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25. Februar 2022

Querschnittsklassifizierung in RFEM 6 nach EN 1993-1-1

Die Bemessung der Querschnitte nach Eurocode 3 basiert auf der von der Norm festgelegten Einteilung der nachzuweisenden Querschnitte in Klassen. Die Klassifizierung der Querschnitte ist wichtig, da sie die Grenzen der Beanspruchbarkeit und Rotationskapazität durch lokales Beulen von Querschnittsteilen festlegt.

EN 1993-1-1 [1] definiert die folgenden vier Querschnittsklassen (siehe auch Bild 1):

  • Klasse 1: Querschnitte, die plastische Gelenke oder Fließzonen mit ausreichender plastischer Momententragfähigkeit und Rotationskapazität für plastische Tragwerksberechnung ausbilden können
  • Klasse 2: Querschnitte, die plastische Momententragfähigkeit entwickeln können, aber wegen lokalen Beulens nur eine begrenzte Rotationskapazität haben
  • Klasse 3: Querschnitte, die in der äußersten druckbeanspruchten Faser des Aluminiumbauteils die Dehngrenze erreichen, aber wegen lokalen Beulens nicht die plastische Momententragfähigkeit entwickeln können
  • Querschnitte der Klasse 4 sind solche, bei denen lokales Beulen vor Erreichen der Dehngrenze in einem oder mehreren Teilen des Querschnitts auftritt

Die Klassifizierung erfolgt getrennt für alle Querschnittsteile, indem die angegebenen Breiten-Dicken-Verhältnisse mit den Grenzwerten der Norm für jede Klasse verglichen werden. Damit ist für jedes Querschnittsteil die Klasse festgelegt und der ungünstigste Wert ist maßgebend für den Gesamtquerschnitt. Die Grenzwerte sind abhängig von:

  • Lagerungsbedingung der Querschnittsteile (ein- oder beidseitig)
  • Streckgrenze des verwendeten Stahls in Form des Faktors
  • Spannungsverlauf in Querschnittsteilen
  • Größe der Druckfestigkeit

Der Eurocode 3 stellt Tabellen zur Verfügung, aus denen die maximalen Breiten-Dicken-Verhältnisse für die Querschnittsteile berechnet und mit den Grenzwerten verglichen werden können. Beispielsweise sind die maximalen Breiten-Dicken-Verhältnisse zur Einordnung eines Innendruckteils in Klasse 3 in Bild 2 dargestellt.

Der Grenzwert für ausschließlich auf Druck oder Biegung beanspruchte Innenteile wird durch den Faktor ε bestimmt, der auf die Streckgrenze des Stahls bezogen ist. Bei biege- und druckbeanspruchten Teilen wird der Spannungsverlauf hingegen mit dem Parameter α (plastisch, Klasse 1 und 2) bzw. ψ (elastisch, Klasse 3) erfasst.

Dabei stellt alpha die prozentuale Länge der Druckspannung im Querschnittsteil dar, psi dagegen das Verhältnis der Randspannungen (Bild 3). Somit beinhaltet der Grenzwert des Breiten-Dicken-Verhältnisses für biege- und druckbeanspruchte Teile neben dem Faktor ε für die Klassen 1 und 2 den Parameter α und für die Klasse 3 den Parameter ψ.

Querschnittsklassifizierung in RFEM 6

Das in RFEM 6 angebotene Add-On Stahlbemessung für die Bemessung von Stahlkonstruktionen führt an jeder Bemessungsstelle vor dem Nachweis eine detaillierte Querschnittsklassifizierung durch. Für jede Nachweisart ist die Querschnittsklassifizierung in den Nachweisdetails hinterlegt.

Dies wird am Beispiel des in Bild 4 gezeigten Trägers (IPE 300, Stahl S355) demonstriert, für den das Add-On Stahlbemessung berechnet wurde und die Ergebnisse je Nachweistyp bereits vorliegen. Wenn man sich z. B. die Nachweisdetails anzeigen lässt, wird man feststellen, dass auch die Querschnittsklassifizierungen detailliert angeboten werden (Bild 5).

Wie bereits erläutert, erfolgt die Klassifizierung getrennt für alle Querschnittsteile (in RFEM 6 Einzelfelder genannt, in diesem Fall fünf). Demzufolge können jedem Einzelfeld andere Querschnittsklassen zugewiesen werden, wobei das mit dem ungünstigsten Wert für den Gesamtquerschnitt maßgebend ist. Auf diese Weise wird für den Querschnittsnachweis nach 6.2.4 der betreffende Querschnitt als Klasse 4 eingestuft; das ist die Querschnittsklasse von Einzelfeld Nummer 3.

Da Einzelfeld Nr. 3 beidseitig gehalten und auf Druck beansprucht wird, erfolgt die Einordnung nach Tabelle 5.2 aus dem Eurocode 3 [1]. Die Streckgrenze des Stahls beträgt 355 N/mm2, der Faktor ε beträgt daher 0,814 (Bild 5). Aus diesem Faktor werden die Grenzwerte der Dickenverhältnisse für die Klassen 1, 2 und 3 (λ1 , λ2 bzw. λ3 ) gemäß obiger Tabelle berechnet. Anschließend wird aus der Länge (c) und der Dicke (t) des Profilteils das Verhältnis c/t berechnet und mit den Grenzwerten der Querschnittsklassen verglichen. Für dieses Feld ist ein größeres c/t-Verhältnis vorgesehen als für Querschnittsklasse 3 berechnet und daher wird ihm die Klasse 4 zugeordnet.

Da die übrigen Einzelfelder in die Klasse 1 eingeordnet sind, ist das Einzelfeld (zum Beispiel Einzelfeld Nr. 3) mit dem ungünstigsten Wert für den Gesamtquerschnitt maßgebend. Aus diesem Grund wird der betreffende Querschnitt für den Querschnittnachweis nach 6.2.4 in Klasse 4 eingestuft.

Zum besseren Verständnis der Querschnittsklassifizierung können die einzelnen Teilfelder des Querschnitts im Register Einzelfelder im Dialog Informationen über den Querschnitt angezeigt werden (Bild 6).

Schlussbemerkungen

Die Querschnittsklassifizierung in RFEM 6 für die Bemessung von Stahlstäben erfolgt nach den Vorgaben des Eurocode 3 [1]. Die Klassifizierung erfolgt getrennt für alle Querschnittsteile, indem die angegebenen Breiten-Dicken-Verhältnisse mit den Grenzwerten der Norm für jede Klasse verglichen werden.

Die Grenzwerte hängen von der Lagerungsbedingung der Querschnittsteile, der Streckgrenze des Stahls, dem Spannungsverlauf in den Querschnittsteilen und der Größe der Druckfestigkeit ab. Nach der Berechnung wird das Breiten-Dicken-Verhältnis mit diesen verglichen und die Klasse jedes Querschnittsteils definiert. Zum Schluss wird dem Gesamtquerschnitt die ungünstigste Klasse zugeordnet, die sich für die Einzelfelder ergibt.


Autor

Frau Kirova ist bei Dlubal zuständig für die Erstellung von technischen Fachbeiträgen und unterstützt unsere Anwender im Kundensupport.

Links
Referenzen
  1. Eurocode 3: Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten − Teil 1-1: Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau. Beuth Verlag GmbH, Berlin, 2010