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20. Januar 2025

Strukturstabilität: Beulfigur eines Kragarms

Das Add-On Strukturstabilität ist ein nützliches Tool zur Analyse knick- oder beulgefährdeter Bauteile. Am Beispiel eines gevouteten Kragarms wird die Bestimmung der Versagensform und der Verzweigungslast gezeigt.

Für das Beispiel erstellen wir das Modell eines Kragarms (Stahl S235, isotrop, linear elastisch) mit T-förmigem Querschnitt und linear veränderlicher Querschnittshöhe.

Die geometrischen Daten des Bauteils lauten:

Länge Kragarm l 2800 mm
Höhe Querschnitt h0 800 mm
Höhe Querschnitt hl 200 mm
Breite Flansch b 200 mm
Dicke Flansch tf 20 mm
Dicke Steg tw 10 mm

Die Lagerbedingungen und Belastungen werden zugewiesen:

  • starre Einspannung von Flansch und Steg (translatorisch und rotatorisch) an der eingespannten Seite
  • Fixierung quer zur Längsachse (translatorisch in Y-Richtung) am freien Ende
  • Belastung mit einer konstanten Linienlast von 1,0 kN/m

Tipp

Zur Vereinfachung werden der Kombinationsassistent sowie der Lastassistent in den Modell-Basisangaben deaktiviert. Es wird lediglich ein Lastfall ohne Berücksichtigung des Eigengewichts und ohne Sicherheitsbeiwerte betrachtet.

Für den Lastfall wird das Add-On Strukturstabilität aktiviert und mit folgenden Parametern eingestellt:

Typ der Stabilitätsanalyse Eigenwertmethode (linear)
Anzahl der kleinsten Eigenwerte 3
Eigenwertmethode Lanczos

Zur Vernetzung des Modells werden folgende Netz-Einstellungen getroffen:

angestrebte Länge der finiten Elemente 40 mm
unabhängiges Netz bevorzugen ja

Die Randbedingungen der Modellierung im Überblick; bitte klicken Sie die Bildstrecke an:

Nach der Berechnung wählen wir im Ergebnis-Navigator oder in den Tabellen die Kategorie 'Stabilitätsanalyse' aus. Für den ersten, kleinsten Eigenwert erhalten wir einen Verzweigungslastfaktor f von 41,427. Daraus berechnen wir die kritische Last:

qcr = 1,0 kN/m ⋅ f ≃ 41,4 kN/m

Die zugehörige Versagensform stellt sich folgendermaßen dar:

Info

In [1] wird dieselbe Versagensform bei einer kritischen Last qcr von 43,6 kN/m ermittelt. Die Ergebnisse zeigen eine gute Übereinstimmung.

Exkurs: Modellierung des Kragsarms als Stab

« Warum modellieren wir den Kragarm aus Flächenelementen; wäre es nicht einfacher, einen Stab zu betrachten? »

Zur Beantwortung der Frage erstellen wir ein neues Modell und modellieren den Kragarm als Stab mit den zuvor genannten Randbedingungen; lediglich die Größe der finiten Elemente passen wir an: über die Länge l = 2800 mm möchten wir 20 finite Elemente erzeugen. Dazu bearbeiten wir die Netz-Einstellungen oder weisen eine Liniennetzverdichtung (angestrebte FE-Länge LFE = 140 mm) zu.

Die Randbedingungen als Bildstrecke:

Die Ergebnisse der Stabilitätsanalyse sprechen für sich: der große Verzweigungslastfaktor f von ≃ 77323 und die Versagensformen bilden das lokale Knick- und Beulverhalten des Kragarms nicht realitätsnah ab.

Für die Berechnung der Gleichgewichtsbedingungen (statische Analyse) ist die Modellierung des Kragarms als Stab allerdings hinreichend genau: die maximale Verschiebung am freien Ende des Kragarms beträgt bei beiden Modellen 0,1 mm.


Autor

Herr Omieczynski erstellt und pflegt die technische Redaktion

Referenzen
  1. Manfred Fischer and M. Smida. Dimensionierung und Nachweis von gevouteten Kragträgern mit T-förmigem Querschnitt. Ernst & Sohn, Berlin, 70, 2001.


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