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1. Januar 0001

2.1.1 Biegung und Normalkraft

Biegung und Normalkraft

In EN 1992-1-1, Abschnitt 6.1 oder DIN 1045-1, Abschnitt 10.2 werden die Bemessungsgrundlagen für den Nachweis in den Grenzzuständen der Tragfähigkeit dargestellt. Diese Regelungen gelten für Biegung mit oder ohne Normalkraft und für Normalkraft allein.

Der rechnerische Versagenszustand tritt ein, wenn die Grenzdehnungen erreicht werden. Je nachdem, wo diese Grenzdehnungen auftreten, kann das Versagen durch den Beton oder den Betonstahl ausgelöst werden.

Das folgende Bild verdeutlicht die zulässigen Dehnungsverteilungen bei Biegung mit und ohne Längskraft nach EN 1992-1-1, Abschnitt 6.1.

Bild 2.1 Rechnerisch mögliche Dehnungsverteilungen im Grenzzustand der Tragfähigkeit

Die im Bild gezeigten Bereiche der Dehnungsverteilungen bedeuten nach [3]:

Bereich 1

Dieser Bereich stellt sich bei einer mittigen Zugkraft oder bei einer Zugkraft mit geringer Ausmitte ein. Über dem gesamten Querschnitt treten nur Dehnungen auf. Der statisch wirksame Querschnitt besteht nur aus den beiden Bewehrungslagen As1 und As2. Die Bewehrung versagt, weil die Grenzdehnung εud erreicht wird.

Bereich 2

Bereich 2 tritt bei reiner Biegung und bei Biegung mit Längskraft (Druck- und Zugkraft) auf. Die Nulllinie liegt innerhalb des Querschnitts. Die Biegezugbewehrung wird voll ausgenutzt, d. h. der Stahl versagt durch das Erreichen der Grenzdehnung. Der Betonquerschnitt wird in der Regel nicht voll ausgenutzt: Die Stauchungen erreichen nicht die Grenzdehnung εc2u.

Bereich 3

Dieser Bereich stellt sich nur bei reiner Biegung und bei Biegung mit Längskraft (Druck) ein. Die Tragkraft des Stahls ist größer als die Tragkraft des Betons. Der Beton versagt, weil seine Grenzdehnung εc2u erreicht wird.

Das Versagen des Betons kündigt sich wie in den Bereichen 1 und 2 durch Risse an, da der Stahl die Fließgrenze überschreitet (Bruch mit Vorankündigung).

Bereich 4

Bereich 4 tritt bei Biegung mit einer Längsdruckkraft auf. Er stellt den Übergang eines vorwiegend auf Biegung beanspruchten Querschnitts zu einem auf Druck beanspruchten Querschnitt dar. Der Beton versagt, bevor im Stahl die Fließgrenze erreicht wird, da die möglichen Dehnungen sehr klein sind. Dieser Bereich hat einen stark bewehrten Querschnitt zur Folge. Er wird daher durch Einlegen einer Druckbewehrung vermieden.

Kleine Stahldehnungen in der Zugzone führen zum Bruch ohne Vorankündigung (die Biegezugbewehrung gerät nicht ins Fließen).

Bereich 5

Dieser Bereich liegt bei einer Druckkraft mit geringer Ausmitte (z. B. Stütze) oder bei einer zentrischen Druckkraft vor. Über dem gesamten Querschnitt treten nur Stauchungen auf.

Die Stauchung am weniger gedrückten Rand liegt zwischen 0 > εc1 > εc2. Alle Stauchungsverteilungen schneiden sich im Punkt C.

Literatur
[3] Avak, Ralf. Stahlbetonbau in Beispielen, DIN 1045 – Teil 1 : Grundlagen der Stahlbeton-Bemessung - Bemessung von Stabtragwerken. Werner Verlag, 5. Auflage, 2007
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