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1. Januar 0001
11 Programmfunktionen

6.14 Imperfektionen

Allgemeine Beschreibung

In RFEM lassen sich Imperfektionen auf zwei Arten erfassen:

    • Für Stäbe werden Ersatzlasten angesetzt.
    • Es wird ein vorverformtes Ersatzmodell benutzt.

Dieses Kapitel beschreibt die Imperfektionen in Form von Ersatzlasten. Nähere Informationen zur Generierung von Ersatzmodellen mit dem Modul RF-IMP finden Sie auch im Kapitel 7.3.1.3.

Die Voraussetzung für eine Imperfektion ist, dass bereits ein Stab definiert ist.

Imperfektionen bilden fertigungstechnische Abweichungen in der Modellgeometrie und in den Materialeigenschaften ab. In EN 1993-1-1 Abschnitt 5.3 ist der Ansatz von Imperfektionen als Vorkrümmungen (Durchbiegungen) und Vorverdrehungen (Schiefstellungen) geregelt. Dabei werden die Imperfektionen durch gleichwertige Ersatzlasten berücksichtigt.

Bild 6.52 Ersatzbelastungen nach EN 1993-1-1

Hinweis

RFEM erfasst auch die Ersatzbelastungen, wenn nach Theorie I. Ordnung gerechnet wird. Dabei ist allerdings zu beachten, dass ein reiner Imperfektionslastfall keine Schnittgrößen liefert. Das Modell muss zusätzlich einer „echten“ Belastung unterworfen sein, die im imperfekten Stab eine Normalkraft erzeugt.

Es empfiehlt sich, Belastungen und Imperfektionen in getrennten Lastfällen zu verwalten. Diese können in Lastkombinationen in geeigneter Weise miteinander kombiniert werden. Lastfälle mit reinen Imperfektionslasten sind bei den Lastfall-Basisangaben (siehe Bild 5.3) als Einwirkungstyp Imperfektion zu klassifizieren. Die Plausibilitätskontrolle würde sonst eine Meldung wegen fehlender Lasten ausgeben.

Generell sind Ersatzimperfektionen affin zum niedrigsten Knickeigenwert in ungünstigster Richtung anzusetzen.

Bild 6.53 Dialog Neue Imperfektion
Bild 6.54 Tabelle 3.14 Imperfektionen

Die Nummer der Imperfektion wird im Dialog Neue Imperfektion automatisch vergeben, kann dort jedoch geändert werden. Die Reihenfolge der Nummerierung spielt keine Rolle.

Beziehen auf

Es ist festzulegen, auf welche Objekte die Imperfektion wirken soll. Folgende Möglichkeiten stehen zur Auswahl:

Stäbe

Die Imperfektion wirkt auf einen Stab oder jeweils einzeln auf mehrere Stäbe.

Stabliste

Die Imperfektion wirkt auf die Gesamtheit der Stäbe, die in einer Liste festzulegen sind. Die Vorverformungen und Schiefstellungen werden so nicht auf jeden Stab einzeln angesetzt, sondern als Gesamtimperfektion auf alle Stäbe der Stabliste. Die Lastbilder einer Imperfektion auf Einzelstäbe und auf eine Stabliste sind im Bild 6.55 gegenübergestellt.

Über eine Stabliste lassen sich Imperfektionen stabübergreifend aufbringen, ohne einen Stabzug definieren zu müssen.

Bild 6.55 Imperfektion mit Bezug auf Stäbe (links) und Stabliste (rechts)
Stabsätze

Die Imperfektion wirkt auf einen Stabsatz oder jeweils auf mehrere Stabsätze. Wie bei einer Stabliste werden die Parameter auf die Gesamtheit der im Stabsatz enthaltenen Stäbe angesetzt.

Stabsätze untergliedern sich in Stabzüge und Stabgruppen (siehe Kapitel 4.21). Stabsatzimperfektionen können nur auf Stabzüge aufgebracht werden, die auf einer Linie liegen. Für geknickte Stabzüge und Stabgruppen sind sie nicht geeignet.

Vorkrümmungen werden über die Gesamtlänge des Stabsatzes angesetzt. Die Ersatzlasten für Schiefstellungen hingegen beziehen sich auf die enthaltenen Einzelstäbe.

An Stäben Nr.

Im Eingabefeld sind die Nummern der Stäbe bzw. Stabsätze anzugeben, an denen die Imperfektion wirkt. Die Auswahl kann mit auch grafisch erfolgen.

Wenn die grafische Eingabe über die Schaltfläche gewählt wurde, sind zunächst alle Daten zur Imperfektion einzugeben. Nach [OK] können die relevanten Stäbe oder Stabsätze nacheinander im Arbeitsfenster angeklickt werden.

Bei Imperfektionen mit Bezug auf eine Stabliste lassen sich die Stabnummern über die Dialog-Schaltfläche [Reihenfolge umkehren] passend anordnen, um z. B. die Schiefstellung für die Grafikanzeige umzukehren. Für die Berechnung spielt die Reihenfolge wegen der identischen Ersatzlasten keine Rolle.

Richtung

Die Imperfektion kann nur in Richtung der lokalen Stabachsen y oder z aufgebracht werden. Bei unsymmetrischen Querschnitten stehen zusätzlich die Hauptachsen u und v zur Auswahl (siehe Kapitel 4.13). Global wirkende Schiefstellungen oder Vorkrümmungen sind nicht möglich. Der Bezug auf die lokalen Stabachsen bedeutet: Die Imperfektion wird an die Richtung der Verformung angepasst, die sich im Zuge einer nichtlinearen Berechnung einstellt. Damit wirken Imperfektionen in RFEM nicht konservativ, d. h. die ursprüngliche Richtung der Last ändert sich mit der Stabverformung.

Die Orientierung der Stabachsen ist im Kapitel 4.17 beschrieben. Bei symmetrischen Profilen stellt die Achse y die so genannte ‚starke‘ Achse des Stabquerschnitts, die Achse z entsprechend die ‚schwache‘ Achse dar.

Falls der Modelltyp bei den Basisangaben auf ein ebenes System reduziert wurde, ist nur die Richtung z zugänglich.

Bezug

Die Größen von Schiefstellung und Vorkrümmung können auf zwei Arten definiert werden: Relativ ermöglicht die Eingabe der auf die Stablänge bezogenen Kehrwerte von φ0 und e0, Absolut die direkte Angabe der geometrischen Maße.

Schiefstellung 1/φ0

φ0 gibt das Maß der Schiefstellung an, wie es beispielsweise in EN 1993-1-1 Abschnitt 5.3.2 beschrieben ist. In das Eingabefeld ist der Kehrwert von φ0 bzw. der Absolutwert einzutragen. Die Parameter lassen sich über die [Info]-Schaltfläche im Dialog veranschaulichen.

Der Dialog bietet zudem die Schaltfläche [Schiefstellung berechnen] an, die die Ermittlung der Schiefstellungen nach verschiedenen Normen in einem separaten Dialog ermöglicht.

Bild 6.56 Dialog Wert der Stabschiefstellung ermitteln

Der Abschnitt Nach Norm steuert, welche Eingabefelder im Abschnitt Parameter der Stabschiefstellung erscheinen. Aus den dort getroffenen Angaben werden die Abminderungsfaktoren und Schiefstellungen normkonform ermittelt. [OK] übergibt die Werte in den Ausgangsdialog.

Vorkrümmung L/e0

Die Vorkrümmung w0 bzw. e0,d legt das Maß der Durchbiegung fest, die nach der Norm anzusetzen ist (z. B. DIN 18800 Teil 2 El. (204) oder EN 1993-1-1 Abschnitt 5.3.2). Die Vorkrümmung ist abhängig von der Knickspannungslinie des Profils und wird auf die Stablänge l bezogen bzw. als Absolutwert eingegeben.

Aktivierungskriterium

Es stehen folgende Ansätze zur Auswahl, wie Vorkrümmungen im Zusammenwirken mit Stabschiefstellungen behandelt werden:

  • Immer

Die Vorkrümmung wird in allen Fällen berücksichtigt.

  • EN 1993-1-1 (5.8)

Der Einfluss der Vorkrümmung e0,d wird bei Stäben ab einer Schlankheit ƛ angesetzt, die sich gemäß EN 1993-1-1:2005 Abschnitt 5.3.2 (6), Gl. (5.8) ermittelt.

  • DIN 18800

w0 wird nur angesetzt, wenn die Stabkennzahl ε einen bestimmten Wert übersteigt. Diese Regelung bezieht sich auf DIN 18800 Teil 2 El. (207).

  • Manuell

Das Aktivierungskriterium kann benutzerdefiniert festgelegt werden.

Die Kriterien lassen sich über die [Info]-Schaltfläche im Dialog einblenden.

w0 berücksichtigen ab ε0

Eine Vorkrümmung wird zusätzlich zur Schiefstellung berücksichtigt, wenn die Stabkennzahl ε größer als der hier definierte Wert ist. DIN 18800-2 El. (207) gibt für die meisten Fälle ε > 1.6 vor.

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