne und mit Verwehung eine gleichmäßig verteilte Schneelast anzusetzen.

Für Satteldächer sind drei Lastanordnungen zu untersuchen. Der Fall a) stellt die Verteilung ohne Windeinfluss dar. Die Fälle b) und c) zeigen die Verteilung mit Verwehungs- und Abtaueinflüssen. Diese beiden Zusatzverteilungen sind meist bei Tragwerken maßgebend, die bei ungleich verteilten Lasten sensibel reagieren.


Autor

Herr Niemeier ist für die Entwicklung von RSTAB, RFEM, RWIND Simulation und den Bereich Membranbau zuständig. Zudem beschäftigt er sich mit Qualitätssicherung und Kundensupport.

Links
Referenzen
  1. Eurocode 1: Einwirkungen auf Tragwerke - Teil 1-3: Allgemeine Einwirkungen, Schneelasten; EN 1991-1-3:2003 + AC:2009
  2. Nationaler Anhang - National festgelegte Parameter - Eurocode 1: Einwirkungen auf Tragwerke - Teil 1-3: Allgemeine Einwirkungen - Schneelasten; DIN EN 1991-1-3/NA:2010-12
  3. Albert, A.: Schneider - Bautabellen für Ingenieure mit Berechnungshinweisen und Beispielen, 23. Auflage. Köln: Bundesanzeiger, 2018
  4. Wichura, B.; Hoffmann, K.: Flächenhafte Analyse von Schneelastmesswerten in fünf Landkreisen und ihr Vergleich mit den Schneelastzonendaten der DIN 1055-5:2005 als Pilotuntersuchung für die Überarbeitung der Schneelastzonenkarte. Stuttgart: Fraunhofer IRB, 2017
  5. Deutsches Institut für Bautechnik: Zuordnung der Schneelastzonen nach Verwaltungsgrenzen. Berlin: Deutsches Institut für Bautechnik, 2018