Mit einem neuen spannenden Thema begrüßen wir euch zu diesem Blogbeitrag. Es geht dieses Mal um den Fachkräftemangel in unserer Baubranche. An allen Ecken und Enden fehlt es an Personal. Das Bauwesen ist insbesondere für jüngere Menschen nicht mehr sonderlich interessant. Daher wird seit jeher auf Fachkräfte aus dem Ausland zurückgegriffen.
Mut zum Startup
Das Problem, geeignete Leute zu finden, ist jedoch das gleiche wie im Inland. Dazu kommen noch sprachliche Barrieren, die das Ganze zusätzlich erschweren können. Hier kommt unser heutiger Gast ins Spiel. Patrick Christ ist einer der Gründer von Crafthunt: einer Dating-App für die Baubranche. Wie das Ganze funktioniert, erklären wir euch im Anschluss.
Ursprünglich kommt Patrick aus dem IT-Bereich, hat aber schon während des Studiums bei einer Fensterbaufirma gearbeitet. Neben IT-technischen Aufgaben hat er die Geschäftsleitung unterstützt, gerade in Bereichen wie Prozessoptimierung und Gewinnung von Fachkräften.
Nach seiner Doktorarbeit gründete er sein erstes Bau-Startup Capmo, um Bauleiter bei effizienten Prozessen auf der Baustelle zu unterstützen. Auch hier begegnete ihm immer wieder das Thema Fachkräftemangel. Einer seiner heutigen Mitgründer von Crafthunt sprach ihn an, ob er nicht Lust hätte, ein neues Projekt zu starten. Mitte 2022 war es dann so weit und Crafthunt ging an den Start.
Crafthunt
Gerade aufgrund des Fachkräftemangels hat beispielsweise ein Bauleiter in der Regel viele Möglichkeiten, einen neuen Job zu finden. Daher bietet Crafthunt den Unternehmen an, sich auf ihrer Plattform möglichst gut darzustellen.
Auf den Firmenprofilen können Arbeitssuchende die verschiedenen Mitarbeitervorteile sowie Informationen zur Unternehmenskultur finden. Arbeitet die Firma auf ihren Baustellen schon digital? Unterstützt sie Mitarbeitende bei der Kinderbetreuung? All das ist wichtig.
- „Das geht ja über den bisherigen Standard hinaus. Im Kampf um Fachkräfte muss man als Arbeitgeber heutzutage eben mehr leisten.“
Bau- und Projektleitung
Unternehmen auf Crafthunt suchen nach Fachkräften, vor allem im Bereich Bau- und Projektleitung. Das Besondere ist hier die Art und Weise, wie Firmen und Fachkräfte zusammenfinden. Denn klassische Bewerbungen beim Arbeitgeber gibt es nicht. Hier bewerben sich die Unternehmen bei den jeweiligen Fachkräften.
Die Anmeldung als Fachkraft erfolgt anonym. Auch die Kontaktaufnahme zum Unternehmen lässt die Identität des Bewerbenden offen, bis dieser bereit ist, sich zu zeigen. Dadurch haben Fachkräfte die Möglichkeit, ihren potenziellen Arbeitgeber erst einmal genauer kennenzulernen, bevor sie sich entscheiden, eine richtige Bewerbung abzuschicken und Bewerbungsgespräche zu führen.
Besonders ist nicht nur die Anonymität der Arbeitnehmer auf der Plattform. Als Ansprechpartner hinter den Unternehmensprofilen steht nicht die HR-Abteilung, sondern in der Regel der Abteilungsleiter oder direkt die Geschäftsleitung. Über wen könnte man mehr zum Unternehmen erfahren als vom Chef selbst?
Ausländische Fachkräfte
Doch Crafthunt ist nicht nur eine Plattform, um Bau- und Projektleitungen zu finden. Ein weiterer Bereich ist das Ansprechen von Arbeitnehmern im Ausland. Auch hier kommt ein typischer Prozess einer Dating-App zum Tragen.
- „Wir machen ein Match zwischen einem deutschen Unternehmen und einem ausländischen Facharbeiter.“
Wenn beispielsweise im Unternehmen bereits einige Fachkräfte aus einem bestimmten Land beschäftigt sind, lohnt es sich, in diesem Land nach neuen Mitarbeitenden zu suchen. Schließlich ist es für ausländische Fachkräfte angenehmer, in einem Unternehmen zu arbeiten, wo sie sich auch mit anderen unterhalten oder nach der Arbeit noch ein Bier trinken gehen können.
Das Ansprechen der potenziellen neuen Mitarbeitenden im Ausland findet durch KI-generierte Stellenausschreibungen in den sozialen Medien statt. Aber auch die Kommunikation zwischen Geschäftsleitung und Arbeitnehmer im Anschluss läuft über KI-basierte Übersetzungen in Echtzeit. Das erleichtert den Kontakt natürlich enorm.
- „Wir möchten nicht Fachkräfte in Deutschland besser verteilen, sondern die Gesamtzahl an Fachkräften in Deutschland erhöhen.“
Anwendung von KI im Bauwesen
Crafthunt nutzt künstliche Intelligenz, damit Unternehmen und Arbeitnehmende ohne Sprachbarrieren miteinander in Kontakt treten können. Da KI gerade in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen hat, möchten wir von Patrick wissen, wo er sonst noch Einsatzmöglichkeiten von KI im Bauwesen sieht.
Er spricht davon, dass es auch im Bauwesen viel Fachwissen gibt, das mehr oder weniger versteckt ist. Das gesamte Regelwerk ist sehr umfangreich und als Bauleitung darin eine Lösung für ein konkretes aktuelles Problem zu finden, kann einiges an Zeit und Mühe kosten. Ein KI-Tool könnte hier Abhilfe schaffen.
Auch in der Fachplanung, also dem Entwurf von Bauprojekten, sieht er großes Potenzial. Patrick betont hierbei noch einmal, dass KI dabei nicht ersetzend, sondern assistierend eingesetzt werden sollte. Auch in der Planung sind beispielsweise viele Vorschriften zu beachten. Wenn die KI für verschiedene Situationen Beispielentwürfe generiert, kann das dem Planenden am Ende bei der Entscheidungsfindung helfen.
Zukunft der Baubranche
Einen großen Trend im Bauwesen haben wir bereits besprochen. KI kann künftig dabei helfen, Prozesse zu automatisieren und damit auch wesentlich zu beschleunigen. Abseits davon sieht Patrick die Vorfabrikation von Bauteilen als richtungsweisend für unsere Branche. Viele Probleme, die auf einer Baustelle auftreten, können vermieden werden, indem beispielsweise Module einfach so weit wie möglich in großen Hallen zusammengebaut werden.
Wenn er für die Bauindustrie einen Wunsch frei hätte, würde er daran arbeiten, dass die Baubranche bei jungen Leuten wieder ein besseres Image erreicht. Gerade das Gefühl, mit seiner Arbeit etwas erschaffen zu können, findet Patrick am Bauwesen so großartig. Allein diese Selbstwirksamkeit müsste viel mehr Menschen anziehen.
Allerdings geht das in der Realität oft unter. Die Bauindustrie muss mehr an ihrem Image arbeiten und sich für Neuerungen öffnen, um mehr junge Leute zu motivieren, einen solchen Beruf anzustreben.
Was er aus seinen bisherigen Erfahrungen gerne weitergeben möchte, ist vor allem das Change-Management. Gerade das richtige Einführen von neuen, innovativen Gedanken ist für ihn ein Grundstein, um etwas verändern zu können. So etwas sollte niemals top-down entschieden werden, sondern bottom-up.
- „Man sollte sich aus den Mitarbeitenden einen Champion aussuchen, der das von innen vorantreibt.“
Patrick, was ist dein Lieblingsbauwerk?
Er hat sich bereits im Vorfeld Gedanken darüber gemacht. Sein Lieblingsbauwerk ist das „Werk12“ im Werksviertel in München. Dieses Bauwerk war das erste, das mit seinem ersten Startup Capmo begleitet wurde.
Patrick durfte regelmäßig an Baustellenbegehungen teilnehmen und er ist noch heute sehr stolz darauf, seinen Teil dazu beigetragen zu haben. Das können wir gut verstehen. Vielen Dank, dass du bei uns warst!