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11. Januar 2021

Interoperabilität von Dlubal mit Rhino & Grasshopper

"Gutes Werkzeug, halbe Arbeit": Dieses Sprichwort trifft im übertragenen Sinn auch auf die Softwarebranche zu. Je besser ein Programm auf eine Aufgabenstellung zugeschnitten ist, desto effektiver lässt sich diese lösen. Die Vielzahl und Komplexität der heutigen Problemstellungen - speziell in der Tragwerksplanung - bedürfen spezifisch zugeschnittener Lösungen. Die Erstellung eigener Programme mittels textueller Programmierung erfordert ein fundiertes Wissen und große Abstraktionsfähigkeit. Dieser Hürde stellen sich verständlicherweise nur sehr wenige Ingenieurbüros. Aus diesem Grund gibt es zusätzliche Software-Lösungen, welche dem Anwender eine visuelle Entwicklungsumgebung zur Verfügung stellen.

In dieser stehen ausgewählte Elemente der Programmiersprache in Form von grafischen Bausteinen zur Verfügung. Der Anwender muss diese in logischer Reihenfolge platzieren, sodass sein selbsterstelltes Werkzeug die Aufgabe lösen kann. Die Software Rhinoceros in Verbindung mit der implementierten visuellen Programmierumgebung Grasshopper bietet genau diese Funktionalität. Einige Möglichkeiten sowie das Zusammenspiel mit RFEM sollen im Folgenden näher vorgestellt werden.

Rhino und Grasshopper

Grasshopper wird hauptsächlich zur Erstellung von generativen Algorithmen verwendet. Hiermit lassen sich insbesondere komplexe Geometrien deutlich einfacher erzeugen als auf herkömmliche Weise (manuelle Modellierung). Der aktuelle Stand des Algorithmus wird über das Grafikfenster von Rhino dargestellt. Etwaige Fehler sind somit direkt ersichtlich.

Über die Einbindung von Parametern lässt sich das Modell beliebig modifizieren, sodass mittels weniger Schritte mehrere Varianten für die spätere Analyse erzeugt werden können.

Rhino dient jedoch nicht nur als Viewer. Durch die Vielzahl von Import-Formaten können bestehende Geometrien eingelesen und in Grasshopper referenziert werden. Anpassungen in der Geometrie werden somit direkt berücksichtigt.

Interaktion zwischen Grasshopper und Dlubal

Grasshopper lässt sich mit einer Vielzahl von Plug-ins erweitern. Diese Zusatzmodule reichen von der Unterstützung bei der Modellierung über die Analyse der Struktur bis hin zum Export der Daten in die Software von Drittanbietern. Diese können sich somit interaktiv in die Grasshopper-Welt einbringen. Auch für die Ansteuerung der Dlubal-Programme bestehen Plug-ins. Diese können entweder hier heruntergeladen werden oder werden automatisch bei der Installation von RFEM und RSTAB freigeschaltet.

Letzteres bezieht sich auf das Dlubal-eigene Plug-in. Mittels diesem lassen sich Statik-spezifische Informationen an Linien und Flächen von Grasshopper anfügen und nach RFEM und RSTAB exportieren. Das Plug-in im aktuellen Entwicklungsstand ist für Anwender geeignet, welche erste Erfahrungen im Zusammenspiel mit Grasshopper machen möchten - vor allem da es trotz Verwendung der COM-Technologie ohne die entsprechende Lizenz genutzt werden kann.

Ein weiterer Grasshopper-Aufsatz wurde von Diego Apellániz in Zusammenarbeit mit Bollinger+Grohmann entwickelt. Die "Parametric FEM Toolbox" ermöglicht einen bidirektionalen Datenaustausch zwischen RFEM und Grasshopper. Hiermit lassen sich komplette Modelle inklusive der Belastung nach RFEM exportieren und berechnen. Die Ergebnisse können nachträglich in Grasshopper eingelesen werden.

Ebenfalls können RFEM-Modelle partiell oder komplett in Grasshopper importiert werden. In der folgenden Grafik wird eine Stabstruktur aus RFEM in Grasshopper importiert und im Nachgang in Rhino gerendert.

Der Import kann auch für die Parametrisierung von RFEM-Strukturen verwendet werden. Hierfür besitzen die Komponenten eine Modify-Funktion. Über eine nachgelagerte Export-Komponente kann ein bestehendes RFEM-Modell mittels der Änderung der Grasshopper-Parameter modifiziert werden. Verknüpft man diese Möglichkeiten zusätzlich mit einem genetischen Solver (Galapagos), können aufwändige Optimierungen automatisiert werden. Das folgende Bild zeigt einen Ausschnitt aus einem Algorithmus, welcher mit dem Ziel der Gewichtsoptimierung eigenständig die Höhe und die Querschnitte des Fachwerkträgers modifiziert - bei zeitgleicher Einhaltung der geforderten Nachweise.

Für weitere Informationen zu diesem Plug-in empfiehlt sich ein Blick auf die zugehörigen Beispieldateien oder in die auf YouTube veröffentliche Webinar-Aufzeichnung.

Fazit

Mit Grasshopper lassen sich über die Platzierung und Kombinierung von Bausteinen (Komponenten) eigene Algorithmen erstellen, die speziell auf die Aufgabenstellung zugeschnitten sind. Programmierkenntnisse, obgleich sicherlich von Vorteil, sind nicht notwendig. Die Stärken liegen in der Modellgenerierung, reichen jedoch bis in die Strukturoptimierung in Verbindung mit der Bemessung hinein. Eine Vielzahl zusätzlicher Plug-ins erleichtert und erweitert die Möglichkeiten. Dlubal Software hat sich daher die Erweiterung und Optimierung des eigenen Plug-ins zum Ziel gesetzt. Für die aktuellen Programmversionen steht den Anwendern vor allem mit der "Parametrischen FEM-Toolbox" ein leistungsstarkes Add-on zur Verfügung.


Autor

Herr Sühnel sorgt für die Qualitätssicherung des Programms RSTAB und ist zudem in der Produktentwicklung und im Kundensupport tätig.

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