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18. Dezember 2020

Biegedrillknicken im Holzbau | Beispiele 2

Im vorherigen Beitrag Biegedrillknicken im Holzbau | Beispiele 1 wurde die praktische Anwendung zur Ermittlung des kritischen Biegemomentes Mcrit beziehungsweise der kritischen Biegespannung σcrit für das Kippen eines Biegeträgers anhand von einfachen Beispielen erläutert. In diesem Beitrag wird das kritische Biegemoment unter Berücksichtigung einer elastischen Bettung, resultierend aus einem Aussteifungsverband, ermittelt.

Statisches Modell

Für das in Bild 01 dargestellte System sollen die Binder auf Kippen untersucht werden. In Dachebene befinden sich sechs Binder als Parallelträger mit 18 m Länge und zwei Aussteifungsverbände. Die Balken an den Giebelseiten sind durch Stützen unterstützt und werden für die Berechnung nicht berücksichtigt. Auf die Binder wirkt eine Bemessungslast qd von 10 kN/m.

Modelldaten

L 18 m Länge des Trägers
b 120 mm Breite des Trägers
h 1.200 mm Höhe des Trägers
GL24h - - Material gemäß EN 14080
Iz 172.800.000 mm4 Trägheitsmoment
IT 647.654.753 mm4 Torsionsträgheitsmoment
qd 10 kN/m Bemessungslast
az 600 mm Laststellung
e 600 mm Lage der Bettung

Hinweis: Auch wenn in den nachfolgenden Gleichungen für E und G nicht explizit im Index der Verweis auf die 5-%-Quantilwerte gegeben ist, wurden diese trotzdem entsprechend berücksichtigt.

Gabelgelagerter Einfeldträger ohne Zwischenabstützungen

Der Vollständigkeit halber wird zunächst der Binder ohne seitliche Halterung untersucht (siehe Bild 02). Die Ersatzstablänge ergibt sich bei einem Lastangriff an der Oberseite des Binders mit a1 = 1,13 und a2 = 1,44 zu:

lef = 17,79 m

Das kritische Biegemoment kann danach wie folgt berechnet werden:

Mcrit = 134,52 kNm

Auf eine Erhöhung des Produktes der 5-%-Quantilen der Steifigkeitskennwerte wegen der Homogenisierung von Trägern aus Brettschichtholz wird in diesen Beispielen verzichtet.

Das auf den Bindern einwirkende Biegemoment resultiert zu:

Md = 405,00 kNm

Die Eigenwertanalyse mit dem Zusatzmodul RF-/FE-BGDK liefert als Ergebnis einen Verzweigungslastfaktor von 0,3334. Daraus folgt das kritische Biegemoment

Mcrit = 0,3334 ⋅ 405 kNm = 135,03 kNm

und ist somit identisch mit dem Ergebnis der analytischen Lösung.

Wie für diesen nichtgestützten, schlanken Binder zu erwarten war, ist das einwirkende Biegemoment größer (um Faktor 3) als das kritische Biegemoment, und der Binder ist somit nicht ausreichend gegen Kippen gehalten. Dem soll jedoch ein Verband entgegenwirken, welcher nun für die Berechnung berücksichtigt wird.

Gabelgelagerter Einfeldträger mit starren Zwischenabstützungen

Ist der Aussteifungsverband steif genug, wird in der Praxis häufig der Abstand der seitlichen Halterungen (zum Beispiel durch Pfetten) als Ersatzstablänge für den Kippnachweis verwendet. Dieses Vorgehen wurde bereits im vorherigen Beitrag Biegedrillknicken im Holzbau | Beispiele 1 aufgezeigt.

Als L wird demnach 2,25 m verwendet. Für a1 = 1,00 und a2 = 0,00 folgt:

lef = 2,25 m

Für das kritische Biegemoment ergibt sich:

Mcrit = 1.063,51 kNm

Da das auf den Träger einwirkende Biegemoment kleiner ist als das kritische Biegemoment, ist der Träger unter der Annahme von starren Zwischenabstützungen nicht kippgefährdet.

Die Eigenwertanalyse mit dem Zusatzmodul RF-/FE-BGDK liefert als Ergebnis einen Verzweigungslastfaktor von 2,7815. Daraus folgt das kritische Biegemoment

Mcrit = 2,7815 ⋅ 405 kNm = 1.126,50 kNm

Gabelgelagerter Einfeldträger mit elastischer Stabbettung


Wie in Biegedrillknicken im Holzbau | Theorie erläutert ist, wird in [1] für elastisch gebettete Stäbe die Ermittlung der Ersatzstablänge mit dem Faktor α und β erweitert.

Damit ist es möglich, die Schubsteifigkeit eines Aussteifungsverbandes für das Kippen der Binder zu berücksichtigen. Die Ermittlung der Schubsteifigkeit des Verbandes kann beispielsweise nach [2] Bild 6.34 erfolgen. Wie daraus zu erkennen ist, ist diese abhängig vom Typ des Verbandes, von der Dehnsteifigkeit der Diagonalen und der Pfosten, von der Neigung der Diagonalen und von der Nachgiebigkeit der Verbindungsmittel. Für den in Bild 01 abgebildeten Aussteifungsverband ergibt sich die Schubsteifigkeit zu:

Hierbei ist ED der E-Modul der Diagonalen und AD deren Querschnittsfläche. Die obige Gleichung enthält jedoch nicht die Nachgiebigkeit der Verbindungsmittel der Diagonalen. Diese und die Stablängung der Diagonalen können über eine fiktive Querschnittsfläche AD' berücksichtigt werden. Es folgt:

mit

Die Diagonalen haben die Abmessung b/h = 120/200 mm und eine Länge LD von 4,59 m. Der Verschiebungsmodul des Anschlusses auf jeder Seite der Diagonalen soll 110.000 N/mm betragen.

Die ideelle Fläche beträgt demnach

AD' = 12.548 mm²

und damit die Schubsteifigkeit eines Verbandes, mit einem Winkel der Diagonalen zum Gurt von 60,64 °,

sid = 44.864 kN

Die Stabbettung pro Verband lässt sich daraus gemäß [2] Formel 7.291 wie folgt überführen:

Für zwei Verbände und sechs Binder steht pro Binder folgende Federkonstante zur Verfügung:

Ky = 455,6 kN/m² = 0,456 N/mm²

Unter der Voraussetzung, dass KG = ∞, Kθ = 0, Ky = 0,456 N/mm², e = 600 mm, a1 = 1,13 und a2 = 1,44 ist, ergibt sich die Ersatzstablänge zu:

lef = 0,13

Das kritische Biegemoment ergibt sich damit zu einem utopischen Wert von:

Mcrit = 18.482,84 kNm

Zu erwarten wäre ein Wert ähnlich des Systems mit starren Zwischenabstützungen. Wie in Biegedrillknicken im Holzbau | Theorie erläutert, ist die Anwendung der erweiterten Formel mit α und β in ihrer Anwendung eingeschränkt.

Diese hat streng genommen nur Gültigkeit, wenn eine Auslenkung in einem großen Sinusbogen vorliegt. Also dann, wenn die Bettung sehr weich ist. Dies ist in diesem Beispiel nicht mehr gegeben. Mehrwellige Eigenfunktionen, die bei größeren Federkonstanten zur kleinsten Verzweigungslast führen, sind in der besagten Gleichung nicht erfasst, da diese auf eingliedrigen Sinusansätzen basiert.

Wie auf Bild 07 zu sehen ist, resultiert aus der Eigenwertanalyse eine mehrwellige Eigenform.

Für diesen Fall kann das Verfahren, welches von Prof. Dr. Heinrich Kreuzinger (2020) hergeleitet wurde, Anwendung finden. Das kritische Biegemoment wird wie folgt berechnet:

Die Konstante n kennzeichnet die 1., 2., 3.… Eigenlösung. Demnach sind mehrere Eigenlösungen zu untersuchen und daraus ist dann das kleinste kritische Biegemoment maßgebend. Für n = 1…30 ergeben sich folgende kritische Biegemomente.

n Mcrit [kNm] n Mcrit[kNm]
1 9.523,25 16 2.214,63
2 4.281,26 17 2.339,17
3 2.294,32 18 2.464,92
4 1.605,56 19 2.591,63
5 1.354,68 20 2.719,14
6 1.282,70 21 2.847,30
7 1.294,12 22 2.976,00
8 1.348,81 23 3.105,16
9 1.428,05 24 3.234,71
10 1.522,29 25 3.364,60
11 1.626,24 26 3.494,77
12 1.736,77 27 3.625,20
13 1.851,94 28 3.755,84
14 1.970,50 29 3.886,67
15 2.091,60 30 4.017,68

Für n = 6 wird Mcrit minimal und beträgt 1.282,70 kNm.

Die Eigenwertlösung aus dem Zusatzmodul RF-/FE-BGDK (siehe Bild 07) ergibt:

Mcrit = 3,4376 ⋅ 405 kNm = 1.397,25 kNm

Die beiden Ergebnisse erzielen eine sehr gute Übereinstimmung. Die analytische Lösung liegt jedoch auf der sicheren Seite, da bei diesem Verfahren vereinfacht von einem konstanten Biegemomentenverlauf ausgegangen wird. Dem konstanten kritischen Biegemoment Mcrit wird dann eine kritisch Belastung qcrit zugeordnet.

Da die Stabbettung in diesem Beispiel als sehr steif anzusehen ist und konstant über die Binderlänge verschmiert wird, ergeben sich leicht höhere kritische Biegemomente als bei der starren Einzelabstützung.

Gemäß [3] Kapitel 9.2.5.3 (2) müssen Aussteifungsverbände so steif sein, dass die horizontale Auslenkung L/500 nicht überschritten wird. Die Berechnung muss dabei mit den Bemessungswerten der Steifigkeiten erfolgen (siehe [1] Kapitel NCI Zu 9.2.5.3).

Für kcrit = 0,195, H = 5 m und qp = 0,65 kN/m² als Böengeschwindigkeitsdruck ergeben sich folgende Lasten (siehe [3] Kapitel 9.2.5.3):

Nd = (1 - 0,195) ⋅ 405 / 1,2 = 271,68 kN

qd = 2,76 kN/m

qd,wind = 1,5 ⋅ (0,7 + 0,3) ⋅ 0,65 ⋅ 5 / 2 = 2,44 kN/m

Die Verformung des Aussteifungsverbandes ist in Bild 08 dargestellt. Dabei wurden die Lasten nochmals halbiert, da zwei Aussteifungsverbände vorhanden sind.

Die zulässige Verformung beträgt:

Dies bestätigt die Annahme eines sehr steifen Verbandes und ist im Einklang mit den nahezu identischen kritischen Biegemomenten des Systems mit starrer Zwischenabstützung und des Systems mit elastischer Stabbettung.

Zusammenfassung

Es wurde gezeigt, mit welchen Möglichkeiten im Holzbau das Kippen von Biegeträgern untersucht werden kann. Für die gängigen Methoden sollte darauf geachtet werden, dass die Aussteifungsverbände steif genug sind, um starre Abstützungen annehmen zu können. Es wurden entsprechend Varianten gezeigt, falls diese Annahme nicht zutrifft. Grundsätzlich müssen die Biegeträger und die Aussteifungsverbände gemäß der entsprechenden Norm noch auf ihre Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit untersucht werden. Dies ist jedoch nicht Gegenstand dieses Artikels.


Autor

Herr Rehm engagiert sich in der Entwicklung im Bereich Holzbau und im Kundensupport.

Links
Referenzen
  1. Nationaler Anhang - Eurocode 5: Bemessung und Konstruktion von Holzbauten - Teil 1-1: Allgemeines - Allgemeine Regeln und Regeln für den Hochbau; DIN EN 1995-1-1/NA:2013-08
  2. Petersen, C.: Statik und Stabilität der Baukonstruktionen, 2. Auflage. Wiesbaden: Vieweg, 1982
  3. Eurocode 5: Bemessung und Konstruktion von Holzbauten - Teil 1-1: Allgemeines - Allgemeine Regeln und Regeln für den Hochbau; DIN EN 1995-1-1:2010-12


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