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16. August 2023

Neubau, Anbau, Umbau: Tragwerksplanung hautnah

Wenn ich ein Haus bauen will: Wann brauche ich dafür einen Statiker? Ob Neubau, Anbau oder Umbau – Tragwerksplanung ist ein spannendes Thema und unser heutiger Gast Thomas Linder erzählt uns mehr darüber. Seid gespannt!

Ferien auf der Baustelle

Studiert hat Thomas klassisch Ingenieurwesen an der TU München, nachdem er schon zuvor in seinen Ferien auf der Baustelle gearbeitet hatte. Einige Jahre war er in einem Angestelltenverhältnis und hat sich dann entschlossen, seine Erfahrungen zu nutzen, um sich etwas Eigenes aufzubauen. Er wollte nicht nur Prüfstatik machen, sondern etwas planen, das dann auf der Baustelle so umgesetzt wird. Neue Herausforderungen mussten her.

  • Ich wollte sagen können: Jawoll, da habe ich mitgearbeitet! Das war mein innerer Antrieb.

Diesen schöpferischen Antrieb kennen sicher viele von uns. Thomas ist heute nicht nur Tragwerksplaner, er leitet auch ein eigenes Ingenieurbüro, die TuB Tragwerk GmbH. Ihr Angebot an Dienstleistungen ist vielfältig: Sie übernehmen Planungsleistungen im Bereich Neubau, Umbau, Sanierung und Instandsetzung im gewerblichen industriellen Umfeld sowie im Wohnungsbau.

Was ist Tragwerksplanung?

Was in der Praxis gerne synonym verwendet wird, ist eigentlich nicht exakt das gleiche. Wir fragen Thomas, wie er die beiden Begriffe voneinander unterscheidet. Statiker und Tragwerksplaner: Gibt es überhaupt einen Unterschied?

Zunächst einmal sind Bauingenieure sehr vielseitig. Es gibt nicht nur die klassischen Tragwerksplaner und Statiker, sondern auch Verkehrsplaner oder solche, die im Wasserbau tätig sind oder im Tunnelbau. Thomas hat sich für den Weg des konventionellen Tragwerksplaner entschieden.

Statiker ist ihm als Begriff nicht weit genug gefasst. Es geht nicht nur darum, Lasten zu berechnen, um am Ende die Baugenehmigung zu bekommen. Daher favorisiert er die Bezeichnung Tragwerksplaner. Ein Tragwerksplaner stimmt sich mit allen am Bau Beteiligten ab, agiert also nicht allein, sondern immer in Abhängigkeit mit z.B. Architekten, Brandschutz-Experten und der Haustechnik.

Zu diesem Zweck steigt Thomas mit seiner Firma immer möglichst früh in den Planungsprozess ein, noch bevor der Architekt seine finale Zeichnung einreicht. Auf diese Weise können alle gemeinsam an der besten Lösung für das Gebäude arbeiten, ohne dass später etwas geändert werden muss.

  • Das Rechnerische ist natürlich wichtig, aber was wir als Tragwerksplaner an Mehrwert stiften, ist die Zusammenarbeit mit den anderen Fachbereichen, um für den Bauherren die beste Lösung zu entwickeln.

Vor allem geht es darum, den Bauherren oder die Bauherrin zu beraten. Die TuB Tragwerk GmbH arbeitet vorab mit Checklisten, um dem Auftraggeber alle Möglichkeiten aufzuzeigen, die das Gebäude haben kann. Dazu gehören statische Entscheidungen, die beispielsweise einen späteren Anbau oder eine Aufstockung ermöglichen, aber auch solche wirtschaftlicher Natur. Lohnt es sich, diesen großen Bereich stützenfrei zu halten, dafür aber wesentlich mehr Kosten zu tragen?

Wann ist eine Tragwerksplanung notwendig?

Wir fragen Thomas, in welchen Fällen es ratsam wäre, einen Tragwerksplaner oder eine Tragwerksplanerin zu Rate zu ziehen. Er erklärt uns, dass überall, wo ein Haus neu- oder umgebaut wird, das Einbeziehen der Tragwerksplanung nicht nur sinnvoll, sondern notwendig ist. Schließlich geht es dabei um die spätere Standsicherheit des Gebäudes.

Das fängt schon bei einem Carport an. Brauche ich für ein Carport einen Statiker? Es muss immer mit den örtlichen Gegebenheiten gerechnet werden. Wie viel Windlast hält er aus, wie viel Schnee? Eignet er sich für mein Haus in meiner Wohngegend? Für welche Ansprüche wurde der Carport dimensioniert? Um das beurteilen zu können, macht die Meinung eines Tragwerksplaners natürlich Sinn.

Brauche ich für ein Aquarium einen Statiker? Beim Aufstellen eines Aquariums verhält es sich ähnlich. Wichtig ist hier, welches Deckensystem im Haus verwendet wurde und welche Lasten in der Bestandsstatik vermerkt sind. Bei größeren Aquarien ist es dann ratsam, jemanden aus der Tragwerksplanung um Rat zu bitten.

Was sind deine Aufgaben?

Thomas selbst übernimmt noch ab und an selbst die Koordination von Tragwerksplanungen. Ein Projektleiter, der Ansprechpartner nach außen, weist seine Mitarbeitenden ein und koordiniert ihre Arbeit. Zudem steht er in ständigem Kontakt zum Bauherrn und anderen an der Planung beteiligten Facharbeitenden.

Er erzählt uns, dass er aktuell in einer Art Zwischenposition zwischen Geschäftsführer und Tragwerksplaner ist. Wenn in Zukunft mehr Mitarbeitende hinzukommen und alles in geordneten, routinierten Bahnen läuft, wird er sich aber gänzlich in die beobachtende Position eines Geschäftsführers zurückziehen.

Herausforderungen in der Tragwerksplanung

Bisher hatte er schon zahlreiche Herausforderungen zu überwinden. Er erzählt uns davon, wie er mit seinem Team dafür sorgen sollte, dass bei laufendem Betrieb des Gebäudes die Betonstütze der Fassade einer Halle weichen sollte. Hier hat er besonders zu spüren bekommen, wie viel Verantwortung ein Bauingenieur hat. Nur mit akribischer Genauigkeit bei der Planung kann ein solcher Auftrag korrekt und sicher umgesetzt werden.

  • Oben in der Etage sitzen Leute, während wir hier unten die Stütze absäbeln und da darf einfach kein Fehler passieren.

Damit die Planung aus Thomas’ Händen dann auch genauso auf der Baustelle umgesetzt werden konnte, hat er im Vorfeld mit allen Beteiligten Gespräche geführt. Ihm war es wichtig, die Arbeitenden dort dafür zu sensibilisieren, dass sie alle Arbeitsschritte korrekt und geradezu penibel umsetzen müssen. Qualitätssicherung ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass ein Projekt erfolgreich ist.

Tragwerksplanung ist kein Job, den man mit der Tür im Büro einschließt. Nicht wenige Tragwerksplanerinnen und Tragwerksplaner verfolgen statische Entscheidungen noch bis in ihre Träume. Reicht das Stahlprofil wirklich aus, um die Lasten aufzunehmen? Habe ich dieses Bauteil richtig bemessen? Wird der Bauherr damit zufrieden sein?

Schließlich ist die Verantwortung sehr hoch. Gerade, wenn man Bemessungsergebnisse nicht selbst bewerten kann, sieht Thomas das als schwierig. Damit bezieht er sich vor allem auf Statiksoftware. Sie ist ein gutes Hilfsmittel, sollte aber immer transparent und überprüfbar sein. So wird auf der Baustelle am Ende auch alles wie geplant ablaufen.

Er erklärt uns, dass man nur einmal vergisst, den Haken beim Eigengewicht berechnen zu setzen, und schon ist eine bauliche Katastrophe vorprogrammiert. Zumindest mit einer groben Überschlagsformel sollte man in der Tragwerksplanung immer gegenrechnen, um solche Probleme auszuschließen. Oft liegen solche Fehler schließlich nicht in der Programmierung des Programms, sondern in der falschen Eingabe.

  • Wenn mein Bauchgefühl mir sagt, das kann hier nicht passen, muss ich nochmal nachrechnen.

Zukunft der Baubranche

Mittlerweile hat Thomas über 22 Jahre Berufserfahrung. Seit seinen Anfängen hat sich gerade in Sachen Digitalisierung einiges getan. Zeichnungen per Hand wurden zu CAD-Zeichnungen. Seit Jahren setzt sich BIM immer mehr durch. Die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen am Bau Beteiligten sieht er als unglaublich wichtig. Letztendlich wird die Digitalisierung weiter voranschreiten.

Robotik wird dabei helfen, 3D-Pläne und Bewehrungspläne zu nutzen, um den Arbeitsschritt der Bewehrung zu automatisieren. Dank Tablets auf der Baustelle können 3D-Knoten live wandern und verglichen werden, was man mit einem ausgedruckten Plan gar nicht darstellen kann.

Vor allem kann durch Digitalisierung Zeit gespart werden. Bei Bewehrungsabnahmen mit A1 oder A0 großen Plänen zu arbeiten: Da dauert es etwas, sich zurechtzufinden und Hinweise weiterzugeben. Mit einem Tablet wäre das wesentlich einfacher und schneller erledigt.

  • Man hat alle Pläne direkt dabei und steht nicht oben auf dem Dach: Oh, jetzt habe ich die Pläne unten vergessen und muss wieder runtergehen.

Wenn er etwas an der Baubranche ändern könnte, würde er sich wünschen, dass bei Bauherren und Architekten das Bewusstsein stärker präsent ist, was Tragwerksplanung leisten kann. Wirtschaftliche, nachhaltige und effiziente Strukturen können so am einfachsten geschaffen werden.

Bei vielen „Das haben wir schon immer so gemacht“-Aussagen kann Thomas nur den Kopf schütteln. Oft fehlt hier einfach das Fachwissen. Daher redet er viel mit den Beteiligten und erklärt genau die einzelnen Zusammenhänge. Offen zu sein für Neues ist im Bauwesen sehr wichtig, um voranzukommen.

Er möchte angehenden Ingenieurinnen und Ingenieuren ans Herz legen, auch über den eigenen Tellerrand hinaus zu schauen. Von anderen Fachbereichen kann man sich immer etwas für seinen eigenen mitnehmen und daraus lernen, um sich selbst weiterzuentwickeln.

Hilfreich wäre es beispielsweise, wenn schon an Hochschulen Ingenieure und Architekten gemeinsam an Projekten arbeiten würden, um die Arbeitsweise des anderen besser zu verstehen.

Was ist dein Lieblingsbauwerk?

Ein direktes Lieblingsbauwerk hat Thomas nicht. Damals als Student war er immer vom Brückenbau fasziniert. In der Schweiz gibt es eine Brücke aus der Jahrhundertwende, das er sehr bewundert hat.

Vor einigen Jahren hat er sich Rom angesehen und dort vor allem das Pantheon für sich entdeckt. Allein, dass die Leute damals mit ihren begrenzten Mitteln solch ein Bauwerk erschaffen haben, beeindruckt ihn sehr. Unsere heutige Betonbauweise wurde quasi damals bereits erfunden. Es ist bemerkenswert, wie dauerhaft man Gebäude bauen kann.

Da können wir ihm nur zustimmen. Vielen Dank, dass du bei uns warst, Thomas! Ihr möchtet euch die Folge selbst anhören? Hier findet ihr sie:
Podcast 052: Neubau, Anbau, Umbau feat. Thomas Linder


Autor

Frau Ruthe ist im Marketing als Copywriterin zuständig für die Erstellung kreativer Texte und packender Headlines.

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