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5. Februar 2021

Berechnung von Betonstützen mit kombinierter Biegebeanspruchung in RF-BETON Stützen

Dieser Fachbeitrag befasst sich mit Elementen, deren Querschnitt gleichzeitig einem Biegemoment sowie Schubkraft als auch Normalkraft aus Druck und Zug unterliegt. In unserem Beispiel werden wir jedoch keine Beanspruchungen infolge Querkraft berücksichtigen.

Was ist eine kombinierte Biegebeanspruchung?

Die kombinierte Biegebeanspruchung wird durch das System (MG0, N) bestimmt, das an einem als Druckmittelpunkt bezeichneten Punkt C angesetzt wird. Der Abstand G0C wird als Exzentrizität der äußeren Kraft gegenüber dem Schwerpunkt G0 des aus Beton bestehenden Querschnitts bezeichnet.

Bei der kombinierten Biegung hängt der Wert des Biegemoments also allein von diesem Punkt ab, an dem die Reduzierung der Kräfte, hier G0, vorgenommen wird.

Bei der kombinierten Biegebeanspruchung ist zunächst die Lage des Druckmittelpunktes durch Berechnung von e0 zu ermitteln.

Berücksichtigung geometrischer Imperfektionen und Auswirkungen aus Theorie II. Ordnung im GZT

Bei der Analyse von Elementen und Tragwerken sind die ungünstigen Effekte möglicher geometrischer Imperfektionen des Tragwerks sowie Abweichungen in der Stellung der Lasten zu berücksichtigen. Abweichungen in den Abmessungen der Profile werden in der Regel in den Teilsicherheitsbeiwerten der Materialien berücksichtigt.

Schlankheitsgrad und Länge der einzelnstehenden Elemente

Wie in Bild 01 gezeigt, ist es in RF-BETON Stützen möglich, den Beiwert der Knicklänge β durch Modellierung der Lagerbedingungen von einzelnstehenden Elementen mit konstantem Querschnitt und der freien Länge l zu wählen.

Schlankheitskriterium für einzelnstehende Elemente

Es wird angenommen, dass die Einflüsse aus Theorie II. Ordnung vernachlässigt werden können, wenn geprüft wird, dass der Schlankheitskoeffizient kleiner ist als das Schlankheitskriterium.

Berücksichtigung des Kriechens

Die Auswirkung des Kriechens muss in der Analyse zweiter Ordnung unter Berücksichtigung der allgemeinen Kriechbedingungen und der Einwirkungsdauer der verschiedenen Lasten vereinfacht über eine effektive Kriechzahl berücksichtigt werden.

Wände und Einzelstützen aus Verbänden

Bei einzelnstehenden Elementen kann der Einfluss von Imperfektionen als Exzentrizität ei berücksichtigt werden.

Gerade Profile mit symmetrischer Bewehrung

Um Abweichungen in den Abmessungen der Profile zu berücksichtigen, sollte im GZT das Biegemoment berechnet werden:

Berechnung von Stahl mittels Interaktionsdiagrammen

Diagramme mit Moment-Normalkraft-Interaktion sind Rechenhilfsmittel, die eine schnelle Bemessung oder Überprüfung von geradlinigen Profilen ermöglichen, bei denen sowohl die Form als auch die Verteilung des Bewehrungsstahls im Voraus festgelegt sind. Die Interaktionsdiagramme werden nur für den Grenzzustand der Tragfähigkeit erstellt. Ein Interaktionsdiagramm wird mit Hilfe zweier Kurven gezeichnet, die eine kontinuierliche und geschlossene Linie bilden, die Interaktionskurve genannt wird. Der Verlauf dieser Kurven basiert auf den Gleichungen der Resultierenden sowie des resultierenden Moments und hängt insbesondere von folgenden Parametern ab:

  • Beton- und Stahlverformungsdiagramme
  • Beton- und Stahlspannungsdiagramme
So werden für einen vorliegenden Querschnitt (Beton, Bewehrung, Lage des Stahls) aus den Bemessungsschnittgrößen NEd und MEdG0 Größen ohne Abmessung definiert.

Die letzte Gleichung ermöglicht es, den erforderlichen Bewehrungsquerschnitt durch Interpolation der Kurvenfelder ρ des Interaktionsdiagramms mit Hilfe des reduzierten orthonormalen Koordinatensystems (μ, υ) zu bestimmen.

Theorie im Vergleich mit RF-BETON Stützen

An einem einfachen Beispiel werden die mit dem Zusatzmodul RF-BETON Stützen erhaltenen Ergebnisse mit den oben beschriebenen theoretischen Formeln verglichen.

  • Beanspruchungen, die auf den Schwerpunkt des reinen Betons, eines Elements einer Aussteifungsstruktur reduziert sind:
    • Ständig:
      • Ng = 85 kN
      • Mg = 90 kN.m
    • Veränderlich:
      • Nq = 75 kN
      • Mq = 80 kNm
  • Materialien:
    • Beton C 25/30
    • Stahl: S 500
  • Momentenverhältnis am Stützenfuß:
    • |M01| / |M02| = 1 / 3

Materialkennwerte

fcd = 1 ⋅ 25 / 1,5 = 16,67 MPa

fyd = 500 / 1,15 = 434,78 MPa

Grenzzustand der Tragfähigkeit

Beanspruchungen der Berechnungen im Grenzzustand der Tragfähigkeit:

MEd= 1,35 ⋅ Mg+ 1,5 ⋅ Mq

MEd= 1,35 ⋅ 90 + 1,5 ⋅ 80 = 241,50 kNm

NEd= 1,35 ⋅ Ng + 1,5 ⋅ Nq

NEd= 1,35 ⋅ 85 + 1,5 ⋅ 75 = 227,25 kN

Berücksichtigung geometrischer Imperfektionen ohne Einflüsse aus Theorie II. Ordnung im GZT

Geometrische Schlankheit für einzelnstehende Elemente unter Berücksichtigung der in einem Fundamentblock eingebetteten und in einen Träger eingespannten Stütze:

l0 = √2 / 2 ⋅ l = √2 / 2 ⋅ 6,00 = 4,24 m

Trägheitsradius in der Ebene parallel zur Seite h = 55 cm

iy = h / √12 = 0,55 / √12 = 0,159 m

Trägheitsradius in der Ebene parallel zur Seite b = 24 cm

iz = b / √12 = 0,24 / √12 = 0,069 m

Schlankheitsgrade

λy = 4,24 / 0,159 = 26,67 m

λz = 4,24 / 0,069 = 61,45 m

Grenzschlankheit:

Standardmäßig berücksichtigt das Programm die Werte gemäß Kriechwirkung für A, der in RF-BETON Stützen definierten Anfangsbewehrungen für B und dem Verhältnis der Momente an Fuß und Kopf des untersuchten Stabes für C. Diese Werte können jedoch selbst definiert werden:

A = 0,7

B = 1,1

C = 1,7 - 1 / 3 = 1,37

n = ( 227,25 ⋅ 10-3 ) / ( 0,24 ⋅ 0,55 ⋅ 16,67 ) = 0,103

λlim = ( 20 ⋅ 0,7 ⋅ 1,1 ⋅ 1,37 ) / √( 0,103 ) = 65,74

λy< λlim ⟹ Berechnung bei kombinierter Biegung in der XZ-Ebene

λz< λlim ⟹ Berechnung bei einfachem Druck in der XY-Ebene

Da die Schlankheitskoeffizienten kleiner als die Grenzwerte sind, ist es nicht sinnvoll, das Teil auf Knicken zu überprüfen, und es ist ausreichend, eine Berechnung bei kombinierter Biegung durchzuführen, ohne die Effekte der zweiten Ordnung zu berücksichtigen, bei folgenden Exzentrizitätsbeanspruchungen:

e0 = e1 + ei

Exzentrizität infolge rechnerischer Beanspruchungen

e1 = MEd / NEd

e1 : Exzentrizität infolge rechnerischer Beanspruchungen

e1 = 241,50 / 227,25 = 1,063 m

Korrigierte Beanspruchungen für Berechnung bei kombinierter Biegung

Einzelnstehende Stütze eines Aussteifungverbandes:

θ0 = 1 / 200

αh = 2 / √6 = 0,816

αm = √0,5 ⋅ ( 1 + 1 / 1 ) = 1

θi = 0,816 ⋅ 1 / 200 = 0,0041

ei = 0,0041 ⋅ 4,24 / 2 = 0,0087 m

Beanspruchungen, die auf den Schwerpunkt des Betonprofils reduziert sind:

e0 = e1+ ei ≥ Δe0

e0 = 1,063 + 0,0087 = 1,072 m

Die Mindestexzentrizität wird eingehalten.

MEdG0 = 227,25 ⋅ 1,072 = 243,61 kNm

Interaktionsdiagramm für einen rechteckigen Querschnitt mit symmetrischer Bewehrung bei kombinierter Biegung

νEd = ( 227,25 ⋅ 10-3) / ( 0,24 ⋅ 0,55 ⋅ 16,67 ) = 0,103

μEd = ( 243,61 ⋅ 10-3) / ( 0,24 ⋅ 0,552 ⋅ 16,67 ) = 0,201

Das Interaktionsdiagramm zur Ermittlung der erforderlichen Bewehrung entsprechend der reduzierten Kräfte νEd, μEd ist in den Rechenhilfsmitteln der Interaktionsdiagramme zugänglich (Jean Perchat, Traité de béton armé, 3. Auflage LE MONITEUR, Frankreich, 2017).

In der grafisches Wiedergabe wird dann der gefundener Wert zwischen den Interaktionskurven ρ = 0,35 und ρ = 0,40 interpoliert, wodurch sich ρ = 0,375 ergibt.

As = ( 0,375 ⋅ 0,24 ⋅ 0,55 ⋅ 16,67 ) / ( 434,78 ) ⋅ 104 = 18,98 cm2

Der Unterschied bei der Bewehrung von 0,10 cm² ergibt sich aus der Genauigkeit des Computers bei der Interpolation der Werte des Interaktionsdiagramms.


Autor

Milan Gérard arbeitet am Standort Paris. Er ist bei Dlubal für den Vertrieb und den technischen Support zuständig.

Links
Referenzen
  1. Roux, J.: Pratique de l'eurocode 2 - Guide d'application. Paris: Groupe Eyrolles, 2007
  2. Perchat, J.: Traité de béton armé - selon l'Eurocode 2, 3. Auflage. Antony Cedex: Groupe Moniteur, 2017
  3. EN 1992-1-1: Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken – Teil 1-1: Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau. Beuth Verlag GmbH, Berlin, 2004