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2. Oktober 2019

Geschossweise Ermittlung der Erdbebenlasten mittels Knotenkopplungen

Bei der Ein- und Weiterleitung von horizontalen Lasten wie Wind- oder Erdbebenlasten kommt es in 3D-Modellen immer öfter zu Schwierigkeiten. Um solche Probleme zu umgehen, fordern einige Normen (zum Beispiel ASCE 7, NBC) die Vereinfachung des Modells mithilfe von Ebenen, welche die horizontalen Lasten auf die lastabtragenden Bauteile verteilen, aber selbst keine Biegung aufnehmen können (engl. "Diaphragm").

In diesem Beitrag geht es um die Verwendung von horizontalen starren Ebenen, welche hauptsächlich im Falle von Betondeckenplatten zum Einsatz kommen. Diese Art der Modellierung bietet einige Vorteile. So ist die Berechnungsgeschwindigkeit deutlich besser, da die Massen jedes Geschosses in einem Punkt konzentriert werden. Die Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse ist gewährleistet und zudem können die Ergebnisse geschossweise ausgewertet werden und sind somit übersichtlicher zu dokumentieren.

In RFEM stehen dafür die Knotenkopplungen zur Verfügung. Diese setzen die Verschiebungen und Verdrehungen zwischen zwei oder mehreren Knoten in Beziehung. Im Downloadbereich dieses Beitrages findet sich ein Dokument zur näheren Beschreibung dieser Option.

In diesem Beitrag wird die Verwendung von starren Ebenen in RFEM an einem Beispiel erläutert. Das Gebäude stellt einen 4-geschossigen Hochbau dar, welcher im Aufriss regelmäßig ist, im Grundriss jedoch nicht. Die Wände sind gelenkig an die Decken angeschlossen.

Modellierung der starren Ebene in RFEM

Die Massen jedes einzelnen Geschosses werden in seinem Schwerpunkt konzentriert. Um diesen zu ermitteln, eignet sich die Funktion "Schwerpunkt und Infos…", welche nach Selektion aller im Geschoss befindlichen Objekte über das Kontextmenü aufgerufen werden kann. Mithilfe dieser Option kann zum einen ein Knoten in den Schwerpunkt des Geschosses generiert werden. Zum anderen kann gleichzeitig die Masse des Geschosses ermittelt werden. Diese Massen sind in nachfolgender Tabelle gelistet. Die generierten Knoten für jedes Geschoss müssen im Anschluss in die Ebene der Decken verschoben werden (Änderung der Z-Koordinate).

In diesem Beispiel wurden zusätzliche ständige Lasten, Nutzlasten und Schneelasten auf den Flächen definiert. Um diese später auch berücksichtigen zu können, müssen diese in eine Gesamtmasse pro Geschoss umgerechnet werden.

 OG 3OG 2OG 1EGSumme
Eigengewicht97.631,3 kg97.006,3 kg97.006,3 kg97.006,3 kg388.650,2 kg
Ausbaulasten18.900,0 kg18.700,0 kg18.700,0 kg18.700,0 kg75.000,0 kg
Nutzlasten47.250,0 kg46.750,0 kg46.750,0 kg46.750,0 kg187.500,0 kg
Schneelasten14.175,0 kg   14.175,0 kg

Wenn alle Massen dokumentiert sind, können die Deckenplatten (inklusive aller Öffnungen und Liniengelenken) gelöscht und mit Knotenkopplungen ersetzt werden. Dabei empfiehlt sich, die Anschlusslinien der Wände durch Knoten zu unterteilen, damit der Anschluss realitätsnäher modelliert werden kann. In diesem Beispiel wurde dafür der Abstand eines Finiten Elements gewählt. Die Eingabe der Knotenkopplung wird in Bild 02 gezeigt. Als Typ wird "Ebene" gewählt. Es ist darauf zu achten, dass auch der Schwerpunkt jedes Geschosses mit gewählt wird.

Um später die Ergebnisse an den Knoten der Schwerpunkte auswerten zu können, werden Kopplungsstäbe (Gelenk-Gelenk), jeweils vom Schwerpunkt eines Geschosses senkrecht nach unten, definiert.

Wenn die Knotenkopplungen definiert sind, können die Massen im Zusatzmodul RF-DYNAM Pro eingegeben werden. Dazu werden drei Massenfälle erstellt, in denen ausschließlich manuell definierte Knotenmassen eingegeben werden (Massen wie in der Tabelle gelistet). Die Massen werden an dem Massenschwerpunkt jedes Geschosses angesetzt.

Im Folgenden wird das Antwortspektrenverfahren mit Generierung von Ersatzlasten verwendet. Die Eigenschwingungsanalyse wird mit acht Eigenwerten für die X- und die Y-Richtung durchgeführt. Mit diesen Einstellungen werden alle verfügbaren Eigenformen berechnet, welche auch alle für das Antwortspektrenverfahren verwendet werden. Somit erhält man einen effektiven Modalmassenfaktor von 1,0 in beide Richtungen.

Ergebnisauswertung und Vergleich mit der konventionellen Modellierung

Die ersten beiden Eigenformen sind in den beiden betrachteten Modellen bezüglich ihrer Richtung identisch und unterscheiden sich auch in den Eigenfrequenzen nur wenig. In Bild 03 ist links das konventionelle Modell mit Deckenplatten und rechts das Modell mit den Knotenkopplungen abgebildet. Es wird die erste Eigenform gezeigt.

Zur Auswertung der Ergebnisse des Antwortspektrenverfahrens eignet sich die Modellierung eines Ergebnisstabes, wie es in diesem Beitrag erklärt wird. Die Ergebnisse sind in der folgenden Tabelle gelistet. Es wird beispielhaft nur die X-Richtung aufgeführt (Ergebniskombination: Ergebnisumhüllende X).

 Modell mit DeckenplattenModell mit KnotenkopplungenAbweichung
Eigenfrequenz (Mode 1)3,721 Hz3,478 Hz6,5 %
Eigenfrequenz (Mode 2)5,688 Hz5,472 Hz3,8 %
Horizontalschub OG 3 (Vz)138,8 kN178,4 kN-28,5 %
Horizontalschub OG 2 (Vz)90,3 kN104,0 kN-15,2 %
Horizontalschub OG 1 (Vz)56,9 kN62,0 kN-9,0 %
Horizontalschub EG (Vz)28,9 kN25,4 kN12,1 %
Geschossverschiebung OG 3 (in X-Richtung)0,9 mm1,1 mm-22,2 %

Die Ergebnisse weichen etwas voneinander ab, wobei das Modell mit den Knotenkopplungen vor allem im obersten Geschoss größere Kräfte beziehungsweise Verformungen liefert, dafür jedoch im untersten etwas kleinere.

Diese Modellierung stellt eine Vereinfachung des Gesamtsystems dar und hat Vorteile bezüglich der Performance, der weiteren Bearbeitung und der Nachvollziehbarkeit. Für die meisten Erdbebenanalysen ist diese Methode sehr gut geeignet und stellt eine Alternative zum herkömmlichen Verfahren dar.


Autor

Frau Effler betreut die Entwicklung im Bereich Dynamik und unterstützt unsere Anwender im Kundensupport.

Links
Referenzen
  1. Handbuch RFEM, Dlubal Software. Tiefenbach, März 2020.
  2. Handbuch RF-DYNAM Pro. Tiefenbach: Dlubal Software, Januar 2020.
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