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5. November 2021

Biegedrillknicknachweise mit dem neuen Add-On Wölbkrafttorsion (7 Freiheitsgrade) für RFEM 6 / RSTAB 9

In diesem Fachbeitrag werden einige Grundlagen zur Nutzung des Add-Ons Wölbkrafttorsion (7 Freiheitsgrade) vorgestellt. Dieses ist vollständig in das Hauptprogramm integriert und ermöglicht die Berücksichtigung der Querschnittsverwölbung bei der Berechnung von Stabelementen. Im Zusammenspiel mit den Add-Ons Stabilitätsanalyse und Stahlbemessung ist ein Biegedrillknicknachweis mit Schnittgrößen nach Theorie II. Ordnung unter Berücksichtigung von Imperfektionen möglich.

Aktivierung der Add-Ons

Das Add-On Wölbkrafttorsion (7 Freiheitsgrade) wird in den Basisangaben des Modells aktiviert. Um auch den Verzweigungslastfaktor für Biegedrillknicken zu berechnen und die Eigenform als Ausgangsform der Imperfektion anzusetzen, muss ebenso das Add-On Strukturstabilität aktiviert werden. Zum Nachweis des Stahlträgers nach EN 1993-1-1 wird das Add-On Stahlbemessung aktiviert.

Randbedingungen für die Berechnung mit Wölbkrafttorsion

Das Add-On erweitert die Berechnung von Stabelementen um den 7. Freiheitsgrad. Hierbei handelt es sich nicht um eine separate Berechnung durch ‚Herauslösen‘ einzelner Stäbe, sondern es erfolgt eine Berechnung am Gesamtmodell. Die Steifigkeit angrenzender Stäbe oder definierte Lagerungsbedingungen werden somit direkt berücksichtigt. Da die Verwölbung als lokale Stabschnittgröße betrachtet wird, sind keine weiteren globalen Lagerbedingungen für die Verwölbung zu definieren.

Um für einen Stab eine Wölbsteife oder eine Wölbeinspannung zu berücksichtigen, stehen Ihnen die Stabquersteifen zur Verfügung. Hierbei können Sie beispielsweise Stirnplattenabmessungen definieren und die Umrechnung in eine Wölbfeder erfolgt automatisch.

Standardmäßig wird die Verwölbung an jedem Stabende als unbehindert angenommen und nicht zwischen angrenzenden Stäben übertragen. Um die Verwölbung zwischen 2 Stäben als kontinuierlich zu betrachten kann ein Stabsatz erzeugt werden.

Lastangriffspunkt

Bei der Berechnung mit 7 Freiheitsgraden werden definierte Stablasten im Schwerpunkt des Querschnitts angenommen. Um den Lastangriffspunkt zu verändern, können Sie den Lasten im Bearbeitungsdialog eine Exzentrizität zuweisen. Ebenso werden die Verbindungen zu angrenzenden Stäben oder Knotenlager im Schwerpunkt angenommen. Nutzen Sie Stabexzentrizitäten oder Starrstäbe als Modellierungshilfe, um exzentrische Verbindungen zu definieren.

Stabilitätsanalyse

Durch Aktivieren der Option ‚Stabilitätsanalyse durchführen‘ in einem Lastfall kann die Struktur unter der Belastung des Lastfalls auf Stabilität untersucht werden. Die Eigenwertanalyse unter Berücksichtigung des 7. Freiheitsgrades kann neben den Versagensformen für Biegeknicken auch die Versagensformen Drillknicken und Biegedrillknicken erkennen und den Verzweigungslastfaktor berechnen. In den Ergebnissen der Stabilitätsanalyse können die Eigenform und die Verzweigungslastfaktoren ausgegeben werden.

Ansatz von Imperfektionen aus skalierter Eigenform

Die für den Biegedrillknicknachweis erforderlichen Imperfektionen können über eine Skalierung der Eigenform erzeugt werden. Legen Sie hierzu einen Imperfektionsfall vom Typ ‚Knickfigur‘ an und wählen Sie die entsprechende Eigenform als Ausgangsform. Mit Vorgabe der Imperfektionsrichtung und dem Stichmaß entsprechend der Norm wird die Vorkrümmung über eine Vorverformung des FE-Netzes generiert.

Die Imperfektion kann nun in einer Lastkombination bei der Schnittgrößenermittlung berücksichtigt werden. Da insbesondere bei Belastungen nahe der Verzweigungslast in Kombination mit Imperfektionen auch große Verformungswerte auftreten, empfiehlt sich zur exakten Ermittlung der Schnittgrößen eine Berechnung nach Theorie III. Ordnung.

Stahlbemessung

In der Stahlbemessung werden die Schnittgrößen aus der Berechnung mit Wölbkrafttorsion bei der Bemessung nach EN 1993-1-1 berücksichtigt. Sind diese Anteile an einer Stelle größer als die in der Tragfähigkeitskonfiguration eingestellten Grenzwerte, so wird ein Vergleichsspannungsnachweis geführt (gegebenenfalls unter Berücksichtigung effektiver Querschnittswerte). Da es sich im Beispiel um einen Stabilitätsnachweis handelt, muss beim Nachweis der Teilsicherheitsbeiwert γM1 genutzt werden. Nehmen Sie diese Einstellung in der Tragfähigkeitskonfiguration vor. Weitere Stabilitätsnachweise können deaktiviert werden.

Alternativ kann für den einfachen Vergleichsspannungsnachweis auch das Add-On Spannungs-Dehnungs-Analyse genutzt werden. Eine plastische Bemessung mit Schnittgrößen aus der Berechnung mit Wölbkrafttorsion ist aktuell nicht möglich.