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1. Januar 0001

2.4.7.2 Sicherheitsnachweis

Sicherheitsnachweis

Verfahren nach EN 1992-1-1, Abschnitt 5.7

Nach EN 1992-1-1, Abschnitt 5.7 ist die Sicherheit nichtlinearer Berechnungen über einen globalen Sicherheitsbeiwert γR nachzuweisen. Ermöglicht wird dieser „Kunstgriff“ durch die (nicht unumstrittene) Modifizierung der mittleren Bauteilsteifigkeiten (fcR, fyR etc.). Die rechnerische Stahlspannung wurde dabei erhöht und die rechnerische Betonspannung vermindert, was wiederum eine Rückführung auf den globalen Sicherheitsbeiwert γR = 1.3 (bzw. 1.1 für außergewöhnliche Einwirkungskombinationen) erlaubt.

Um eine ausreichende Tragfähigkeit zu gewährleisten, ist nachzuweisen, dass folgende Bedingung erfüllt ist:

Ed  Rd = RγR fcR , fyR , ftR ... 

mit

    • Ed : Bemessungswert der maßgebenden Einwirkungskombination
    • Rd : Bemessungswert des Tragwiderstandes
    • γR : Reinheitlicher Teilsicherheitsbeiwert auf der Traglastseite

In RF-BETON Stäbe wird mit einer γR-fachen Einwirkung gerechnet. Diese kann adäquat einer inkrementellen Traglastberechnung in Lastschritten aufgebracht werden.

Der Nachweis gilt als erfüllt, wenn die γR-fachen Einwirkung größer als die Traglast ist. Dies entspricht einer Umformung der obenstehenden Gleichung.

γR · Ed  Rd = R fcR , fyR , ftR ... 

Damit wird auch der Aspekt berücksichtigt, den Abbau von Zwangsschnittgrößen zu erfassen.

Vor- und Nachteile des Verfahrens

Der maßgebliche Vorteil dieser Vorgehensweise liegt auf der Hand: Es handelt sich um die Verwendung nur eines einzigen Werkstoffgesetzes für die gesamte Berechnung. Dies führt zu einer einfacheren Handhabung sowie zu Zeitersparnissen bei der Berechnung, da Schnittkraftermittlung und Nachweis in einem Zuge erledigt werden.

Der Nachteil wird nur dann explizit sichtbar, wenn von der Kompatibilität der Ausdrücke

RγR fcR , fyR , ftR , ... = R fcRγR, fyRγR, ftRγR, ...            

ausgegangen wird. Bei nichtlinearen Berechnungen ist diese selbstverständlich nicht uneingeschränkt gegeben. Ein Beispiel, bei dem eine derartige Herangehensweise stark auf der unsicheren Seite liegen kann, ist die Berücksichtigung von Zwangsschnittgrößen. Hier führt die Verwendung durch γR geteilter Materialkennwerte zu stark verminderten Steifigkeiten, welche wiederum zu einer starken Reduktion der Zwangsschnittgrößen führt. Zur Verdeutlichung der Problematik des verminderten Stahl E-Moduls ist diese Darstellung allerdings sehr gut geeignet.

Die direkte Abminderung der Festigkeiten wird von Quast [10] näher erläutert und in Bezug auf schlanke Druckglieder kritisch beurteilt.

Zur Verdeutlichung der Zusammenhänge soll vereinfacht ein horizontaler Ast der Betonstahlkennlinie (fyd = ftd) angenommen werden. Damit ergibt sich der abgeminderte Tragwiderstand Rd zu:

Rd = RγR = 1γR   a ·σR εy,z dA        mit a = 1z-y

Rd = 1γR    a -fcR  σcR ε, fcR 0; -fyR  σsR ε  fyR dARd =    a -fcRγR  σcR ε, fcRγR 0; -fyRγR  σsR εγR  fyRγR dA 

Setzt man nun für σsR = Es ⋅ ε, so ergibt sich:

Rd =    a -fcRγR  σcR ε, fcRγR 0; -fyRγR  Es γR ε fyRγR dA 

Für die praktische Ermittlung von Schnittgrößen nach Theorie I. Ordnung ohne Zwangsschnittgrößen ist eine Berechnung mit den abgeminderten Steifigkeiten durchaus legitim. Hier wird der Schnittkraftverlauf ohnehin vorwiegend vom Verhältnis der Steifigkeiten unterschiedlicher Bereiche zueinander geprägt.

Problematisch jedoch erweist sich dieses Konzept für den Nachweis schlanker Druckglieder nach Theorie II. Ordnung. Aufgrund der verminderten Systemsteifigkeit kommt es zu einer Überschätzung der Verformungen und somit auch der Schnittgrößen bei Berechnungen nach Theorie II. Ordnung.

Schlanke Druckglieder versagen im Allgemeinen bei Erreichen der Fließdehnung in der Bewehrung. Somit wird deutlich, dass aufgrund des abgeminderten Elastizitätsmoduls und der resultierenden größeren Krümmungen bei Fließbeginn die Verformungen überschätzt werden. Dies führt zu einer geringeren zulässigen Stützenlast oder die Bewehrung ist entsprechend zu erhöhen. Quast [10] sieht hierfür keine Veranlassung.

Verfahren nach EN 1992-1-1, Abschnitt 5.8.6

Der Nachweis der ausreichenden Tragsicherheit kann gemäß EN 1992-1-1, Abschnitt 5.8.6 (3) auf der Grundlage von Bemessungswerten (fcd, fyd, ...) der Baustoffkenngrößen direkt geführt werden. Zur Ermittlung der Schnittgrößen und Verformungen sind gemäß Absatz (3) ebenfalls die auf Grundlage von Bemessungswerten definierten Spannungs-Dehnungs-Linien zu verwenden. Der dabei anzusetzende E-Modul Ecd ist mit dem Sicherheitsbeiwert γCE zu berechnen (Ecd = Ecm / γCE).

Hinweis zum deutschen NAD DIN EN 1992-1-1, Abschnitt 5.8.6

Nach dem Nationalen Anhang Deutschland EN 1992-1-1, Abschnitt 5.8.6 (NDP 5.8.6 (3)) dürfen die Schnittgrößen und Verformungen mit mittleren Baustoffkennwerten (fcm, fctm, ...) bestimmt werden. Der Nachweis der Grenztragfähigkeit in den maßgebenden Schnitten ist jedoch mit den Bemessungswerten (fcd, fyd, ...) der Baustoffkenngrößen zu führen.

Problematisch bei diesem Ansatz ist, dass bei statisch unbestimmten Systemen teilweise keine Konvergenz der Ergebnisse erreicht werden kann: Die mit den Mittelwerten der Baustoffeigenschaften errechneten Schnittgrößen können bei der Bemessung mit den anzusetzenden Designwerten nicht aufgenommen werden. Eine Vergrößerung der Bewehrung führt zu einer Vergrößerung der Steifigkeit der betreffenden Bereiche, wodurch im nächsten Iterationsschritt wiederum eine Erhöhung der Bewehrung erforderlich wird. Anzumerken bleibt weiterhin, dass eine Ausnutzung der plastischen Reserven im Grenzzustand der Tragfähigkeit kaum möglich ist, da das rechnerische Bemessungsmoment MEd (Designwerte für Baustofffestigkeiten) den Wert der Fließmoments My (mittleren Baustoffeigenschaften) nicht erreichen wird.

In RF-BETON Stäbe erfolgt der Sicherheitsnachweis gemäß Norm durch eine Gegenüberstellung von vorhandener Bewehrung und für die Bemessungswerte der Baustoffkenngrößen ermittelter erforderlicher Bewehrung. Dies ist bei einer händischen Korrektur der Bewehrung (Stichwort „Steifigkeitserhöhung“) immer mit zu beachten.

Literatur
[10] Quast, Ulrich. Zur Kritik an der Stützenbemessung. Beton- und Stahlbetonbau 95 (05/2000)
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