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21. Januar 2021

Berücksichtigung des Nettoquerschnitts bei Zugbeanspruchung nach EN 1993-1-1

Beim Anschluss zugbeanspruchter Bauteile mit Schraubverbindungen muss die Querschnittsschwächung durch die Schraubenlöcher beim Tragfähigkeitsnachweis berücksichtigt werden. Im folgenden Beitrag wird beschrieben, wie der Nachweis der Zugtragfähigkeit nach DIN EN 1993-1-1 mit der Nettoquerschnittsfläche des Zugstabes im Zusatzmodul RF-/STAHL EC3 geführt werden kann.

Nachweis der Zugtragfähigkeit nach EN 1993-1-1

Die Zugtragfähigkeit eines durch Löcher geschwächten Querschnittes ergibt sich nach DIN EN 1993-1-1, Kapitel 6.2.3 (2) aus dem Minimum der folgenden Bemessungswerte:

Die Nettoquerschnittsfläche ist aus der Bruttoquerschnittsfläche unter Abzug aller Öffnungen und Löcher für Verbindungsmittel zu bestimmen. Je nach Anordnung der Schraubenlöcher wird die anzusetzende Lochabzugsfläche der kritischen Risslinie angepasst.

Eingabe in RF-/STAHL EC3

Standardmäßig wird der Nachweis der Zugtragfähigkeit im Zusatzmodul nur unter Berücksichtigung der plastischen Zugbeanspruchbarkeit des Bruttoquerschnitts geführt (Formel 1). Der Nachweis nach Formel 2 kann aktiviert werden, indem für die Stäben in der Eingabemaske ‚Parameter Stäbe‘ die Option ‚Nettoquerschnittsfläche‘ ausgewählt wird. Hier ist die Eingabe einer Nettoquerschnittsfläche Anet für Stabanfang ( x = 0 ) und Stabende ( x = l ) möglich. Um die gleiche Nettoquerschnittsfläche für mehrere Stäbe gleichzeitig einzugeben, empfiehlt sich die Nutzung der Funktion ‚Eingabe setzen für Stäbe Nr.‘.

Anschließend werden beide Bemessungswerte der Zugtragfähigkeit berechnet und der Nachweis wird entsprechend DIN EN 1993-1-1 mit dem minimalen Wert geführt.

Modifikation zum Nachweis einseitig angeschlossener Winkelprofile

Für unsymmetrisch angeschlossene Bauteile, wie zum Beispiel einseitig an einem Schenkel angeschlossene Winkelprofile, gibt die DIEN EN 1993-1-8 zusätzliche Regelungen vor. Demnach darf der einseitig angeschlossene Winkel für Zugbeanspruchung wie ein zentrisch belasteter Winkel bemessen werden, wenn die Tragfähigkeit mit einem effektivem Nettoquerschnitt ermittelt wird.

Der effektive Nettoquerschnitt kann über Modifikationsfaktoren in Abhängigkeit der Schraubenanzahl und der Lochabstände ermittelt werden. Ein zusätzlicher Abminderungsfaktor von 0,9 wie in Gleichung 1 für den Nachweis mit dem Nettoquerschnitt ist nicht mehr erforderlich. Die Eingabemaske in RF-/STAHL EC3 erlaubt zwar keine direkte Eingabe des effektiven Nettoquerschnitts, über eine einfache Umrechnung kann die einzugebende Nettoquerschnittsfläche jedoch an den Nachweis im Zusatzmodul angepasst werden.

Nachweis mit effektivem Nettoquerschnitt im Modul

Beispiel

Als Auskreuzungen in Y-Richtung wurden Flachstähle 60 x 8 mm gewählt. Die Nettofläche ergibt sich für die Befestigung mit einer Schraube M20 in der kritischen Risslinie zu

Anet = 4,8 cm2 - 2,2 cm  ⋅ 0,8 cm = 3,04 cm2

Für den Werkstoff S235 ergeben sich somit die folgenden Bemessungstragfähigkeiten:

Npl,Rd = ( 4,8 cm² ⋅ 23,5 kN/cm² ) / 1,0 = 112,8 kN

Nu,Rd = ( 0,9 ⋅ 3,04 cm² ⋅ 36 kN/cm² ) / 1,25 = 78,8 kN

Für die Auskreuzung in X-Richtung wurden gleichschenklige Winkelprofile L 75 x 8 in S355 gewählt. Der Anschluss soll an einem Winkelschenkel mit 2 hintereinander liegenden Schrauben M20 realisiert werden. Die Abmessungen werden wie folgt gewählt:

e1 = 40 mm

p1 = 60 mm

e2 = 30 mm

Die effektive Nettoquerschnittsfläche für diese Anschlusssituation ergibt sich mit dem Faktor β2 nach EN 1993-1-8 zu

β2 = 0,44

Anet,eff = β2 ⋅ Anet = 0,44 ⋅ ( 11,4 cm² - 2,2 cm ⋅  0,8 cm ) = 4,21 cm²

Für den Werkstoff S355 ergeben sich somit die folgenden Bemessungstragfähigkeiten:

Npl,Rd = ( 11,4 cm² ⋅ 35,5 kN/cm² ) / 1,0 = 404,7 kN

Nu,Rd = ( 4,21 cm² ⋅ 49 kN/cm² ) / 1,25 = 164,9 kN

Die Eingabe in RF-STAHL EC3 erfolgt mit der Ersatznettoquerschnittsfläche:

Anet* = 4,21 cm² / 0,9 = 4,67 cm²



Autor

Herr Metzkes beschäftigt sich mit der Entwicklung im Bereich Stahlbau und den Anwenderanfragen im Kundensupport.

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