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6. März 2018

Schnittstellen und relevante Funktionen für BIM-orientiertes Arbeiten

In dem Beitrag werden die gebräuchlichsten BIM-Schnittstellen besprochen. Beim Übergang in das Statik-Fachmodell sind häufig Nachbearbeitungen notwendig. Die auftretenden Aufgaben und Tools zu deren erfolgreichen und schnellen Lösung werden vorgestellt.

BIM-Schnittstellen

Um erstellte BIM-Modelle auch für die Tragwerksplanung nutzen zu können, bedarf es definierter Schnittstellen, mit denen für die Statik relevante Bauteile in die jeweilige Statiksoftware übertragen werden können. Die üblichen Schnittstellen ermöglichen in der Regel die Übergabe von Strukturobjekten (Stäbe, Platten, Scheiben, Volumenkörper). Speziell auf die Statik zugeschnittene Schnittstellen beinhalten darüber hinaus statische Objekte wie Lagerbedingungen, Gelenke, Lasten, Lastfälle und Lastfallkombinationen. Diese Statikobjekte sind keine real sichtbaren und greifbaren Daten, die sich aus der reinen Geometrie des Tragwerks ergeben, sondern hängen von dessen Verwendung und angewendeten Normen ab.

Der Tragwerksplaner entscheidet zudem, ob zum Beispiel ein Lager oder Gelenk starr, nachgiebig oder vollkommen gelenkig wirkt. Ist neben dem physikalischen BIM-Modell, welches die Geometrie eindeutig beschreibt (sichtbar), auch das mechanische Tragwerksmodell (idealisiertes Modell für die Berechnung) vorhanden, so sind das ideale Bedingungen, um direkt eine statische Berechnung zu starten. Anstelle des physikalischen BIM-Modells wird dann direkt das mechanische Tragwerksmodell verwendet. Schnittstellen, die auch Statikobjekte beinhalten, sind:

  • IFC Structural Analysis View
  • SDNF-Format
  • Produktschnittstelle Stahlbau
  • CIS/2

Die Entwicklung dieser Schnittstellen erfolgte in den späten 1990er Jahren zunächst auf nationaler Ebene. Man erkannte aber sehr schnell, dass eine internationale Standardisierung erfolgen musste, und daher einigte man sich, weitere Entwicklungen nur noch auf Basis von Industry Foundation Classes (IFC) durchzuführen. Daher sind neue Weiterentwicklungen nur noch im IFC Structural Analysis View zu erwarten. Dennoch werden die oben genannten Schnittstellen immer noch weitläufig eingesetzt und leisten einen wichtigen Beitrag zu BIM-Szenarien bei vielen Unternehmen.

Neben diesen auf Austauschdateien im Textformat basierten Schnittstellen werden BIM- und Statikprogramme auch über direkte Schnittstellen gekoppelt, bei denen über APIs (Application Programming Interfaces) Daten übergeben werden. Solche Schnittstellen sind nicht an Schnittstellen-Spezifikationen (wie IFC oder SDNF) gebunden und daher liegt es an den beteiligten Unternehmen, welche Möglichkeiten und Grenzen der Übergabe eventuell bestehen. Dlubal Software entwickelte auf der Basis von APIs Schnittstellen zu folgenden Programmen:

  • Tekla Structures
  • Autodesk Revit und AutoCAD
  • Bentley ISM
  • AVEVA Bocad

Neben den bisher genannten Schnittstellen spielt auch das DXF-Format eine wichtige Rolle, bei dem aber die Objektorientierung fehlt. Liegt kein mechanisches Tragwerksmodell vor, so können nur physikalische BIM-Modelle übergeben werden. Dafür ist der IFC-Coordination View 2.0, basierend auf IFC 2x3, die wichtigste Schnittstelle. Seit Mitte 2017 ist eine Zertifizierung für die nächste Generation dieses Standards - IFC 4 Reference View - seitens der buildingSMART möglich und es ist mit weiteren neuen Implementierungen seitens der Softwarehersteller zu rechnen. Werden Coordination-View- beziehungsweise Reference-View-Modelle übergeben, dann besteht in der Statiksoftware die Notwendigkeit, das mechanische Tragwerksmodell zu erstellen. Für diese Arbeit sind in der Statiksoftware verschiedene Tools notwendig und im Folgenden werden einige davon näher vorgestellt.

BIM-relevante Funktionen in Statikprogrammen

IFC-Kompatibilität
IFC-Coordination-View-Modelle dienen als Vorlage für ein mechanisches Statikmodell. Die IFC-Objekte müssen in die nativen Objekte des jeweiligen Statikprogramms überführt werden (Balken-, Flächen- oder Volumenelemente), damit eine Berechnung möglich ist. Eine reine Referenzierung (Visualisierung) ist nicht ausreichend.

Material- und Querschnittsmapping
In der Statik benötigt man in Abhängigkeit von Bemessungsnormen Kennwerte für Materialien und Querschnitte (E-Modul, Sicherheitsbeiwerte, Trägheitsmomente…). In einer BIM-Software mit Schwerpunkt auf Architektur und Massenermittlung werden diese Parameter nicht benötigt und/oder es wird diesen zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Die Berechnungssoftware hat hierfür sehr ausgefeilte und den Erfordernissen der Nachweise angepasste eigene Datenbanken. Die Materialien und Querschnitte müssen mittels Mapping-Tabellen von den Import-Daten in die Daten der Statiksoftware übersetzt werden. Diese Übersetzung sollte auch flexibel genug sein, über Parametermapping freie Abmessungen für definierte Querschnittsgrundformen (beliebiger Rechteck-, I-, oder U-Querschnitt und so weiter) zu definieren.

Ausrichtung und Konnektivität
Weiter ist es erforderlich, für eine korrekte Konnektivität der Elemente zu sorgen und Gelenke sowie Auflagerbedingungen festzulegen. Die importierten Objekte müssen gegebenenfalls verschoben und ausgerichtet werden.

Dazu ist es notwendig, dass mit wenigen Handgriffen viele Knoten und somit die angeschlossenen Objekte in beliebige Bezugsebenen verschoben werden können. Es dürfen dabei keine doppelten oder quasi-identische Knoten entstehen, die bei der Vernetzung dann in der Regel Schwierigkeiten hervorrufen.

Plausibilitätskontrollen
Problembereiche müssen schnell gefunden und mit Hilfe des Programms beseitigt werden können. Dazu sind Plausibilitätskontrollen für doppelte oder nahe Knoten, überlappende Linien, kurze Linien oder eventuell freie unbenutzte Knoten wichtig.

Bereinigung und Verschmelzung von Knoten
Essentielle Funktionen wie das Verschmelzen von mehreren Knoten mit automatischer Anpassung davon betroffener abhängiger Objekte dürfen nicht fehlen. Besonders hilfreich ist dabei, wenn man grafisch arbeiten und auf Drag-&-Drop-Funktionalität zurückgreifen kann.

Physikalische Bauteile und deren Bedeutung
Durch notwendiges Verschneiden von kreuzenden Linien oder Stäben werden physikalische Bauteile wie Träger oder Stützen in mehrere FE-Elemente unterteilt. Dabei können wichtige Bezugslängen wie die tatsächliche Stützenlänge, die bei der Bemessung oder beim Update der ursprünglichen BIM-Datei eine Rolle spielt, verloren gehen. Es sollte in der Statiksoftware eine Strategie zur Verfügung stehen, die ursprüngliche Länge zu erhalten.

Identifikation von Änderungen
Werden mehrfach Daten importiert/exportiert, um auf Veränderungen zu reagieren, sollte die Software eine Möglichkeit haben, die einzelnen Änderungsstände anzuzeigen oder zumindest die im aktuellen Schritt vorgenommenen Änderungen zu filtern.

Versetztes Modellieren, Anpassungstools
Bei einfachen referenzierten Modellen (unter Umständen Teilmodellen) hat sich ein einfaches Abgreifen und Nachmodellieren von Modellen bewährt. Dabei ist es sehr hilfreich, wenn mittels Versatzmaß um die halbe Wandstärke die Mittellinien der Wände konstruiert werden können. Tools zum Verlängern oder Verkürzen von Linien relativ zu anderen Linien (Stutzen/Dehnen) dürfen nicht fehlen.

Unique Identifiers
Bei Roundtrip und somit notwendigen Update-Szenarien werden eindeutige IDs benötigt. Die Software muss in der Lage sein, diese IDs zu speichern. Dabei kann es erforderlich sein, dass IDs anderer Programme übernommen oder deren Datenbanken bezüglich der IDs aktualisiert werden müssen.

Copy & Paste
In BIM- und abgeleiteten Statikmodellen steckt im fortgeschrittenen Stadium sehr viel Arbeitszeit. Es muss sichergestellt werden, dass die jeweiligen Applikationen keine existierenden Daten anderer Fachmodelle überschreiben. Daher kann es hilfreich sein, wenn Änderungen wie neue Stäbe oder Flächen nur durch einfaches Copy & Paste übertragen werden. Damit kann der Anwender ganz gezielt selektieren, welche Änderungen in Betracht gezogen werden.

Statik-Ergebnisse im BIM-Modell
Die verbesserte datenbasierte Kommunikation ist ein wesentlicher Vorteil von BIM. Die Statiksoftware liefert als Ergebnis unter anderem Schnittgrößen, Querschnittsänderungen oder Bewehrungen. Diese Informationen müssen digital zur Verfügung gestellt werden, damit andere Spezialapplikationen darauf aufbauend weitere Aufgaben bewältigen können. Im einfachsten Fall können zum Beispiel DXF-basierte Ergebnisplots referenziert werden, mit denen der BIM-Konstrukteur Bewehrungspläne oder Verbindungen modelliert.


Bietet die BIM-Software offene Datenbanken, so wird diese Kommunikation auf ein wesentlich höheres Level angehoben und nachfolgende Applikationen können automatisiert über spezielle APIs auf diese Daten zugreifen.


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