In diesem Kapitel wird erläutert, wie sich die Zugkräfte in den einzelnen horizontalen Bügeln des Köchers aus den angreifenden Horizontalkräften ableiten. Dabei wird gezeigt, wie sich die Kräfte aus direkter Zugbeanspruchung sowie aus der Biegung der Köcherwand zusammensetzen und über Druckstrebenmechanismen auf die verschiedenen Bügelgruppen verteilt werden.
Horizontalkräfte auf die Köcherwände
Im ersten Schritt der Bemessung wird die Verteilung der Horizontalkräfte auf die einzelnen Köcherwände untersucht. Je nachdem, ob es sich um eine raue oder glatte Kontaktfläche zwischen Stütze und Köcher handelt, ergeben sich unterschiedliche Anteile an übertragbaren Horizontalkräften. Die resultierenden Horizontalkräfte bilden die Grundlage für die spätere Ermittlung der Zugkräfte in den Bügeln.
Die Bemessung erfolgt nur für die obere Horizontalkraft, auch wenn die untere meist größer ist, aus folgenden Gründen:
- Im unteren Bereich ist die Stirnwand aufgrund der vertikalen Bewehrung und dem Verbund mit der Fundamentplatte mindestens teileingespannt. Deshalb wirkt die Horizontalkraft dort nicht wie im oberen Bereich.
- Der Köcher wird unten oft dicker ausgeführt, was die Tragfähigkeit erhöht und die größere untere Kraft weniger kritisch macht.
- Die Betonbemessung erfolgt für eine festgelegte Teilbreite (ca. 1/3 der Wandhöhe), unabhängig von der Gesamthöhe, was zusätzliche Sicherheit bedeutet.
Für ein Köcherfundament mit rauen Köcherinnenseiten ergibt sich eine obere Horizontalkraft von:
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My |
Bemessungsbiegemoment |
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d |
Einbindetiefe der Stütze |
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Hx |
Bemessungshorizontalkraft ohne zusätzliche Fundamentlasten |
Für ein Köcherfundament mit glatten Köcherinnenseiten ergibt sich eine obere Horizontalkraft von:
Nachweis des Betons der biegebeanspruchten Köcherwand
Der Nachweis erfolgt exemplarisch für die Köcherwand in y-Richtung, die durch eine obere Horizontalkraft Ht,x in x-Richtung beansprucht wird. Die Biegung erfolgt somit um die y-Achse.
Die obere Horizontalkraft Ht,x kann so aufgeteilt werden, das jeweils die Hälfte in den Viertelspunkten der Längenausdehnung der Stütze in y-Richtung angreift.
Betrachtet man nun beispielsweise die obere, rechte Ecke für sich alleine, so muss diese sich im Kräftegleichgewicht befinden:
Das Moment um den Punkt P errechnet sich demnach zu:
Das Biegebemessungsmoment MEd muss durch ein entgegengesetztes Moment ausgeglichen werden.
Dieses entsteht durch die Betondruckkraft auf der gestauchten Innenseite der Köcherwand in y-Richtung mit dem Hebelarm z zum Drehpunkt P:
Um die dafür notwendige Betonstauchung zu bestimmen, geht man wie folgt vor:
- Es wird angenommen, dass die Betonspannung gleichmäßig über die Druckzone verteilt ist.
- Beginnend bei einer Betondehnung von 0,0 ‰ wird diese schrittweise erhöht, bis das daraus resultierende innere Moment dem Biegebemessungsmoment MEd entspricht.
- Gleichzeitig wird angenommen, dass der Stahl auf der Außenseite der Köcherwand bereits seine maximale Dehnung erreicht hat.
Sobald das berechnete innere Moment größer als das Biegebemessungsmoment MEd ist, wird die Iteration beendet. Die Köcherwand ist dann auf Biegung nachgewiesen und die erforderliche Bewehrungsfläche der horizontalen Bügel im Köcher aus Biegung von Ht,x Asw,h,erf (MEd|Ht,x) ist ermittelt.
Äußere horizontale Bewehrung
Der allseitig außenliegende Bügel wird durch zwei unterschiedliche Beanspruchungen belastet:
- Aus Biegung der Wand, die senkrecht zur betrachteten Horizontalkraft
- Aus Zug der Wand, die parallel zur betrachteten Horizontalkraft verläuft
Im Bild ist die anfallende Bewehrung infolge von Ht,x sowie die zugehörige Ht,y dargestellt.
| Bewehrung | Bezeichnung |
|---|---|
| Asw,h,out,erf(MEdHt,x) | Erforderliche Bewehrungsfläche der horizontalen äußeren Bügel im Köcher aus Biegung von Ht,x |
| Asw,h,erf(Ht,x) | Erforderliche Bewehrungsfläche der horizontalen Bügel im Köcher aus Zugkraft in x-Richtung |
| Asw,h,out,erf(MEdHt,y) | Erforderliche Bewehrungsfläche der horizontalen äußeren Bügel im Köcher aus Biegung von Ht,y |
| Asw,h,erf(Ht,y) | Erforderliche Bewehrungsfläche der horizontalen Bügel im Köcher aus Zugkraft in y-Richtung |
Die maximale Zugbeanspruchung der Bügel ergibt sich aus der Summe der Zugkräfte infolge Biegung und axialer Zugkraft. Die erforderliche Bewehrung ergibt sich daraus wie folgt:
Horizontale Bewehrung in y-Richtung
In diesem Bügel führen nur Horizontalkräfte in x-Richtung zu Zugkräften. Die Horizontalkraft Ht,y verursacht hier keine Zugkraft aus zwei Gründen:
- Keine Zugkraft aus Biegung in y-Richtung: Der Bügelschenkel in x-Richtung liegt innerhalb der Druckzone der durch die Horizontalkraft Ht,y gebogenen Wand. Der Bügel wirkt hier mehr als Druckbewehrung, welche allerdings vernachlässigt wird.
- Kein Zuganteil durch parallele Bügelschenkel: Die Bügelschenkel, die parallel zur Horizontalkraft Ht,y verlaufen, übertragen ihre Kräfte über diagonale Druckstreben zur Köcheraußenseite. Dort wird die vertikale Kraft in die vertikalen Bügelschenkel eingeleitet. Da das vertikale Bügelschenkelende des y-außenliegenden Bügels oberhalb dieser Einleitstelle liegt, entsteht in diesem Bügel kein vertikaler Kraftanteil aus der Druckstrebe.
Horizontale Bewehrung in x-Richtung
Analog zu Bewehrung in y-Richtung, nur Horizontalkräfte, die senkrecht zu Richtung des Bügelschenkels wirken, führen zu einer Zugkraft im Bügel.
Herleitung der Zugkräfte in den Bügeln aus den Horizontalkräften
Es muss noch erklärt werden, wie die jeweiligen Zugkräfte in den Bügeln, die dann zur maßgebenden Zugkraft überlagert worden sind, überhaupt aus den jeweiligen Horizontalkräften zustande gekommen ist. Exemplarisch soll dies für die Horizontalkraft Ht,x geschehen.
Aufteilung der Horizontalkraft auf die Bügel
Die Horizontalkraft Ht,x wird gleichmäßig auf die vier parallel zur Kraft wirkenden Bügelschenkel aufgeteilt. Jeder dieser Schenkel trägt somit ein Viertel der Gesamtkraft:
Die dafür erforderliche Bewehrung ergibt sich zu:
Biegewirkung auf die Köcherwand
Zusätzlich verursacht Ht,x eine Biegung der Köcherwand in y-Richtung. Im Zuge der Bemessung des Betons wurde die resultierende Betondruckkraft ermittelt. Aus Gleichgewichtsgründen muss diese Betondruckkraft durch eine entsprechende Zugkraft in den außenliegenden Bügel aufgenommen werden.
Zugkraftanteil in den außenliegenden Bügeln:
Diese Biegezugkraft teilt sich nicht gleichmäßig auf beide horizontalen Bügel auf, sondern folgt der Druckstrebenmechanik.
Die Streben breiten sich unter einem Winkel θ1 aus.
Um nun den Zugkraftanteil zu bekommen, der aus Biegung der Köcherwand entsteht empfiehlt sich nach folgenden Schritten vorzugehen:
Lastausbreitungswinkel innerhalb der Köcherwand:
mit:
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dx(wall) |
Statische Nutzhöhe in Wand in x-Richtung |
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kx(wall) |
Verhältnis für Hebelarm der inneren Kräfte |
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xx(wall) |
Verwendete Druckzonenhöhe für Hebelarm der inneren Kräfte durch Bemessung |
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db,y |
Köcherabmessung in y-Richtung |
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cy |
Stützenabmessung in y-Richtung |
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c(k) |
Vorhandene Betondeckung des Köcherfundaments |
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ds,h |
Durchmesser der horizontalen Bügel im Köcher |
Proportionale Druckkraft in äußeren Bügeln durch Biegung der Köcherwand:
Proportionale Zugkraft in äußeren Bügeln durch Biegung der Köcherwand:
Die erforderliche Bewehrungsfläche der horizontalen äußeren Bügel im Köcher aus Biegung von Ht,x ergibt sich zu:
Die erforderliche Bewehrungsfläche der horizontalen Bügel in y-Richtung im Köcher aus Biegung von Ht,x entspricht dann dem verbleibenden Anteil der gesamten erforderlichen Bewehrungsfläche nachdem die Bewehrung der außenliegenden Bügel Asw,h,out,erf (MEd|Ht,x) abgezogen wurde: