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28. Dezember 2016

Schwingungsnachweis an Brettsperrholzdecken

An weit gespannten Decken ist der Schwingungsnachweis von Brettsperrholzdecken häufig maßgebend. Der Vorteil des leichteren Materials Holz gegenüber Beton kehrt sich hierbei zum Nachteil um, da für eine niedrige Eigenfrequenz eine hohe Masse von Vorteil ist.

Üblicherweise erfolgt auch bei zweiachsigen Flächentragwerken wie Brettsperrholzplatten der Nachweis an einem einachsigen Ersatzstab. Daher wird zur Erläuterung der theoretischen Hintergründe zuerst ein Stab analysiert.

Beispiel Stabtragwerk

An einem praktischen Bauteil werden die Vorteile und Nachteile der Stab- und Flächenbemessung erläutert. Der Grundriss des Gebäudes beträgt 8,44 m x 10,83 m. Bei 5,99 m in Längsrichtung des Gebäudes ist eine tragende Innenwand vorhanden. Wie in Bild 2 ersichtlich, wird zuerst eine Planung für eine Holzbalkendecke durchgeführt, Berechnung mit dem Programm RX-HOLZ DLT. Zusätzlich zu den Streckenlasten aus Bild 3 ergibt sich am Ende des Treppenlochs eine Einzellast aus dem Wechsel.

LF1 = 6,9 kN
LF2 = 5,6 kN

Aus der Berechnung in RX-HOLZ DLT ergibt sich ein notwendiger Querschnitt von 14/32 cm.

Im vereinfachten Schwingungsnachweis in RF-HOLZ Pro erhält man mit der Lastkombination LF1 + LF2 eine maximale Verformung von 19,4 mm. Der Zweifeldträger lässt sich in ein eingespanntes Einfeldträgersystem umrechnen, womit folgende Grenzwerte der Verformung zulässig sind. Die Schwingungen werden damit rechnerisch über einen Wert von 8,0 Hz gehalten. Weitere Informationen dazu in [3].

Um den vereinfachten Schwingungsnachweis in RF-HOLZ Pro einzuhalten, wäre ein Querschnitt von 14/62 cm notwendig.

Mit RF-DYNAM Pro - Eigenschwingungen und RF-DYNAM Pro - Erzwungene Schwingungen lässt sich eine genauere Untersuchung durchführen, welche die Regelungen in [3] berücksichtigt.

Bei der genaueren Untersuchung wird zuerst untersucht, ob die Eigenfrequenz f0 ≤ fmin ist.

fmin = 4,5 Hz > f0 = 4,4Hz


Die Begrenzung ist folglich nicht eingehalten. 


Im nächsten Schritt wird untersucht, ob die Beschleunigung a ≤ agrenz ist. Hierfür wird in RF-DYNAM Pro – Erzwungene Schwingungen eine periodische Funktion von 2 Hz definiert. Umgerechnet in ω mit 2Hz ∙ 2π = 12,566 rad/s. Laut [3] Abschnitt 2.2.4 kann die einwirkende Zeit-Ort-veränderliche Kraft mit Fdyn = 0,4F(t) angesetzt werden.


Die Definition einer periodischen Funktion bildet die Anforderungen aus [3] nicht wieder und stellt eine Vereinfachung dar. Die korrekte Abbildung des Gehens auf einer Decke wird in folgendem Webinar erläutert.

Im weiteren Verlauf wird ein Lastfall mit einer Einzellast von 1 kN (Mannlast) definiert, der in RF-DYNAM Pro – Erzwungene Schwingungen zur Analyse ausgewählt wird. Die Einzellast wird an der Stelle des gewählten maximalen Eigenwertes definiert. Als Dämpfungsmaß wird gemäß [1] ξ = 0,01 als Lehrsches Dämpfungsmaß verwendet. Die Beschleunigung erstreckt sich mit 2 Hz über 5 Sekunden. Der quadratische Mittelwert (siehe Bild 10) hierfür wird mit 0,05 m/s² berechnet.

agrenz = 0,1 m/s > a = 0,05 m/s²

Der Nachweis für den quadratischen Mittelwert ist damit erbracht. Es ergibt sich jedoch eine leichte Überschreitung von 0,1 m/s². Gemäß [3] ist es möglich, den Estrich als zusätzliche Steifigkeit und Masse in der Berechnung zu berücksichtigen. Der Querschnitt wird unter den zusammengesetzten Querschnitten in RFEM definiert. Die Verbindung zwischen Estrich und Holzquerschnitt überträgt hierbei keine Steifigkeiten (schubloser Verbund). Als Aufbauhöhe des Estrichs werden 8 cm angesetzt. Weitere Informationen zu den zusammengesetzten Querschnitten finden sich im Handbuch RF-HOLZ Pro.



Beispiel Flächentragwerk

Das Beispiel gemäß Grundriss in Bild 2 wird in eine Brettsperrholzplatte mit dem Querschnitt CLT 240 L7s-2 (gemäß [2]) umgerechnet. Die Platten im unteren Teil werden identisch zum Stabtragwerk als Durchlaufträger mit einer Gesamtlänge von 10,47m und einer Feldweite von 5,99 m (Feld 1) und 4,48 m (Feld 2) definiert. Die Platten mit 3,38 m Länge werden an die durchlaufenden Platten angeschlossen (siehe Bild 13). Die Anschlussnachgiebigkeit der Platten wird hierbei nicht berücksichtigt, da davon ausgegangen wird, dass die kürzeren Platten auf die durchlaufenden Platten aufgelegt werden, sodass sich keine Nachgiebigkeit ergibt. Lediglich für die Rotation wird an allen Plattenrändern ein Liniengelenk mit dem Freiheitsgrad φx = 0 kNm/rad/m definiert. Die Spannrichtung der Platten wird in Bild 14 erläutert.

Die Bemessung erfolgt in RF-LAMINATE und es ergibt sich mit den so berechneten Steifigkeiten eine Verformung von 21,4 mm in der charakteristisch/quasi-ständigen Kombination. Auch hier wäre der vereinfachte Schwingungsnachweis überschritten. Daher wird im Weiteren die Vorgehensweise des vorherigen Kapitels für das Plattentragwerk wiederholt.

Die Bemessung in RF-LAMINATE wird im Handbuch erläutert.

Zur genaueren Bemessung des Flächentragwerks mit RF-DYNAM Pro - Eigenschwingungen und RF-DYNAM Pro - Erzwungene Schwingungen wird wiederum eine Kombination mit LF1 + LF2 erstellt.

In RF-DYNAM Pro - Eigenschwingungen ergibt sich mit dieser Kombination eine Eigenschwingung von 4,8 Hz. Auch bei der ersten Eigenform des Flächentragwerks ergibt sich die maximale Versagensform in Feldmitte des ersten Feldes.

Hier wird ebenfalls eine Einzellast von 1 kN angesetzt und mit der gleichen Funktion wie das Stabtragwerk überlagert. In Bild 18 wird ein quadratischer Mittelwert von 0,0469 m/s² bei 5 Sekunden ermittelt. Selbst die maximale Beschleunigung liegt fast innerhalb des Grenzkriteriums von agrenz ≤ 0,1 m/s². Der Grenzwert wird mit 0,12 m/s² nur knapp überschritten. Im Weiteren werden auch in RF-LAMINATE die Steifigkeit und Masse des Querschnitts mit einem 8 cm starken Estrich erhöht. Hierfür wird die Steifigkeit der Brettsperrholzplatte über einen äquivalenten orthotropen Holzquerschnitt abgebildet.

Die Ermittlung der Steifigkeitsmatrix für diesen Verbundquerschnitt wird ohne Berücksichtigung des Schubverbundes zwischen Estrich und Brettsperrholzplatte ermittelt.

Mit dieser Methode gelingt es schließlich, wie in Bild 20 gezeigt, auch den Maximalwert der Beschleunigung unterhalb des Grenzkriteriums auszuführen.

Zusammenfassung

Über eine zweiachsige Betrachtung des Bauteils konnte der Querschnitt unter Erfüllung des Schwingungsnachweises gemäß Eurocode 5 von 64 cm auf 22 cm Stärke der Brettsperrholzplatte reduziert werden.

Literatur

[1]  Blaß, H.J.; Ehlbeck. J.; Kreuzinger H.; Steck G.: Erläuterungen zu DIN 1052:2004-08, 2. Auflage. Köln: Bruderverlag, 2005
[2]  Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung Z-9.1-599 vom 13. Januar 2012
[3]  Hamm, P.; Richter, A.: Bemessungs- und Konstruktionsregeln zum Schwingungsnachweis von Holzdecken. In: Fachtagungen Holzbau 2009. Leinfelden-Echterdingen, 26. November 2009. Hrsg.: Landesbeirat Holz Baden-Württemberg e.V., Stuttgart. S. 15-29.

Autor

Herr Kuhn ist mit der Entwicklung und Qualitätssicherung im Bereich Holzbau betraut und im Kundensupport aktiv.

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