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11. April 2024

Fest Verankert: Dübel in der Befestigungstechnik

Hochwertige Materialien sind das eine, aber was bringen die besten Baustoffe, wenn sie auf der Baustelle am Ende nicht zusammenhalten? Unser heutiger Gast beschäftigt sich vor allem mit Dübeln in der Befestigungstechnik. Wie wichtig ist dieser Bereich für die Stabilität unserer Gebäude? Lest rein und erfahrt mehr darüber!

Heute geht es um wichtige Kleinigkeiten: Dübel in der Befestigungstechnik. Wir stehen morgens auf und gehen ins Bad, oft, ohne uns Gedanken darüber zu machen. Doch hier fängt es schon an. Das große Bild mit seinem massiven Holzrahmen im Flur, der breite Spiegelschrank oder selbst das Waschbecken – alles bleibt dank Dübeln sicher an seinem Platz. Nach dem Befestigen verschwinden Dübel unter den Möbelstücken und wir vergessen, dass sie überhaupt da sind. Dabei leisten sie mehr als wir denken!

Um die Rolle unserer kleinen Alltagshelden näher zu betrachten, haben wir einen ganz besonderen Gast um ein Interview gebeten. Eckehard Scheller ist „der Dübelmann“, wie er sich uns vorstellt – ein echter Experte auf seinem Gebiet. Er beschäftigt sich natürlich nicht nur mit unseren kleinen Haushaltsdübeln, sondern auch mit solchen, an denen schnell Lasten von hunderten Kilogramm oder sogar mehreren Tonnen hängen können. Gelernt ist Eckehard Tischler, hat aber nach seiner Lehre noch Bauingenieurwesen studiert. Seinen ersten Kontakt mit großen Dübeln und schweren Lasten hatte er bereits auf seiner ersten Arbeitsstelle und das berufliche Interesse war geweckt.

Kommen wir also zum heutigen Thema: Warum ist die Befestigungstechnik so wichtig? Auch für uns als Tragwerksplaner nehmen diese Aspekte einen größeren Raum ein als uns oft bewusst ist. Wie bekomme ich meinen Stahlträger vernünftig mit der Stahlbetonwand verbunden? Genau um solche Dinge geht es heute.

Drei Wirkprinzipien der Dübeltechnik

Eckehard erklärt uns die drei Wirkprinzipien der Befestigungstechnik, die im Bauwesen immer wieder geschult werden. Die Wirkprinzipien der Dübeltechnik werden allgemein eher stiefmütterlich behandelt: Sollte man sie kennen? Natürlich, denn gerade in der Tragwerksplanung lassen sich Bemessungen und Planungen wesentlich effizienter durchführen, wenn wir wissen, was genau wir da als Befestigung einplanen. Muss man sie kennen? Nicht unbedingt, wie er uns später erzählt.

Das erste Wirkprinzip der Befestigungstechnik ist der Formschluss. Eckehard nennt hier Kopfbolzendübel und Hinterschnittanker als Beispiel. Für das zweite Wirkprinzip, den Reibschluss oder auch Kraftschluss, ist – wie der Name bereits sagt – Reibung sehr wichtig, um Kräfte und damit auch Lasten zu übertragen. Das letzte Prinzip ist der Stoffschluss, wobei eine Ankerstange zum Beispiel mit einem Injektionsmörtel in ein Bohrloch eingeklebt wird. Vielen wird daher der Begriff „Klebedübel“ bekannt sein.

Doch sind diese drei Wirkprinzipien wirklich so wichtig? Hier erklärt uns Eckehard, dass es viel wichtiger ist, sich jede einzelne Befestigungsaufgabe individuell anzusehen und anschließend zu entscheiden, welche Befestigungstechnik hier am sinnvollsten ist. Dann kann auch das Wirkprinzip eine Rolle spielen. Am Ende steht eine Entscheidung: Geht es nur um sicherheitsrelevante Dübel, beispielsweise für kleinere Regale, oder baue ich einen Dübel ein, der für die Stabilität des gesamten Gebäudes und damit bauaufsichtlich relevant ist? Außerdem ist auch der Verankerungsgrund, also das Material, an dem etwas befestigt werden soll, entscheidend für die Auswahl der richtigen Dübel.

Wie finde ich den richtigen Dübel?

In Altbauten finden Dübel dank massiven Ziegelsteinen guten und leichten Halt in fast jeder Wand, da haben wir überhaupt keine Probleme. Dagegen sind z. B. moderne energieeffiziente Einfamilienhäuser problematischer. Oft finden sich hier dünne Stege und dahinter zahlreiche Hohlkammern oder Dämmstoffpakete – hier ist das Befestigen tragfähiger Dübel schon eine Herausforderung.

Natürlich hat die Dübelindustrie auch hierfür schon eigene Systeme entwickelt, aber als Hausbesitzer sollte jeder wissen, welchen Baugrund er da vorliegen hat. Schließlich gibt es bei Dübeln mittlerweile eine riesige Auswahl. Welches Bauteil soll wo befestigt werden und wie setze ich das am besten um? Genau das ist Eckehards täglich Brot.

  • Beispielsweise entwickelt ein Metallspreizanker in einem schmalen Bauteil große Spreizkräfte. Dann kann es durchaus sein, dass dieses Bauteil auch gespalten wird. Ein Klebedübel wäre hier geeigneter.

Er berichtet uns, dass auch Umwelteinflüsse oft nicht beachtet werden. Ich möchte an der Fassade eine Markise anbringen, aber womit? Hier muss ich auch an eindringendes Wasser denken. Denn dieses dehnt sich im Bohrloch bei Kälte aus und lässt mir die Verankerung im schlimmsten Fall ausbrechen. Hier arbeite ich also besser mit Klebedübeln.

Noch dazu geht, gerade bei größeren Baustellen, nicht nur die Tragfähigkeit mit in die Entscheidung für ein passendes Dübelsystem ein. Ein weiterer wichtiger Punkt ist beispielsweise der Brandschutz in der Befestigungstechnik. Dadurch kommen etliche Aspekte zusammen, die am Ende zu einem passenden Dübelsystem führen. Das ist oft gar nicht so einfach. Pauschale Anwendungssituationen, wie wir sie im Baumarkt oft auf den Produktverpackungen finden, sind demnach nicht immer zielführend. Es kommt immer auf die individuelle Befestigungsaufgabe an.

  • Unsere Philosophie: Immer schauen, welche Parameter ich beachten muss, damit ich hier eine tragfähige Verbindung realisieren kann.

Probleme bei modernen Befestigungstechniken

Die Baubranche hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Das Thema Nachhaltigkeit ist nicht nur zum aktiven Klimaschutz, sondern auch aufgrund wirtschaftlicher Schwankungen ein großes Thema. Die Befestigungstechnik hat sich diesem Wandel angepasst und Dübelsysteme weiterentwickelt.

Früher konnte vieles mit Augenmaß oder groben Überschlagungen entschieden werden. Mit der Erfahrung konnte ein geübtes Auge schnell entscheiden, welcher Dübel sich für welche Traglast eignet. Heute kommen immer mehr Spezialsysteme auf den Markt. Das Ziel: möglichst wenig Dübel verwenden, um Geld und Material zu sparen.

Das Problem: Statt Augenmaß sind baurechtlich mittlerweile komplexe Bemessungen erforderlich, nach denen das passende Dübelsystem ausgewählt wird. Und diese Bemessungen soll ein Ingenieur durchführen, der Erfahrungen in der Verankerungstechnik und in Baustoffkunde vorweisen kann. Monteur oder Handwerksmeister zu sein, reicht also nicht aus.

Vier häufige Fehler bei der Anwendung von Dübeln

Wenn Befestigungstechnik so wichtig ist, warum wird sie dann bei der Planung gerne einmal vergessen oder nicht genügend beachtet? Eckehard nennt uns aus seiner Sicht einige Gründe dafür. Einer ist beispielsweise oftmals Bequemlichkeit bei der Planung. Dabei wird die notwendige Software gemeinsam mit entsprechenden Schulungen in der Regel vom Hersteller zur Verfügung gestellt. Solche Detaillösungen werden allerdings oft lieber nach hinten verschoben.

  • Dann heißt es, ach, da schreibe ich irgendetwas hin und gut ist. Das wird schon halten.

Am Ende stellt der Prüfingenieur fest, dass der Nachweis in der Statik dazu fehlt und es kommt zu Problemen. Beispielsweise wurde die falsche Dübelgröße gewählt oder die Randabstände passen nicht. Eckehard weiß, wie einfach so etwas vermieden werden kann: „Erst planen, dann montieren.

Er nennt uns auch einen weiteren Aspekt, der in der Praxis gerne einmal abgetan oder unter den Tisch fallengelassen wird: die Bohrlochreinigung. Wir kennen es von zuhause: der obligatorische Staubsauber, der bei der Bohrung direkt darunter gehalten wird. Damit auch ja kein Staubkorn auf den guten Boden kommt. Damit ein Dübel guten Halt hat, muss das sogenannte Bohrmehl aus dem Bohrloch entfernt werden.

Hier berichtet er uns von technischen Innovationen wie speziellen Absaugbohrern, an denen ein entsprechender Staubsauger mit angeschlossen wird. Hier wird das beim Bohren entstehende Bohrmehl direkt im Bohrvorgang abgesaugt und je nach Dübel-Zulassung ist eine zusätzliche Bohrlochreinigung nicht mehr notwendig. Bei vielen Dübeln, gerade bei Klebedübeln, ist das allerdings noch nicht auf diese Weise geregelt. Hier wird noch immer der Griff zur Ausblaspumpe oder anderen Hilfsmitteln, die in der Dübel-Zulassung vorgesehen sind, notwendig.

Je nach Dübelsystem muss die Innenwand des Bohrlochs mit einer Stahlbürste wieder aufgeraut werden, bevor eine weitere Säuberung mit der Ausblaspumpe oder sogar mit Druckluft ansteht. Viel Aufwand also für einen von meist sehr vielen Dübeln auf einer Baustelle. Aufwand, der gerne einmal als unnötig abgetan wird, obwohl so etwas sehr gefährlich werden kann.

Bleiben wir beim Bohren und kommen wir zu einem weiteren Thema: Bohrverfahren. Hier kommt es natürlich auf den Untergrund an. Bei klassischem Beton greifen wir zu einem Hammerbohrer, der sich im Hammerbohrverfahren mit ordentlich Kraft impulsartig in die Wand arbeitet.

Habe ich filigranen Lochstein, breche ich damit am Ende einen riesigen Krater aus anstatt einem schönen geraden Bohrloch. Hier sehen Hersteller das Bohren im Drehgang als geeignetes Bohrverfahren vor. Das dauert natürlich länger, wenn tausende Dübel gesetzt werden müssen, aber das Gestein bleibt heil und für den passenden Dübel im Bohrloch tragfähig. Auch hier ist Zeit wieder ein knapp bemessenes Gut, daher wird diese Vorgabe gerne einmal übersehen.

Auch für diese Probleme hat die Industrie eine Lösung: spezielle Mehrzweckbohrer, die für das perfekte, schnelle Bohrloch sorgen, auch im Drehgang. Allerdings ist auf einer Baustelle oft nur der Hammerbohrer da und Spezialgeräte sind teuer.

Der letzte Problempunkt, den Eckehard immer wieder auf Baustellen antrifft, ist das richtige Montagedrehmoment. Dieses wird von den Dübelherstellern für viele Dübelsysteme und die jeweilige Dübelgröße vorgegeben. Doch häufig wird noch immer lieber mit der Knarre gearbeitet, als einen geeigneten kalibrierten Drehmomentschlüssel zu nutzen. Meist wissen es die Arbeitenden sogar besser, aber auch hier siegt oft die Bequemlichkeit.

Lernen aus Fehlern anderer

Für seine Schulungen nutzt Eckehard immer wieder gerne Fotos von Fehlanwendungen, die er beispielsweise unterwegs, auf der Baustelle oder im Urlaub findet. Schließlich ist das Lernen aus Fehlern, auch aus denen anderer, immer noch die beste Methode.

Ob außen angebrachte Lüftungsanlagen eines Supermarkts, die einen Tag nach der Montage bereits herunterfallen, weil die Befestigung nicht ausreichend geplant wurde, oder andere Probleme: Er betont, dass es notwendig ist, immer wieder durch Schulungen dafür zu sensibilisieren, was für eine Verantwortung bei Bauprojekten jeglicher Art zu tragen ist. Schon kleinste Nachlässigkeiten in diesem Bereich können zum Versagen einer Tragwerkstruktur führen.

Aktuelle Probleme in der Baubranche

Unser letzter Punkt, die Schulung von Personal, führt uns zu einem weiteren Teil dieses Beitrags. Geschulte Fachkräfte sind auf den Baustellen Mangelware. Der Fachkräftemangel wird immer stärker und das geht nicht selten zulasten der Sicherheitsstandards, die wir gerade in Deutschland gerne akribisch befolgen.

Natürlich brauchen auch Schulungen ihre Zeit. Allerdings ist es besser, Monteure für einen Tag aus ihrer Arbeit zu nehmen, um sie zu schulen, als dass durch fehlendes Wissen oder ungenügende Sensibilisierung am Ende ein Fehler passiert. Und Fehler in der baulichen Sicherheit führen schnell zu Gefahr für Leib und Leben.

Schließlich ändern sich die verwendeten Baustoffe und Dübelsysteme gerade aktuell sehr stark. Neue Zusammensetzungen, recycelte Produkte – das Angebot wird immer größer. Da kommen auch die Dübelhersteller selbst oft nicht hinterher. Sogenannte Dübelversuche auf der Baustelle schaffen hier Abhilfe, auch das muss geschult werden.

Mit diesen Neuerungen im Bereich der Dübeltechnik sollte jeder Monteur immer wieder vertraut gemacht werden. Auch Planer, Bauingenieure oder Architekten profitieren durchaus davon, sich ab und an Zeit für eine Schulung zu nehmen.

Zukunft des Bauwesens

Wie immer fragen wir unseren Gast zum Ende unseres Interviews danach, wie er die Zukunft unseres Bauwesens sieht und was sich verändern wird. Eckehard nennt daraufhin das Bauen im Bestand, gerade im Wohnungsbau. Schließlich wird es immer wichtiger, mit den Gebäuden zu arbeiten, die wir bereits haben, anstatt neu zu bauen.

Auch neue Baustoffe, gerade aus dem Recycling-Bereich, sieht er als neue Herausforderung, der sich die Dübeltechnik stellen muss. Letztendlich dauert es leider immer eine ganze Weile, bis neue Baustoffe auch im Regelwerk entsprechend verankert sind.

  • Wir können nicht davon ausgehen, dass ein guter alter Ziegelstein die gleiche Tragfähigkeit hat wie ein hochmoderner Stein, in den Ziegelreste eingearbeitet wurden, um zu recyceln. Hier muss man Vergleichstests durchführen.

Wir fragen natürlich auch danach, was Eckehard sich wünschen würde, wenn er für das Bauwesen einen Wunsch frei hätte. Seine Antwort spricht uns wohl allen aus der Seele: Das Baurecht sollte vereinheitlicht werden. Schließlich haben wir europäisches Regelwerk, bundesdeutsches Regelwerk und in jedem Bundesland eine Landesbauordnung.

Gerade im Bereich der Planung haben schon minimale Abweichungen großen Einfluss. Eine sichere Absturzhöhe für Fensterelemente beträgt beispielsweise in 15 Bundesländern 1 m, in einem 0,50 m. Hier steht ein falscher „Das haben wir schon immer so gemacht“-Gedanke effizienter Planung oft im Weg.

Kollegen und Kolleginnen möchte Eckehard ans Herz legen, eine gute Dübelschulung zu besuchen oder ein Webinar anzusehen. Sensibilisierung ist gerade in diesem Bereich unglaublich wichtig, wie wir bereits gesehen haben. Gerade ein Praxisteil sorgt immer mal wieder für das eine oder andere Aha-Erlebnis.

Eckehard, was ist dein Lieblingsbauwerk?

Spontan erzählt er uns von seinem kleinen Häuschen mit großem Garten in Mecklenburg-Vorpommern. Seine Frau und er haben das Ziel, dieses Haus aus den 1950er Jahren wieder in einen wohnfähigen Zustand zu versetzen.

An großen Bauwerken ist sein Lieblingsobjekt tatsächlich das Deutsche Technikmuseum mit dem angehängten Rosinenbomber. Schließlich hat er an diesem imposanten Gebäude als Planer selbst mitgearbeitet. Zu damaligen Zeiten waren die verwendeten Techniken definitiv echte Innovationen. Wir können seine Begeisterung absolut nachvollziehen. Vielen Dank, dass du bei uns warst!


Autor

Frau Ruthe ist im Marketing als Copywriterin zuständig für die Erstellung kreativer Texte und packender Headlines.