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23. Januar 2023

Flughafen BER – Eine (Bau-)Katastrophe kommt selten allein

Woran denken wir, wenn wir den Begriff "Berliner Flughafen" hören? Neun Jahre Verspätung, sieben verschobene Eröffnungen und kostentechnisch ein Versagen auf ganzer Linie. Normalerweise genießt Deutschland im weltweiten Bauwesen einen sehr guten Ruf. Wir haben viele hervorragende Ingenieure, die international anerkannte Arbeit leisten. Wie also kann ein Mammut-Projekt wie der wohl wichtigste Flughafen Deutschlands in einer solchen Katastrophe enden? Wir widmen uns den Fakten und überlegen: Was hätte man besser machen können? Seid gespannt!

Hand aufs Herz: Die traurigen Eckdaten der BER-Pannenbaustelle

Im November 2020 war es endlich so weit: Der internationale Flughafen BER wurde eröffnet. Ein Grund zum Feiern? Nur bedingt. Als die Entscheidung, einen neuen großen Flughafen in Berlin zu errichten, getroffen wurde, gab es fünf Flughäfen in der Hauptstadt. 1995 wurden zwei davon geschlossen. Im Jahr 2008 folgte Berlin Tempelhof mit seinem großen Außenareal. Eigentlich sollte auch Berlin Tegel bereits 2011 geschlossen werden, denn hier war die Eröffnung des BER geplant. Allerdings lief er, wie wir wissen, bis Mitte 2021 weiter. Der Flughafen Berlin Schönefeld wurde als Terminal 5 zu einem Teil des neuen BER.

Das bis dahin größte Infrastrukturprojekt in Deutschland sollte innerhalb von fünf Jahren, also im Jahr 2011, beendet sein. Allerdings dauerte der Bau letztendlich 14 Jahre. Viele Fehlplanungen ließen die Kosten insgesamt auf etwa 7 Mrd. Euro ansteigen, geplant waren 2006 etwa 2 Mrd. Euro. Wie kam es dazu? Wir schauen uns die Geschichte des BER etwas genauer an.

BER – Baukatastrophe im Zeitraffer

Alle Stationen der 14 Jahre aufzuzählen, würde den Rahmen der Folge definitiv sprengen. Daher beziehen wir uns nur auf das Nötigste und die Fakten, die uns am wichtigsten erscheinen. Beginnen wir am Anfang jedes Bauprojekts: Der Beginn einer Idee. Als die Mauer 1989 fiel, wuchs mit der Wiedervereinigung Deutschlands der Wunsch nach einem Flughafen für Gesamt-Berlin.

Schon 2002 begannen die Planungen. Nachdem ein Standort in Schönefeld-Süd gefunden war, ging es an die Vergabe der Aufgabenbereiche. Der gesamte Flughafen sollte in privater Hand gebaut und später auch betrieben werden. Eröffnet werden sollte BER damals schon 2008. Dieses Vorhaben wurde allerdings wegen zu großen finanziellen Risiken eingestellt und es wurde entschieden, den Flughafenbau in öffentliche Hand zu geben. Die Umstellung von privat auf öffentlich kostete 41 Millionen Euro.

Im August 2004 waren alle Genehmigungen eingeholt und es konnte losgehen! Zumindest kurzzeitig. Ab Oktober flatterten über 4000 Klagen von Bau-Gegnern aus vier Gemeinden ein – und das nicht ohne Wirkung. Im April 2005 erfolgte ein Bau-Stopp und es durften nur noch Vorbereitungen weiterlaufen. Verschärfte Lärmschutzauflagen, inklusive eines Nachtflugverbots, sorgten im März 2006 dafür, dass der Bau wieder aufgenommen werden durfte, und im September kam es endlich zum ersten Spatenstich.

Im Oktober 2007 wurde der Bau des Hauptterminals neu ausgeschrieben und in sieben Baulose aufgeteilt. Es gab demnach keinen Generalunternehmer. Schon bald bemerkte man, dass die Kapazität des Hauptterminals nicht ausreichen würde, also wurden die Pläne nachträglich geändert. Es wurde ein zusätzliches Zwischengeschoss eingefügt.

Ende April 2010 wurde das Richtfest für das Hauptterminal gefeiert. Nur zwei Monate später wurde die Eröffnung das erste Mal um ein halbes Jahr verschoben. Die Sicherheitsbestimmungen waren verschärft worden und eine der Planungsfirmen ging bankrott. Nicht nur das. Im Dezember 2010 wurden erste Mängel der vollautomatischen Brandmeldeanlage sichtlich.

Nur vier Wochen vor dem eigentlichen Eröffnungstermin wurde er erneut verschoben. Es gab einfach zu viele Mängel. Unter anderem Schallschutz-Probleme und die nicht funktionierende Brandmeldeanlage waren auch der Grund für zwei weitere Verschiebungen. Als 2013 die Eröffnung ein weiteres Mal verschoben wurde, war nur noch die Rede von 2014 oder 2015. Doch dank weiterer Mängel wurde auch 2015 der Termin nicht eingehalten.

Trotz einer 6 Tage-Woche und einem Zwei-Schicht-System konnte auch der nächste Termin 2017 nicht vor der Verschiebung gerettet werden. Erst im April 2020 war es so weit: Der Bau des Flughafens BER wurde beendet! Auch die Brandmeldeübung im August verlief ohne Probleme und alle TÜV-Bescheinigungen wurden erfüllt. Im November wurde der Flughafen eröffnet.

Analyse der größten Probleme auf der BER-Baustelle

Beim Projekt "Flughafen Berlin Brandenburg" hatte auch die Politik ihre Finger im Spiel. Der Bau wurde schließlich in öffentliche Hand gegeben. In der Aufsichtsratsbesetzung und Flughafengesellschaft fand man zwar viele hohe Ämter und auch Minister für Verkehr, aber die meisten Mitglieder waren fachfremd. Über die Zeit hinweg hat sich natürlich auch die Politik immer wieder geändert und ständig wurde sich gewünscht, doch die Pläne abzuändern. Es wurden zu viele Entscheidungen von zu vielen Leuten getroffen, die mit dem Bauwesen überhaupt nicht vertraut waren.

Es gab keinen Generalunternehmer, der den Bau von oben sozusagen überwachen konnte. Dadurch gab es immer wieder Probleme damit, wer wofür zuständig war. Es fehlte vollkommen die Übersicht und es endete, wie es enden musste: im Chaos.

  • Eine Großbaustelle mit vielen unterschiedlichen Subunternehmern und kleinen Gewerken kann ohne gutes Baumanagement nicht funktionieren.

Zwar gab es einen Technik-Chef und einen Flughafen-Chef, aber die beiden waren leider mit diesem riesigen Projekt überfordert. Hier stand der Eröffnungstermin eher im Fokus als die Beseitigung der zahlreichen Mängel. Es wurde nicht genügend kommuniziert, teils mit Absicht. Informationen wurden vorenthalten oder nicht weitergegeben, um den Eröffnungstermin nicht zu gefährden. Die Manager-Struktur hat einfach nicht funktioniert.

Es kam zu einem häufigen Personalwechsel, wodurch regelmäßig wichtiges Wissen und Erfahrungen derer, die bereits seit Jahren auf der Baustelle arbeiteten, verloren ging. Als Sündenbock aller Probleme traf es beispielsweise das Planungsbüro, das schon in der Generalplanung ganz zu Anfang beteiligt war. Dadurch fehlten Pläne und ein Teil des Personals, das vom ersten Tag an dabei gewesen war. Auch die Führungspositionen wie der Flughafenchef und der Technikchef wechselten sehr häufig.

Die Standortwahl war ebenfalls unpraktisch. Gerade die vielen Beschwerden von Anwohnern führten zu jeder Menge Verzögerungen und hohen Schadensersatzzahlungen.

Auch die nachträglichen Änderungen an der Planung waren ein großes Problem. Immer wieder kamen neue Politiker in der Planungsgesellschaft aus Flughafengesellschaft und Aufsichtsrat dazu, damit auch neue, teils vollkommen unsinnige Vorschläge. Das Zwischengeschoss, das nachträglich dazu geplant wurde, war nur eine von über 500 Änderungen an den Entwurfsplänen. Wir wissen: Der Feind des Fortschritts in Deutschland ist immer noch die Bürokratie. Und jede dieser Änderungen musste erst genehmigt werden.

Der Brandschutz ist etwas, über das wohl am meisten gesprochen wurde. Das übliche Chaos bei vielen zur Hälfte Zuständigen sorgte teils dafür, dass Kabel falsch verlegt wurden. Dann kam noch die neu geplante Etage hinzu, was alle bisherigen Pläne hinfällig machte. Die geplante Entrauchungs-Anlage war sehr kompliziert, da dieses Konzept damals noch etwas vollkommen Neues war. Anstatt den Rauch nach oben abziehen zu lassen, sollte er nach unten gelangen, aber die Computersteuerung funktionierte einfach nicht.

Nicht nur die Brandmeldeanlage war ein Problem. Insgesamt gab es über 75.000 Mängel, die festgestellt wurden. Eine mangelhafte Baukontrolle und Bauüberwachung sorgten dafür, dass viele Fehler erst viel zu spät bemerkt wurden. Teils hingen Kabel lose von der Decke, weil Kabelschächte schlicht vergessen wurden und es lange keinem aufgefallen ist. Wie auch, wenn das Personal überfordert ist und ständig wechselt?

Unsere Top 5 der unnötigsten Fehler:

  • 1036 Bäume wurden falsch gepflanzt (falsche Sorte)
  • Sehr früh eingebaute Monitore und Computer-Einheiten waren irgendwann veraltet und wurden ausgetauscht
  • Durch Umplanungen waren am Ende viele Räume falsch nummeriert
  • Rolltreppen waren zu kurz
  • Normale Dübel für Toilettenpapierhalter, sodass die Rollen einfach abfielen

Was hätte beim BER anders laufen können?

Ein Generalplaner hätte dafür sorgen können, dass alles funktioniert. Auch ein erfahrener zentraler Projektmanager wäre sicherlich in der Lage gewesen, den Überblick zu behalten und die einzelnen Beteiligten vernünftig zu koordinieren.

Selbst, wenn eine Generalplanung keine Option gewesen wäre, braucht es bei über 40 beteiligten Unternehmen definitiv eine klare Führung, die alles koordiniert. Ein Bauleiter mit Erfahrung gehört in solchen Projekten ganz klar auf die Führungsetage, gemeinsam mit dem Bauherrn. Nur durch gegenseitige Abstimmung und klare, ehrliche Kommunikation kann eine solche Baustelle funktionieren. Regelmäßige Update-Gespräche zwischen überwachenden und ausführenden Einheiten hätten viele Prozesse vereinfacht. Wir halten fest: Ein gut geführtes Management ist Gold wert – nicht nur bei groß angelegten Bauprojekten. Es muss klar geregelt sein, wer für was zuständig ist.

  • Ein gutes Projektmanagement ist das A&O für das Errichten von komplexen Bauvorhaben.

Die Planung eines Bauprojekts sollte man auch Profis aus der Baubranche überlassen. Politik ist Politik und Bauen ist Bauen. Zudem sind Umplanungen während eines schon laufenden Bauprojekts nie eine gute Idee. Hier sollte immer abgewogen werden, ob so etwas wirklich notwendig ist.

Auch die Öffentlichkeitsarbeit war hier eindeutig mangelhaft. Anstatt die Beschwerden zu Lärm und Überflug einfach hinzunehmen, hätte den Bürgerinnen und Bürgern ein Konzept vorgelegt werden müssen, das sie auch verstehen können. Ohne die Bevölkerung, vor allem in betroffenen Gebieten, von Anfang an in die Planung miteinzubeziehen, ist ein solches Großprojekt zum Scheitern verurteilt.

Hätte sich die Führung der gesamten Baustelle mehr darauf konzentriert, die Mängel ernst zu nehmen und zu beheben, als auf den Eröffnungstermin zu bestehen, wäre vieles anders gelaufen.

Fazit: Viele Köche und ein Pannen-Brei

Wir fassen also zusammen: Der Bau des Berliner Flughafens ist ein wahres Trauerspiel unserer Baubranche. Viel zu viele Beteiligte hatten viel zu wenig Ahnung und haben trotzdem viele unüberlegte Entscheidungen getroffen, die letztendlich falsch waren. Es wurden viel Energie und Kosten in Bereiche investiert, die am Ende nur zu noch mehr Kosten und Verzögerungen geführt haben. Niemand hatte mehr eine wirkliche Übersicht, man wusste gar nicht mehr, wer für was zuständig war, und das ständig wechselnde Personal machte das Chaos komplett.

Uns bleibt nur, zu hoffen, dass unser Bauwesen aus dieser Pannen-Baustelle lernt und so etwas nie, nie, nie wieder geschieht. Denn eigentlich hat die Baubranche in Deutschland einen sehr guten Ruf und das zurecht.

Was man mit dem Geld besser hätte anstellen können? Das könnt ihr euch gerne hier selbst einmal ansehen:

Flughafen Berlin Kostenrechner

Vielen Dank, dass ihr dabei wart! Wir freuen uns schon auf unseren nächsten Podcast!


Autor

Frau Ruthe ist im Marketing als Copywriterin zuständig für die Erstellung kreativer Texte und packender Headlines.



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