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25. Juli 2019

Frage

Die Berechnung meines Modells liefert an manchen Stellen unrealistisch hohe Spannungen. Woran kann das liegen?


Antwort:
Im Folgenden sind die häufigsten Ursachen zusammengestellt:
1. Singularitäten
Singularitäten zeigen sich in einem begrenzten Bereich durch eine Konzentration der spannungsabhängigen Ergebniswerte. Sie sind durch die Methodik der FEM bedingt: theoretisch betrachtet konzentrieren sich dabei die Steifigkeit und/oder die Beanspruchung in unendlicher Größe auf einen infinitesimal kleinen Bereich. Daher treten Singularitäten insbesondere an punktförmigen Lagern, Lasteinleitungsstellen, einspringenden Ecken oder im Bereich von Steifigkeitssprüngen auf.

Wenn bei feinerem FE-Netz der Ergebniswert der Spannungsspitze größer, der Bereich dieser Spannungsspitze allerdings kleiner wird, so liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Singularität vor.


Empfehlungen zum Umgang mit Singularitätsstellen sind zum Beispiel in folgenden Artikeln unserer Knowledge Base enthalten:
2. Unrealistische Auflagerdefinition
Starre Auflager (unendlich steife Auflager) sind in vielen Fällen eher unrealistisch. Es empfiehlt sich daher, die Auflager als elastische Lagerung abzubilden. Hier sollte insbesondere die Steifigkeit angrenzender Bauteile realistisch abgeschätzt werden.


Zur Kontrolle eignen sich das Verformungsbild, gegebenenfalls mit starker Überhöhung, sowie die Ausgabe der Auflagerreaktionen bzw. Kontaktspannungen. Für eine bessere Übersicht sollten zur Überprüfung möglichst einfache Belastungen verwendet werden.
3. Falsche Richtungsdefinition/ falsch definierte Nichtlinearitäten
Häufig ist ein Fehler in der Richtungsdefinition, beispielsweise von Lasten, Stabendgelenken oder Linien- bzw. Flächenfreigaben die Ursache von unrealistischem Verhalten. Insbesondere bei der Nutzung von lokalen oder gedrehten Koordinatensystemen als Bezugssystemen ist besonders auf die richtige Definition zu achten. Typisch sind beispielsweise falsch herum definierte Nichtlinearitäten bei auf Zug oder Druck ausfallenden Lagern.
Falsch definierte Lasten können leicht über die Anzeige der Belastung identifiziert werden. Die zur Berechnung angesetzten Lasten können im Ergebnisse-Navigator über die Option „Lastverteilung“ komfortabel angezeigt werden.

 
Auch Modellierungsungenauigkeiten können zu fehlerhaften Richtungsdefinitionen führen. So können beispielsweise durch den Import einer dxf-Datei Ungenauigkeiten in das Modell gelangen, beispielsweise mit nicht aufeinanderliegenden Knoten oder zueinander windschiefen Linien.
Sehr hilfreich zur Behandlung minimaler Ungenauigkeiten ist die Funktion „Modell regenerieren“.


Fehlerhaft definierte Gelenke und Freigaben können meist über das Verformungsbild und die Schnittgrößenverläufe erkannt werden. Es sollte auch hier mit einfachen Belastungen zur Überprüfung gearbeitet werden.
4. Modell entspricht nicht der Realität
Häufig kommt es vor, dass von einer zu modellierenden Struktur noch nicht alle äußeren oder inneren Einflüsse ausreichend genau im Modell berücksichtigt wurden. Auflager oder stützende Bauteile wurden eventuell nicht oder an falscher Stelle modelliert. Wichtig ist auch die realistische Abschätzung der Steifigkeit von angrenzenden Bauteilen. Wurde diese über- oder unterschätzt, so wird der Lastabtrag im Modell teilweise stark verändert.


Über das Verformungsbild, gegebenenfalls mit starker Überhöhung, ist hier allerdings eine einfache Kontrolle möglich. 
Folgende Fragen können mit Kenntnis der realen Struktur zu einer Lösung führen: Ist die Größenordnung der Verformungen realistisch? Stimmt der Verformungsverlauf qualitativ mit meinen Erwartungen überein?


In folgendem Artikel der Knowledge Base wird ein passendes Beispiel vorgestellt: