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24. Februar 2023

Add-On Nichtlineares Materialverhalten in RFEM 6

Das Add-On Nichtlineares Materialverhalten ermöglicht die Berücksichtigung von Materialnichtlinearität in RFEM 6. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die verfügbaren nichtlinearen Materialmodelle, die nach Aktivierung des Add-Ons in den Basisangaben des Modells zur Verfügung stehen.

Das Add-On Nichtlineares Materialverhalten ermöglicht die Berücksichtigung von Materialnichtlinearitäten in RFEM 6. Sie können dieses Add-On in den Basisangaben des Modells, wie in Bild 1 gezeigt, aktivieren.

Sobald das Analyse-Add-On für Nichtlineares Materialverhalten aktiviert ist, stehen zusätzlich zu den Materialmodellen "Isotrop | Linear elastisch" und "Orthotrop | Linear elastisch" weitere Optionen in der Liste zur Auswahl (Bild 2). Sie können damit zwischen folgenden Materialmodellen wählen:

  • Isotrop | Plastisch (Stäbe)
  • Isotrop | Plastisch (Flächen/Volumenkörper)
  • Isotrop | Nichtlinear elastisch (Stäbe)
  • Isotrop | Nichtlinear elastisch (Flächen/Volumenkörper)
  • Isotrop | Beschädigung (Flächen/Volumenkörper)
  • Orthotrop | Plastisch (Flächen)
  • Orthotrop | Plastisch (Volumenkörper)

Materialmodell zu Isotrop | Plastisch (Stäbe)

Wenn Sie in der Dropdown-Liste "Materialmodell" einen der obigen Einträge auswählen, steht ein neues Register zur Eingabe der Materialparameter zur Verfügung. Wenn Sie also das Materialmodell "Isotrop | Plastisch (Stäbe)" auswählen, erscheint das zugehörige Register wie in Bild 3 gezeigt.

Zunächst haben Sie die Möglichkeit, folgende Optionen für den Diagrammtyp auszuwählen:

  • Standard
  • Bilinear
  • Spannungs-Dehnungs-Diagramm

Bei der ersten Option (also "Standard") verwendet das Programm beim Elastizitätsmodul E und bei der Streckgrenze fy Werte aus der Materialdatenbank. Bitte beachten Sie, dass es sich auch um ein bilineares Materialmodell handelt, bei dem der Ast des Funktionsgraphen aus numerischen Gründen nicht exakt horizontal verläuft und eine kleine Ep-Steigung aufweist. Ist das Diagramm dagegen bilinear definiert (also mit der Option "Bilinear"), kann man den Wert von Ep selbst im Programm eingeben.

Die dritte verfügbare Option (das "Spannungs-Dehnungs-Diagramm") ermöglicht es, komplexere Beziehungen zwischen Spannung und Dehnung festzulegen. Bitte beachten Sie, dass sich das Spannungs-Dehnungs-Diagramm bei diesem Materialmodell auf die Längsspannung σx bezieht. Unterschiedliche Elastizitätsgrenzen für Zug und Druck können bei dieser Option nicht berücksichtigt werden.

Materialmodell zu Isotrop | Pastisch (Flächen/Volumenkörper)

Das isotrop plastische Materialmodell steht auch für Flächen und Volumen zur Verfügung. In gleicher Weise wie beim Modell "Isotrop | Plastisch (Stäbe)" erscheint das zugehörige Register des Modells "Isotrop | Plastisch (Flächen/Volumenkörper)" bei Auswahl in der Dropdownliste. Neben den Optionen zur Definition des Diagrammtyps (wie bei "Isotrop | Plastisch (Stäbe)") muss die "Spannungsversagenshypothese" ausgewählt werden (Bild 4).

In der Dropdownliste stehen folgende Spannungsversagenshypothesen zur Auswahl:

  • von Mises
  • Tresca
  • Drucker-Prager
  • Mohr-Coulomb

Bei der Fließspannungsregel nach von Mises befindet sich das Fließkriterium als Kreiszylinder mit hydrostatischer Achse im Hauptspannungsraum. Alle Spannungszustände in diesem Raum sind rein elastisch. Spannungszustände außerhalb dieses Raumes sind nicht zulässig. Bei der Fließspannungsregel von Tresca entsteht die Plastifikation aufgrund der maximalen Schubspannung.

Als Erweiterung dieser Fließkriterien gibt es die Fließregeln nach Drucker-Prager und Mohr-Coulomb, bei denen eine Plastifizierung auftritt, wenn die maximale Schubspannung lokal überschritten wird. Bei ersterem liegt eine Fläche mit glatter Umrandung im Hauptspannungsraum vor, bei letzterem eine Fläche mit eckiger Umrandung (Bild 5).

Materialmodell zu Isotrop | Nichtlinear elastisch (Stäbe)

Das Register zum Einstellen der Parameter bei "Isotrop | Nichtlinear elastisch (Stäbe)" ist dem des Materialmodells "Isotrop | Plastisch (Stäbe)" sehr ähnlich (Bild 6). Tatsächlich entsprechen diese Modelle einander. Der Unterschied besteht in der generellen Unterscheidung zwischen den nichtlinear elastischen Materialmodellen einerseits und den plastischen andererseits.

Wird ein Bauteil mit nichtlinear elastischem Material nämlich wieder entlastet, geht die Dehnung entlang des gleichen Weges zurück und es liegt keine Dehnung mehr vor, wenn das Bauteil vollständig entlastet ist. Bei plastischen Materialien hingegen bleibt die Dehnung auch nach vollständiger Entlastung bestehen. Dies ist in Bild 7 grafisch dargestellt.

Materialmodell zu Isotrop | Nichtlinear elastisch (Flächen/Volumenkörper)

Das gleiche gilt für die Korrespondenz zwischen den Materialmodellen zu "Isotrop | Plastisch (Flächen/Volumenkörper)" und "Isotrop | Nichtlinear elastisch (Flächen/Volumenkörper)". Die Eigenschaften des Modells sollten in gleicher Weise festgelegt werden (Bild 8), mit dem Unterschied, dass nach der Entlastung keine plastische Verformung verbleibt.

Materialmodell zu Isotrop | Beschädigung (Flächen/Volumenkörper)

Die eingangs erwähnten Fließgesetze beschränken sich auf die Fließfläche im Hauptspannungsraum und deren Fließspannungsregeln können nur für rein elastisch-plastisches Materialverhalten gelten. Viele Materialien besitzen aber kein rein symmetrisches nichtlineares Materialverhalten. Um das Verhalten von Materialien zu simulieren, die einem durch Risse verursachten Schädigungsprozess ausgesetzt sind, wird ein geeigneteres Materialmodell benötigt. Ein solches Material ist Beton, der eine deutlich höhere Druckfestigkeit als Zugfestigkeit aufweist.

Durch Risse, die im Zugbereich des Materials auftreten, wird die Steifigkeit des Systems verringert. Bei bewehrtem Beton oder Stahlfaserbeton nimmt in diesem Fall die Bewehrung die Zugspannungen auf.

Um das Verhalten solcher Materialien (z. B. Stahlfaserbeton) zu simulieren, gibt es in RFEM 6 das Materialmodell "Isotrop | Beschädigung (Flächen/Volumenkörper)". Wenn Sie dieses Materialmodell wählen, steht Ihnen das in Bild 9 gezeigte Register zur Verfügung, um die Parameter des Modells festzulegen.

Im Gegensatz zu anderen Materialmodellen ist das Spannungs-Dehnungs-Diagramm bei diesem Materialmodell nicht antimetrisch zum Ursprung. Die 'Referenzelementgröße' steuert, wie die Dehnung im Rissbereich auf die Länge des Elements skaliert wird. Mit dem voreingestellten Wert null erfolgt keine Skalierung. Damit wird das Materialverhalten des Stahlfaserbetons realitätsnah abgebildet.

Materialmodell Tsai-Wu für Orthotrop | Plastisch (Flächen, Volumenkörper)

Mit dem orthotrop plastischen Materialmodell für Flächen und Volumen in RFEM 6 können Flächen und Volumen mit plastischen Materialeigenschaften nach dem Tsai-Wu-Versagenskriterium berechnet und bewertet werden. Dieses Materialmodell kombiniert plastische und orthotrope Eigenschaften, was eine spezielle Modellierung von Materialien mit anisotropen Eigenschaften ermöglicht. Somit kann mit diesem Materialmodell das Verhalten von Faserverbundkunststoffen oder Holzwerkstoffplatten abgebildet werden.

Bei diesem Materialmodell entspricht der elastische Bereich dem Materialmodell "Orthotrop | Linear elastisch (Volumenkörper)", während für den plastischen Bereich die Fließfähigkeit nach Tsai-Wu gilt. Bild 10 zeigt die Fließbedingungen für Flächen (2D) und Volumenkörper (3D).

Ist der Wert für fy(σ) nach Gleichung Tsai-Wu, ebener Spannungszustand, kleiner als 1, so liegen die Spannungen im elastischen Bereich. Der plastische Bereich ist erreicht, sobald fy(σ) = 1. Werte über 1 sind nicht zulässig. Das Modell verhält sich ideal-plastisch, das heißt es findet keine Versteifung statt.

Zusammenfassung

Das Add-On Nichtlineares Materialverhalten ermöglicht die Berücksichtigung von Materialnichtlinearität in RFEM 6. Aktiviert man dieses Add-On in den Basisangaben des Modells, so erweitert sich die Liste der Materialmodelle und man kann einfach das gewünschte nichtlineare Materialmodell auswählen.

Beim Arbeiten mit nichtlinearen Materialmodellen führt das Programm stets eine iterative Berechnung durch. Je nach gewähltem Modell definiert es einen anderen Zusammenhang zwischen Spannungen und Dehnungen. Die Steifigkeit der finiten Elemente wird im Laufe der Iterationen so lange angepasst, bis das Spannungs-Dehnungs-Diagramm erfüllt ist.

Die Anpassung erfolgt immer für ein ganzes Flächen- oder Volumenelement. Bei der Auswertung der Spannungen sollte deswegen immer die Glättungsart "Konstant in Netzelementen", wie in Bild 11 gezeigt, verwendet werden.


Autor

Frau Kirova ist bei Dlubal zuständig für die Erstellung von technischen Fachbeiträgen und unterstützt unsere Anwender im Kundensupport.

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