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1. September 2025

Schwingungen an Brettsperrholzdecken nach prEN 1995-1-1:2023

Der Schwingungsnachweis kann bei Holzkonstruktionen, insbesondere bei Brettsperrholzdecken (BSP), häufig maßgeblich für die Gebrauchstauglichkeit sein. Der Entwurf prEN 1995-1-1:2023 enthält im Abschnitt zum Schwingungsnachweis aktualisierte Verfahren zur Ermittlung der Eigenfrequenz und zur Bewertung der Schwingungseigenschaften von Holzdecken. Für BSP-Decken ergeben sich daraus konkrete Anforderungen an die Modellierung der Biegesteifigkeit, die Berücksichtigung von Aufbauten sowie die Wahl geeigneter Randbedingungen. Dieser Beitrag zeigt die Umsetzung des Schwingungsnachweises in RFEM 6 anhand eines praxisnahen Beispiels und erläutert die maßgeblichen Eingaben und Auswertungen.

Zur Erläuterung des Schwingungsnachweises nach der prEN 1995-1-1:2023 [1] von Holzbalkendecken wird im Folgenden ein exemplarischer Nachweis für eine Bürodecke vorgestellt.
Betrachtet wird eine einachsig gespannte Platte aus Brettsperrholz 150-L5s (30l-30w-30l-30w-30l) mit einer Spannweite von L = 4,6 m und einer Breite von b = 5,0 m. Zusätzlich wird ein 5 cm hoher Estrich über eine Flächenfreigabe modelliert und in die Berechnung einbezogen. Die Steifigkeit des Estrich darf für die Schwingungsberechnung angesetzt werden [1]. Für die Statische Berechnung kann der Estrich über Strukturmodifikationen wieder vernachlässigt werden.

Die Berechnungen erfolgen an einem einfachen System, um eine Vergleichbarkeit mit der Literatur [2] zu schaffen.
Die vorgestellte Methode lässt sich jedoch ebenso auf komplexe Deckentragwerke anwenden.

Einwirkungen

  • Eigengewicht der BSP Platte: g1,k=0,15⋅5,5= 0,83 kN/m²
  • Ständige Lasten - Bodenaufbau: g2,k = 2,00 kN/m²
  • Nutzlasten der Kategorie B: qk = 3,00 kN/m²

Tipp

Abhängig von der vorliegenden Situation können neben dem Eigengewicht auch weitere ständige Aufbauten, Installationen und 10% der Nurzlast mit angesetzt werden [1]. In diesem Beispiel wird auf die zusätzlichen 10 % der Nutzlast verzichtet, um die Vergleichbarkeit mit der Literatur zu gewährleisten [2].

1. Wahl des "Floor performance levels"

Die Anforderungen nach der prEN 1995 werden in "Floor performance level" unterschieden, die sich nach Wohn- und Bürogebäuden in die Kategorie I bis VIII aufteilen. Die Wahl der Performance Level sollte mit dem Bauherren abgestimmt werden. Wir entscheiden uns in unserem Beispiel für das Level III.

2. Frequenzkriterium

Über eine Modalanalyse wird die Eigenfrequenz der Decke bestimmt. Liegt sie unter dem Grenzwert, besteht ein Risiko spürbarer Schwingungen, sodass ergänzende Nachweise erforderlich sind.

Zunächst werden die Massen des Systems in einem geeigneten Lastfall oder einer Lastkombination definiert. Anschließend wird ein separater Lastfall des Analysetyps Modalanalyse erstellt, in dem diese Massen berücksichtigt werden. Bei der Modalanalyse ist die Massenmatrix so zu konfigurieren, dass ausschließlich Bewegungen in Z-Richtung (senkrecht zur Plattenebene) berücksichtigt werden.

Ergebnis der Frequenzanalyse
𝑓1 = 7,36 Hz
𝑓1,Literatur = 7,36 Hz [2]
𝑓1,lim = 8,00 Hz
𝑓1,min = 4,50 Hz

Die geforderte Grenzfrequenz wird nicht erreicht. Das bedeutet, dass neben dem Nachweis der Durchbiegung aufgrund einer Einzellast an der ungünstigsten Stelle zusätzlich ein Nachweis der Beschleunigung erforderlich ist. Voraussetzung für die Erfüllung des Beschleunigungskriteriums ist, dass die Mindestfrequenz 𝑓 ≥ 4,50 Hz eingehalten wird.

Tipp

Bei komplexen oder großen Modellen muss überprüft werden, ob die betrachtete Eigenfrequenz eine lokale Eigenform der Platte widerspiegelt.

3. Beschleunigungskriterium

Die Decke wird mit einer sinusförmigen Last in Eigenfrequenz angeregt, und dadurch in Resonanz versetzt. Dabei wird die Beschleunigung erfasst und überprüft, ob sie innerhalb zulässiger Komfortgrenzen liegt.

Für die Untersuchung des Beschleunigungskriteriums wird zunächst ein neuer Lastfall vom Typ „Zeitverlaufsanalyse | Zeitdiagramm“ erstellt. Anschließend wird eine Einheitslast in der Mitte der Deckenscheibe aufgebracht.

Tipp

Bei komplexen Decken sollte überprüft werden, ob die Position der angetragenen Last zur gewählten Eigenform passt. Hier ist die ungünstigste Position zu wählen.

Für die Zeitverlaufsanalyse-Einstellungen wird eine Gesamtdauer von 10 s, ein Zeitschritt von 0,01 s sowie eine Lehr’sche Dämpfung von 0,040 für BSH-Decken mit schwimmendem Estrich angesetzt [1].

Für das Zeitdiagramm wird eine Funktion gewählt, die der Form sin(ω*t) entspricht. Die Eigenkreisfrequenz ω kann aus dem Ergebnis der Modalanalyse übernommen oder mit ω = 2πf1 berechnet werden.

Der Multiplikator k wird wie folgt berechnet [1]:
k = 𝑘res ⋅ 𝜇res ⋅ 𝐹dyn = 1 ⋅ 0,4 ⋅ 0.050 = 0.020

Ergebnis der Beschleunigungsanalyse
apeak = 0,076 m/s²
arms = apeak / √2 = 0,054 m/s²
arms,lim = 0,060 m/s²

Die maximale Beschleunigung apeak kann dem Programm entnommen werden. Das Beschleunigungskriterium ist nach prEN 1995 für das Level III erfüllt da der quadratische Mittelwert der Beschleunigung arms kleiner ist als der Grenzwert der Norm arms,lim.
Die Ergebnisse der Analyse können in einem Berechnungsdiagramm genauer dargestellt werden. Hier kann zudem der quadratische Mittelwert abgelesen werden.

4. Steifigkeitskriterium

Die Durchbiegung unter Einheitslast wird berechnet und mit einem Grenzwert verglichen. Damit wird geprüft, ob die Decke ausreichend steif ist, um Schwingungen zu begrenzen.

Für das Steifigkeitskriterium wird eine Einheitslast w1kN auf das System gebracht und die Durchbiegung aus diesem Lastfall mit dem vorgegebenen Grenzwert verglichen [1]. In unserem Beispiel ist das Steifigkeitskriterium für die Einheitslast erfüllt.

Ergebnis der Steifigkeitsanalyse
w1kn = 0,22 mm
wlim,max = 0,50 mm

5. Geschwindigkeitskriterium

Aus Impuls und Massen wird die Schwingungsgeschwindigkeit abgeleitet. Da diese direkt wahrnehmbar ist, dient der Vergleich mit Grenzwerten der Beurteilung des Nutzungskomforts.

Spitzengeschwindigkeit [1]:
v1,peak = kred (Imod,mean/(M* + 70))

Modaler Impuls [1]:
Imod,mean = (42 ⋅ 𝑓w1,43) / 𝑓11.3

Für Imod,mean ergibt sich mit dem Faktor kred (=0,7) multipliziert ein Wert von 5,91 Ns. Dabei wird die Schrittfrequenz mit 𝑓w = 2 Hz angenommen (1,5 Hz für Wohnungsdecken) und die berechnete Eigenfrequenz von 𝑓1=7,36 Hz verwendet [1].

Um die Zusatzmasse von 70 kg zu berücksichtigen, wird diese in einem zusätzlichen Lastfall angelegt und in einer neuen Lastkombination mit den bisherigen Systemmassen überlagert. Anschließend wird mit dieser Masse eine eigene Modalanalyse erstellt.

Um die Geschwindigkeit nachzuweisen wird ein neuer Lastfall des Typs Zeitverlaufsanalyse erstellt (der Lastfall der Beschleunigung kann kopiert werden). Für die neue Zeitverlaufsanalyse-Einstellungen kann ein kleiner Zeitraum gewählt werden.
Dafür wird im vorliegenden Fall eine neue Zeitverlaufsanalyse-Einstellung mit einer Gesamtdauer von 0,01 s einem Zeitschritt von 1e-05 s, sowie eine Lehr’sche Dämpfung von 0,040 angesetzt.

Der Impuls wird über das Zeitdiagramm als Fläche angetragen (Δ T =0,005 s). Im vorliegenden Fall wurde der Impuls als Dreiecksfläche aufgebracht und durch den Multiplikator skaliert.
k = 2 ⋅ I / T = (2 ⋅ 5,9136) / (0,005 ⋅ 1000) = 2,365

Ergebnis der Geschwindigkeitsanalyse
vtot,peak = 0,0044 m/s
vrms = vtot,peak⋅ (0,65 − 0,01 ⋅ 𝑓1) ⋅ (1,22−11,0 ⋅ ζ) ⋅ η = 0,0019 m/s
vrms,lim = 0,0012 m/s

dabei ist
η = 0,95 (kimp = 1)
ζ = 0,04

Fazit:

Die Kriterien Frequenz, Beschleunigung und Steifigkeit erfüllen die Anforderungen an Level III. Das Geschwindigkeitskriterium wird jedoch überschritten. Durch die Wahl des Floor Performance Levels V können die Nachweise vollständig erfüllt werden.


Autor

Herr Hartmann ist mit der Entwicklung und Qualitätssicherung im Bereich Holzbau betraut und im Kundensupport aktiv

Referenzen


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