2180x
001852
17. August 2023

Wie man die Anforderungen des Eurocodes durch den Einsatz von CFD in der Windlastberechnung einhält

Die Einhaltung von Bauvorschriften wie dem Eurocode ist unerlässlich, um die Sicherheit, Stabilität und Nachhaltigkeit von Gebäuden und anderen Strukturen zu gewährleisten. Die Numerische Strömungsmechanik (Computational Fluid Dynamics), kurz CFD, spielt dabei eine entscheidende Rolle, indem sie das Verhalten von Flüssigkeiten simuliert, Bemessungen optimiert sowie Architekten und Ingenieuren dabei hilft, die Anforderungen des Eurocodes in Bezug auf Windlastanalyse, natürliche Lüftung, Brandsicherheit und Energieeffizienz zu erfüllen. Durch die Integration von CFD in den Planungsprozess können Fachleute sichere, effiziente und vorschriftenkonforme Gebäude erstellen, die den höchsten Bau- und Design-Standards in Europa entsprechen.

Einführung

Wind Engineering ist ein multidisziplinäres Fach, das sich damit beschäftigt, das Verhalten von Wind und seinen Auswirkungen auf Strukturen, Gebäude und die Umwelt zu verstehen und zu analysieren. Dieser Wissenschaftsbereich spielt auch eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, sichere, effiziente und nachhaltige Infrastrukturen zu gestalten und gleichzeitig die Kraft der Windenergie für verschiedene Anwendungen nutzbar zu machen. Wind Engineering kombiniert Prinzipien aus Meteorologie, Fluiddynamik, Bauingenieurwesen und Architektur, um zu erforschen, wie Wind mit Strukturen interagiert. Vorrangiges Ziel ist es, die Sicherheit und Standsicherheit von Gebäuden und sonstigen Konstruktionen bei wechselnden Windverhältnissen zu gewährleisten. Ingenieure und Forscher nutzen mathematische Modelle und Windkanalversuche, um Szenarien unter Realbedingungen zu simulieren und damit Daten zur Entwicklung effektiver Lösungen bei der Gebäudegestaltung zu sammeln. In diesem Beitrag werden wir uns mit der Bedeutung von Wind Engineering und seiner Rolle in Regelwerken befassen, insbesondere damit, wie Normen hierbei einzuhalten sind, allen voran EN 1991-1-4 [1]. Im Folgenden sind einige Beispiele für Windsimulationsanwendungen aufgeführt, darunter eine moderne Stadt mit Wolkenkratzern (Bild 1), ein Windgeschwindigkeitsfeld an einem Turm (Bild 2) und eine Wind-Struktur-Interaktion bei einer Brücke mittels RWIND und RFEM (Bild 3).

Methode der Windlastberechnung

Die Bedeutung der Wind-Bauwerk-Interaktion hat in den letzten Jahren aufgrund einer zunehmenden Anzahl von Tragwerken mit unterschiedlichen Höhen und Formen zugenommen. Zur Erfassung dieser Interaktion werden experimentelle und numerische Ansätze herangezogen. Viele Strukturen werden im Rahmen experimenteller Untersuchungen in Windkanälen untersucht. Bei solch einem Ansatz können die durch Windlasten verursachten Folgen berechnet werden. Großmaßstäbliche Strukturen wie hohe Gebäude, Brücken und Stadien profitieren stark von Windkanalversuchen, diese sind aber sehr teure und zeitaufwendige Methoden.

Windlasten, die das Tragwerksverhalten beeinflussen, können ebenfalls mittels CFD-Simulation ermittelt werden, was eine kostengünstigere und schnellere Herangehensweise darstellt. Es ist zu beachten, dass sie auf ASCE7-22 und EN 1991-1-4 beruht, was impliziert, dass nur eine verifizierte und validierte numerische CFD-Simulation als effektive Methode verwendet werden kann.

Wichtige Prinzipien und Validierungsbeispiele

Hier sind einige wichtige Kriterien, die Windingenieure berücksichtigen müssen, wenn sie die CFD-Simulation als rechnergestütztes Verfahren zur Einschätzung von bewegten Fluidströmungen verwenden. Es gibt eine Vielzahl von Softwareprogrammen, die bei CFD-Problemen helfen können, dabei ist RWIND ein sehr benutzerfreundliches und leistungsstarkes Werkzeug für Statiker. RWIND Simulation eignet sich besonders für Ingenieure und Planer, die verstehen wollen, wie Wind auf Gebäude, Brücken, Türme und andere Bauwerke wirkt. Durch die Erstellung eines 3D-Modells der Windströmung kann die Software dabei helfen, Windlasten zu beurteilen sowie den Windkomfort zu analysieren und sicherzustellen, dass Bauwerke so bemessen werden, dass sie Windkräften standhalten. Die Auswirkungen der statischen Windlast auf Strukturen können mit einer der verschiedenen Normen eingeschätzt werden und sind auch für einen Vergleich mit der CFD-Simulation interessant. Die Schaltfläche Eurocode-Validierungsbeispiele bei denen RWIND zum Einsatz kommt, um die Einstellung einzuführen, die für die CFD-Simulation am besten passt.

Normen

Der Eurocode wird häufig für Windberechnungen in europäischen Ländern verwendet. Für diese Berechnungen wird die dynamische Windlast zu einer konservativen äquivalenten statischen Last unter Berücksichtigung von Sicherheitsfaktoren vereinfacht. Eine Alternative zur Berechnung von Windlasten ist ein physikalischer Windkanalversuch. Die EN 1991-1-4 bietet eine Anleitung zur Ermittlung der natürlichen Windkräfte, die beim Tragwerksentwurf eines Gebäudes oder sonstiger Bauwerke für jeden der belasteten Bereiche zu berücksichtigen sind. Dies gilt sowohl für die gesamte Struktur als auch für Bauteile des Tragwerks oder mit der Struktur verbundene Teile wie zum Beispiel Elemente, Verkleidungen und deren Befestigungen, Sicherheitsgitter und Lärmschutzwände [1].

In Kapitel C31 des ASCE 7-22 [2] werden mit Bezug auf das Windkanalverfahren wichtige Punkte zur CFD-Simulation genannt:

Der ASCE 49 legt die Anforderungen für entsprechende Windkanalversuche fest. Um Windlasten mittels numerischer oder tatsächlicher Windkanalversuche zu berechnen, ist eine solche Norm notwendig. Obwohl die Nutzung von CFD-Simulationen immer mehr bei Anwendungen des Wind Engineerings zunimmt, listet der ASCE 49 nicht alle Schritte, die für die Numerische Strömungsmechanik erforderlich sind, klar auf. Jeglicher Einsatz von CFD zur Einschätzung der Bemessung eines MWFRS (Main Wind Force Resisting System), der C&C (Components and Cladding) oder der Windlasten anderer Strukturen erfordert einen Peer-Review sowie eine Verifizierung und Validierung (V&V), während wir auf einen ähnlichen Standard warten, in dem die erforderlichen Verfahren festgelegt sind, um zuverlässige und genaue Windlasten mit CFD-Tools [2] zu erhalten. Dies ist zur Qualitätssicherung sowie -steuerung dieses Verfahrens erforderlich, da es keine Norm dafür gibt [3]. Viele der im ASCE 49 beschriebenen Vorschriften für physikalische Windkanalversuche sind gültig, wenn CFD als ein numerischer Windkanal genutzt wird. So erfordert das numerische Modell zum Beispiel auch eine ausreichende Windströmung, eine genaue Geometrie, die Erfassung wichtiger Nachbarstrukturen und die Berücksichtigung der Möglichkeit einer modalen Anregung sowie aeroelastischer Effekte. Die CFD-Simulation kann, wenn sie anhand eines physikalischen Basisfallmodells bestätigt wird, dabei helfen, Feinheiten aufzulösen, die das physische Modell nicht messen kann, und/oder eine Sensitivitätsanalyse bei parametrischen Änderungen ermöglichen. Einer der wesentlichen Vorteile von RWIND ist die Integration in andere Softwareprodukte von DLUBAL, wie z. B. RFEM (Finite-Elemente-Methode) und RSTAB (Stabwerksprogramm). Diese Integration ermöglicht eine nahtlose Übergabe der aus RWIND abgeleiteten Windlasten in die Statikanalyse (Bild 3 und 5).

Die numerischen Windkanalsimulationen sollten mangels einer solchen Validierung nur als qualitative Daten betrachtet werden. Wenn für folgende windinduzierte Beanspruchungen Nachweisangaben notwendig sind, werden Windkanalversuche häufig als letzte Möglichkeit genutzt.

  • Spannungen aus Instabilitäten wie Flattern oder Galloping
  • Druck aus Vorhangfassaden infolge ungleichmäßiger Geometrie
  • Spannungen quer zum Wind und/oder Torsionsspannungen
  • Periodische Lasten verursacht durch Wirbelablösung

Windlastberechnung im Eurocode mittels CFD-Simulation

Der Eurocode stellt Richtlinien (insbesondere Eurocode 1, Teil 4: Windeinwirkungen) zur Ermittlung von Windlasten auf Tragwerke zur Verfügung. CFD-Simulationen können herangezogen werden, um Windströmungsmuster um Gebäude zu bewerten und um Windlasten, die auf die verschiedenen Oberflächen der Struktur einwirken, genau zu berechnen. Im Folgenden wird erläutert, wie die CFD-Simulation für die Windlastberechnung nach Eurocode verwendet werden kann:

  1. Die Bauordnung: Jede Stadt, jede Region oder jedes Land kann andere Bauvorschriften haben. Manche halten sich an internationale Standards, während andere spezifischere lokale Vorgaben haben. Man muss die spezifischen Anforderungen an den Standort des jeweiligen Projekts verstehen.
  2. Definition der Geometrie: Im ersten Schritt wird ein detailliertes 3D-Modell des Gebäudes oder der Struktur in der CFD-Software erstellt. Dieses Modell muss die Form, Größe und Merkmale der Struktur einschließlich des umliegenden Geländes oder der benachbarten Bebauung, welche die Windströmung beeinflussen können, genau darstellen. Mit den Geländekategorien im Eurocode 1 werden die Eigenschaften des Geländes definiert, die wiederum die Windgeschwindigkeit und den -druck, der auf das Bauwerk einwirkt, beeinflussen. Mit diesen Kategorien wird die Geländerauigkeit sowie die Bodenrauhigkeitslänge bestimmt, die sich dann auf das Windgeschwindigkeitsprofil und die Windeinwirkungen auf die Struktur auswirkt. Diese Informationen sind von entscheidender Bedeutung für den Tragwerksentwurf, um sicherzustellen, dass das Gebäude bzw. die Konstruktion den Windlasten standhält, die für den jeweiligen Standort und das umgebende Gelände zu erwarten sind.
  3. Randbedingungen festlegen: Definieren Sie die Randbedingungen für die CFD-Simulation einschließlich Windgeschwindigkeit, -richtung und Turbulenzintensität. Diese Randbedingungen basieren in der Regel auf historischen Wetterdaten oder bestimmten Windkriterien zur Bemessung nach Eurocode.
  4. Netzgenerierung: Erzeugen Sie ein Netz um die Gebäudegeometrie herum, um die Fluiddomäne zu diskretisieren. Die Netzauflösung sollte dabei fein genug sein, um die relevanten Strömungsmerkmale und Grenzschichteffekte nahe der Bauwerksoberflächen erfassen zu können.
  5. Lösung der Gleichungen: Die CFD-Software löst die maßgebenden Fluidströmungsgleichungen (Navier-Stokes-Gleichungen) für die definierten Randbedingungen numerisch. Die Software berechnet die Geschwindigkeits- und Druckfelder um das Gebäude.
  6. Validierung: Vergleichen Sie Ihre CFD-Ergebnisse mit Windkanalversuchen oder empirischen Daten, um Ihre Erkenntnisse zu bestätigen.
  7. Nachbearbeitung: Nach Abschluss der CFD-Simulation erfolgt eine Nachbearbeitung, um die Ergebnisse zu analysieren. Dabei werden die Daten zu Winddruck, -kräften und -geschwindigkeiten, die auf die Bauwerksoberflächen einwirken, ermittelt.
  8. Windlastberechnung : Basierend auf der Druckverteilung aus der CFD-Simulation werden Windlasten auf verschiedenen Oberflächen des Bauwerks nach Eurocode-Richtlinien berechnet. Mithilfe der Druckbeiwerte werden die Windlasten auf Wände, Dächer und andere Bauteile ermittelt.
  9. Lastkombination: Die mittels CFD-Simulationen berechneten Windlasten werden dann mit anderen relevanten Lasten wie Eigenlasten, Nutzlasten und Schneelasten gemäß den Lastkombinationsregeln des Eurocodes kombiniert.
  10. Statische Berechnung: Die Windlasten werden zusammen mit anderen Lasten als Eingaben für die statische Berechnung des Bauwerks verwendet, um seine Stabilität und Integrität unter verschiedenen Lastszenarien zu beurteilen.
  11. Optimierung: Modifizieren Sie die Bemessung, um Hochdruckbereiche oder andere potenzielle Probleme, die bei der CFD-Analyse festgestellt wurden, einzudämmen.
  12. Peer-Review oder Überprüfung durch Dritte: Abhängig von der Komplexität des Bauwerks bzw. der Struktur und den lokalen Vorschriften kann es erforderlich sein, die Bemessung sowie die CFD-Ergebnisse von Dritten prüfen zu lassen. Dies ist ein weiterer Schritt, um zu verifizieren, ob der Tragwerksentwurf die Anforderungen der Bauordnung erfüllt.

Fazit

Beim Thema Bauvorschriften und Windlasten kann CFD eingesetzt werden, um zu simulieren, wie Wind auf ein Gebäude wirkt, was dazu führt, dass ein detaillierteres und genaueres Verständnis der Windlasten erreicht wird, als das mit einfachen Formeln der Fall wäre. Es ist zu beachten, dass CFD-Simulationen zur Windlastberechnung Fachwissen in der CFD-Modellierung sowie Kenntnisse zu den Eurocode-Richtlinien erfordern. Weiterhin ist die Genauigkeit der Simulation von der Qualität des Bauwerksmodells, der Wahl der Randbedingungen und der Netzauflösung abhängig. Es ist jedoch zu beachten, dass CFD zwar wertvolle Erkenntnisse liefern kann, aber zusammen mit den Anforderungen und Normen, die in den Bauordnungen festgelegt sind, verwendet werden sollte, und diese nicht ersetzt. Ebenso ist ein solides Verständnis der Strömungsmechanik und numerischer Methoden notwendig, um die Ergebnisse aus den CFD-Simulationen richtig zu interpretieren. Schließlich sind Validierungsbeispiele und Fachbeiträge nützliche Quellen, um die mit den entsprechenden Normen am besten kompatible numerische Einstellung zu finden.


Autor

Herr Kazemian ist verantwortlich für die Produktentwicklung und das Marketing für die Dlubal-Software, insbesondere für das Programm RWIND 2.

Referenzen
  1. Europäisches Komitee für Normung. (2005). EN 1991-1-4 durch. Eurocode 1: Einwirkungen auf Tragwerke - Teil 1-4: Allgemeine Einwirkungen - Windlasten.
  2. ASCE/SEI 7-22, Minimum Design Loads and Associated Criteria for Buildings and Other Structures. (2022) ausreichend sind. Amerikanische Gesellschaft der Bauingenieure.
  3. Jeo, D.: (2020) angewendet. Eine Zusammenfassung der Verfahren zur industriellen Verifikation, Validierung und Unsicherheitsanalyse in der numerischen Strömungsmechanik. Behördenübergreifender/interner Bericht von NIST (NISTIR). Nationales Institut für Normen und Technologie. Gaithersburg, MD, USA. [online], https://doi.org/10.6028/NIST.IR.8298.