1564x
001436
10. Mai 2017

Einfluss der Anschlusssteifigkeiten auf die Bemessung von Stäben und Verbindungen

Bauen im Bestand ist immer wieder ein Aufgabengebiet des Ingenieurs. Oft müssen in bestehende Bauwerke zusätzliche Lasten eingetragen werden. Häufig werden hier Stahlträger mit Stirnplatten und Dübelverbindungen verwendet.

In diesem Beitrag soll gezeigt werden, welchen Einfluss das gewählte Modell im Bereich der Lager auf die Schnittgrößen und Verformungen hat.

Beschreibung der Modelle A - E

Modell A stellt den Standardfall bei der Verwendung eines reinen Stabmodells dar. Der Träger ist hier an beiden Seiten voll eingespannt, alle sechs Freiheitsgrade sind gesperrt. Das Modell besitzt keine Nichtlinearitäten. Die Lagerung beim Stabmodell erfolgt als Knotenlager vom Typ "Eingespannt".

Bei Modell B besitzt der Stab beidseitig eine starre Stirnplatte, welche linear gelagert ist. Starr bedeutet, dass die Verformungen der Platte unberücksichtigt bleiben. Die Lagerung ist als reines Flächenlager abgebildet.

Bei Modell C besitzt der Stab beidseitig eine starre Stirnplatte, welche nichtlinear gelagert ist. Es werden nur Druckspannungen vom Flächenlager aufgenommen. Querkräfte und Zugkräfte werden über ebenfalls nichtlinear definierte Knotenlager aufgenommen.

Bei Modell D besitzt der Stab beidseitig eine endlich dicke Stirnplatte (t = 100 mm), welche nichtlinear gelagert ist. Es werden nur Druckspannungen vom Flächenlager aufgenommen. Querkräfte und Zugkräfte werden über ebenfalls nichtlinear definierte Knotenlager aufgenommen.

Bei Modell E besitzt der Stab beidseitig eine endlich dicke Stirnplatte (t = 40 mm), welche nichtlinear gelagert ist. Es werden nur Druckspannungen vom Flächenlager aufgenommen. Querkräfte und Zugkräfte werden über ebenfalls nichtlinear definierte Knotenlager aufgenommen.

Hinweis zur Modellierung der "Dübel": Hier wurde bei den Modellen C bis E eine nichtlineare Wegfeder für die Übertragung der Zugkräfte abgebildet.

Auswertung und Vergleich der Ergebnisse

Das einfache Stabmodell (Modell A) mit starrer Einspannung zeigt erwartungsgemäß die größten Einspannmomente und somit das kleinste Feldmoment. Dies ist in Bezug auf die Auslegung der Stirnplatte und der Verbindungsmittel das konservativste Ergebnis. Allerdings wird das Feldmoment unterschätzt.

Modell B zeigt quasi identische Ergebnisse zu Modell A. Die starre Fläche mit der linearen Lagerung lässt hier auch keine anderen Ergebnisse erwarten. Eine solche Modellierung ist in der Praxis nicht sinnvoll.

Bei Modell C zeigt die Nichtlinearität einen deutlichen Anstieg des Feldmomentes um 27 % gegenüber dem einfachen Stabmodell. Das Einspannmoment sinkt dementsprechend ab.

Je realistischer die Lagerbedingungen werden, umso mehr steigt das Feldmoment an. So sind es bei Modell D schon 34 % gegenüber dem einfachen Stabmodell.

Am deutlichsten wird der Einfluss der Lagerbedingungen bei Anwendung einer realen Stahlplattendicke. So sieht man bei Modell E ein um 56 % vergrößertes Feldmoment.

Verformungen sind ebenfalls wichtige Grenzbedingungen. Anhand der Bilder kann man gut erkennen, welchen Einfluss die jeweilige Modellierung auf die Trägerverformung hat. Bei den Modellen A und B bleibt die Einspannstelle vollkommen unverformt. Hier sind die Feldverformungen gering. Hingegen ergeben sich bei Modell E mit der realen Stahlplattendicke von 40 mm durch die hohe Last deutliche Plattenverformungen. Hier wird der Einfluss der realen Plattensteifigkeit auf die Trägerverformungen besonders deutlich.

Es ist anzumerken, dass in diesem vereinfachten Beispiel Materialnichtlinearität (Plastizität) unberücksichtigt bleibt. Natürlich werden sich ab Erreichen der Fließgrenze in den Stirnplatten nochmals andere/größere Verformungen einstellen.

Fazit

Je nach Aufgabenstellung kann es sinnvoll sein, die Lagerbedingungen realitätsnah mit FEM zu modellieren. RFEM bietet mit seinen Werkzeugen und der intuitiven Eingabe die Möglichkeit, dies schnell und effektiv zu tun. Hierdurch kann das Tragverhalten der Bauteile unter Einfluss der Lagerung besser bewertet werden.

Weiterhin ist durch diese detaillierte Anschlussstatik auch die genaue Beurteilung der Lastabtragung in andere Bauteile möglich. Der Ingenieur kann somit wirtschaftliche und realisierbare Lösungen anbieten, die aber trotzdem einem hohen Sicherheitsstandard genügen.

Eine FEM-Modellierung der Lagerbedingungen kann auch dann sinnvoll sein, wenn man bestehende Bauteile oder Verbindungen zum Beispiel wegen einer Umnutzung neu berechnen muss. Je mehr man sich in Grenzbereichen bewegt, desto sinnvoller ist der Aufwand einer realitätsnahen Modellierung.


Links